Leiser liefern

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Köln, 8. Mai 2014 – Elektrisch angetriebene Lieferwagen sind ihren konventionellen Pendants überlegen: Keine Abgase und Feinstaubbelastung, kein Lärm und ein deutlich geringer Verschleiß sind seine Vorzüge, besonders im städtischen Lieferverkehr. Bereits in zweiter Generation ist der neue Citroën Berlingo Electric nun zum Preis ab 20.700 Euro plus Batterie erhältlich. Mitbewerber sind etwa der Peugeot Partner Electric aus dem selben Konzern und der Renault Kangoo Z.E.. Wir haben den leisen Lieferwagen einmal gefahren.

Seit der ersten Version des E-Berlingo Ende der 1990-Jahre hat sich der Stromer enorm weiterentwickelt, die Normreichweite mit 170 Kilometern seitdem fast verdoppelt. Das dürfte für die meisten Handwerker völlig ausreichen. Am Feierabend kommt der Elektro-Lastesel für 8,5 Stunden an die Haushalts-Steckdose und am folgenden Morgen ist die 22,5-kWh-Batterie wieder voll geladen. Alternativ kann der Berlingo Electric in der Mittagspause innerhalb von 30 Minuten auf 80 Prozent der Kapazität gebracht werden. Voraussetzung ist allerdings eine Chademo-Ladesäule.

Haben sich die Franzosen verrechnet?

In Bezug auf die Transportleistung ist der elektrische Berlingo seinem Diesel-Pendant sogar überlegen. Die E-Variante verträgt mit 695 Kilogramm Nutzlast 100 Kilo mehr als der Diesel. In Standard-Version mit 4,38 Metern Länge bietet er ein Ladevolumen von 3300 Liter bis 3700 Liter – die Batterie sitzt im Fahrzeugboden und kostet keinen Stauraum. Einziges Manko: Die Schiebetür ist etwas schmal.

Und wie fährt sich der Berlingo? Kinderleicht. Einsteigen und losfahren – sobald der Fahrer den für die Drehschalter rechts neben dem griffigen Lenkrad als Schalthebel-Ersatz identifiziert hat. Zündschlüssel umdrehen, Schalter auf "D" und los geht es. Im Stand herrscht völlige Stille, im Fahrbetrieb ist ein leises Surren zu vernehmen. Die Abroll-Geräusche der Reifen sind deutlich lauter. Das Interieur wirkt solide, die Instrumentierung ist weitgehend selbsterklärend. Diesen guten Eindruck aber stören die Sitze, die kaum Seitenhalt bieten und zudem unbequem sind.

Der Stromer ist flott. Sein E-Motor leistet 49 kW/67 PS und hat 200 Nm maximales Drehmoment. Das reicht laut Datenblatt, um in 18,7 Sekunden von null auf 100 km/h zu beschleunigen.

Da müssen sich die Franzosen entweder verrechnet oder sehr viel Ladung an Bord gehabt haben. Denn handgestoppt war der Berlingo Electric in 13 Sekunden auf Tempo 100 km/h und in gut fünf Sekunden auf 50 km/h. Da muss der Werkzeugkoffer des Handwerkers schon gut verstaut sein, damit er beim Ampelstart nicht durch den Laderaum fliegt.

Fliegender Werkzeugkasten

Die Federung des Berlingo ist im Vergleich zum Pkw naturgemäß etwas straffer, in Kurven liegt er dank des niedrigen Schwerpunktes wie ein Brett auf der Straße. Gewöhnungsbedürfig ist das doch recht starke Abbremsen bei abrupter Gaswegnahme durch die Rekuperation. Doch der Fahrer gewöhnt sich schnell daran, den rechten Fuß behutsam zu lupfen. Insgesamt fällt der Umstieg vom konventionell angetrieben Auto auf das E-Mobil sehr leicht.

Den Vorteilen steht ein happiger Anschaffungspreis gegenüber. Zum Basispreis von 20.700 Euro kommen zusätzlich 5300 Euro für die Batterie hinzu. Wahlweise können die Kunden den Energiespeicher für 89,34 Euro im Monat leasen. Der günstigste Berlingo mit Dieselmotor kostet immerhin rund 6500 Euro weniger.

Gewerbliche Kunden sollten die Betriebskosten gegenrechnen: Bei den derzeitigen Energiepreisen gegenüber dem Diesel auf 100.000 Kilometern etwa 5500 Euro weniger Tankkosten an. Denn 100 Kilometer fährt der Diesel für neun Euro, der E-Berlingo aber für etwa 3,50 Euro. Außerdem fährt das E-Modell für zehn Jahre steuerfrei und spart bei den Unterhaltskosten, da etwa weder Ölwechsel noch teure Motor-Inspektionen anfallen und die Bremsen dank Energierückgewinnung weniger verschleißen. Langfristig kann sich das E-Mobil also trotz Akkudegeneration rechnen. Wem der Umweltaspekt wichtig ist, der sollte daran denken, einen Öko-Stromtarif zu wählen. Denn nur mit regenerativ erzeugtem Strom fahren Elektrofahrzeuge tatsächlich emissionsfrei.

Der städtische Lieferverkehr der Zukunft fährt eh elektrisch. Zu groß sind die Vorteile, die Elektro-Transporter bieten. Schon beim heutigen Stand der Batterie-Technik besteht für fast keinen Nutzer mehr ein Reichweiten-Problem und die Entwicklung schreitet voran. Das Risiko von teuren Motor- und Getriebeschäden fällt ebenso weg wie regelmäßige Ölwechsel, teure Kupplungsreparaturen und kostspielige Zahnriemenwechsel. E-Lieferfahrzeuge genießen bereits heute Privilegien, wie die Einfahrt in Fußgängerzonen. Zudem ist absehbar, dass künftig immer weitere Innenstadtgebiete von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren freigehalten werden.