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Weiterbildung

Fahrbericht: Hyundai Ioniq Elektro

Fahrberichte Wolfgang Gomoll; press-inform
Hyundai Ioniq Elektro

Hyundai überarbeitet den Ioniq Elektro, dessen Nachfrage zeitweise höher als das für Europa eingeplante Kontingent ist. Das Update bringt viel Feinschliff im Detail, etwas mehr Leistung und vor allem mehr Reichweite. Ein erster Fahrbericht

Nein, über mangelnde Nachfrage konnte sich Hyundai beim Ioniq Elektro in den vergangenen Jahren wirklich nicht beklagen. Ziemlich wahrscheinlich hätte der Konzern noch sehr viel mehr verkaufen können, wenn das Kontingent für Europa nicht so knapp kalkuliert worden wäre. Ein Update zur Steigerung der Verkaufszahlen wäre also nicht nötig gewesen. Hyundai hat trotzdem nachgebessert, und der Mehrwert ist erfahrbar, wie eine kleine Proberunde mit dem überarbeiteten Ioniq Elektro belegt.

Einer der Sparsamsten

Bei unserer ersten Ausfahrt, die uns über Autobahnen mit 130 km/h, über Landstraßen (häufig um 80 km/h) und Städte führte, gönnte sich der Hyundai Ioniq Elektro im Durchschnitt 12,6 kWh/100 km, das sind immerhin 1,2 kWh weniger als angegeben. Dabei liefen bei 31 Grad Außentemperatur sehr angenehmen Verbraucher wie Klimaanlage und Sitzbelüftung nonstop. Der Ioniq Elektro ist noch immer eines der sparsamsten E-Autos auf dem Markt.

Der größte Fortschritt dieses Updates steckt in der Batterie. Statt 28 hat sie nun 38,2 kWh Kapazität. Hyundai nennt im WLTP eine maximale Reichweite von 311 km, was nicht unrealistisch erscheint. Deutlich mehr als 250 km dürften es, abseits der Autobahn, auch bei unsensibler Fahrweise sein. Genauere Verbrauchsdaten liefern wir in einem Test nach, die Proberunde war dafür zu kurz. Weil die Frage immer mal wieder kommt: Nein, Batteriekapazität, Verbrauch und Reichweite sind im WLTP bei Elektroautos nicht einfach über einen Dreisatz miteinander zu vereinen. Warum das so ist, hat Christoph in diesem Fachbeitrag einmal ausführlich dargelegt [1].

Verbessert hat Hyundai auch die Lademöglichkeiten. An Wechselstrom sind nun maximal 7,2 [2] statt 6,6 kW möglich. An Gleichstrom kann mit bis zu 100 kW geladen werden, allerdings deutet die angegebene Ladezeit gegenüber 50 kW darauf hin, dass Hyundai die Stromzufuhr schon früh reduziert. Mit 50 kW soll in 57 Minuten von Null auf 80 Prozent geladen sein, mit 100 kW sollen es nur drei Minuten weniger sein. Wer eine Wallbox [3] mit 4,6 kW Ladeleistung nutzt, kann in 8 Stunden von Null auf 100 Prozent laden.

Mehr Leistung

Die Anhebung der Motorleistung im Rahmen der Überarbeitung erscheint nebensächlich. Zuvor lagen bis zu 88 kW an, nun sind es 100. Das maximale Drehmoment von 295 Nm blieb gleich. Bei den Fahrleistungen tat sich nichts, trotz unverändertem Gewicht: 9,9 Sekunden und 165 km/h in der Spitze nennt Hyundai nach wie vor.

Der Fahreindruck ist damit, wie so oft bei E-Autos, nur sehr unzureichend beschrieben: Gerade in der Stadt und über Land macht der Ioniq richtig Freude. Er legt ohne Verzögerung bei Bedarf heftig los, und das ganz unmerklich. Innerorts erscheint der Verkehr seltsam zäh, ein Blick auf den Tacho erklärt sehr fix, warum. Auch mit diesem E-Auto ist man instinktiv schneller als mit einem Verbrenner samt dessen ordinärer Geräuschkulisse. Dass dem Ioniq Elektro oberhalb von 120 km/h etwas die Puste ausgeht, sei ihm angesichts des Engagements unterhalb dieser Marke verziehen.

Während der Fahrt erwies sich der adaptive Tempomat als sinnvolle Ergänzung. Der ist auch im Stand aktiv, hilft beim Stop-and-go-Verkehr und ist mit dem Spurhalteassistenten gekoppelt. Letzterer hinterließ ebenfalls einen guten Eindruck – der Ioniq Elektro hielt die Spur souverän, wechselte nicht ständig zwischen den Begrenzungen und erkannte sogar verblichene Fahrbahnmarkierungen. Allerdings hält die Lenkung mit asiatischem Nachdruck dagegen, wenn man die Spur wechseln will, ohne zu blinken. Die starken Rückstellkräfte sind zumindest anfangs irritierend. Der Notbremsassistent steigt jetzt auch für Fahrradfahrer in die Eisen.

Verbesserte Unterhaltung

Nachgebessert hat Hyundai auch im Bereich Infotainment. Über die Bluelink-App kann man den Ladefortschritt prüfen und das Auto per Fernsteuerung eine Klimatisierung des Innenraums anstoßen. Die App kann auch den Weg zum abgestellten Fahrzeug weisen, das interne Navi zeigt bei Bedarf nicht nur Verkehrsdaten in Echtzeit, sondern auch freie Plätze in umliegenden Parkhäusern.

Hyundai bietet derzeit vier Ausstattungslinien. Das Basismodell kostet 34.900 Euro, der Schritt zur nächsten Stufe noch einmal 2350 Euro mehr. Dann sind auch das Navigationssystem und der Abstandstempomat inklusive. Wir würden dennoch dazu raten, in die nochmals 2600 Euro teurere Version „Style“ zu investieren. Neben vielen Kleinigkeiten, die den täglichen Umgang angenehmer machen, bietet sie ohne Zuzahlung LED-Scheinwerfer, ein Typ-2-Ladekabel und eine Wärmepumpe mit, die sich im Winter rasch bezahlt macht.

Inklusive

Bedacht werden sollte zudem, was Hyundai nebenbei schon in den Kaufpreis einkalkuliert hat. Bis zu zehn Jahre nach Ende der Produktion des Ioniq gibt es Kartenupdates für das Navi. Acht Jahre Garantie gewährt Hyundai auf die Batterie, fünf für das restliche Auto – abgesehen von der Unterhaltungselektronik, für die es nur drei Jahre gibt. Die ersten fünf Jahre gibt es zudem einen kostenlosen Sicherheits-Check. Den wird der Händler dazu nutzen müssen, den Kunden an sich zu binden. Denn der lässt ja potenziell perspektivisch erheblich weniger Geld bei ihm als Fahrer eines Autos mit Verbrennungsmotor.


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-4502779

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.heise.de/autos/artikel/BEV-Reichweitenermittlung-nach-WLTP-3891502.html
[2] https://www.heise.de/autos/artikel/Warum-wieder-nur-7-4-kW-4430579.html
[3] https://www.heise.de/autos/artikel/Wallboxen-im-Systemvergleich-des-ADAC-4238301.html