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Richtung Strom

Fahrbericht: Peugeot 208

Fahrberichte Joaquim Oliveira / Stefan Grundhoff; press-inform
Peugeot 208

Eine erste Proberunde mit dem neuen Peugeot 208 zeigt zweierlei: Der Kleinwagen ist ein gutes, allerdings auch nicht ganz billiges Auto geworden. Im Antriebsbereich lässt der E-Motor die Verbrenner deutlich hinter sich

Es war ein Kleinwagen, der Peugeot rettete: Als der 205 Anfang 1983 auf den Markt kam, eroberte er rasend schnell die Zuneigung der Käufer. Der Erfolg kam gerade noch rechtzeitig, denn Peugeot ging es zu dieser Zeit gar nicht gut. Heute steht der Konzern, zu dem inzwischen auch Opel gehört, ungleich besser da, in Europa gab es im ersten Halbjahr sogar ein kleines Plus bei den Verkaufszahlen. Global konnte PSA allerdings weniger Autos absetzen. Doch PSA darf darauf hoffen, dass die Kleinwagen Opel Corsa und Peugeot 208, die beide auf der modernen „Common Modular Platform“ aufbauen, ein Erfolg werden. Für eine erste Ausfahrt stand uns der Peugeot 208 zur Verfügung.

Zwangskopplungen

Optisch tritt der Neue markanter und weniger rundlich auf als sein Vorgänger. Die Testwagen waren alle mit LED-Scheinwerfern ausgestattet, mit den Halogen-Scheinwerfern wirkt der Kleinwagen etwas weniger aggressiv. Leider ist das gute Licht erst ab der teuren „Allure“-Ausstattung zu haben. Es ist nicht die einzige, lästige Zwangskopplung. Wer eine Mittelarmlehne, das feste Glasdach oder auch das Kombiinstrument als Display muss dafür ebenso mindestens zum Allure greifen wie für einen Abstandstempomaten, die Höhenverstellung des Beifahrersitzes oder die induktive Lademöglichkeit für Handys. Auch wenn das bei vielen Konkurrenten der Fall ist: Kundenfreundlich ist diese Herangehensweise nicht.

Nochmals besser als im Vorgänger ist die Verarbeitung, wenngleich das Vorserienmodell, mit dem wir unterwegs waren, noch nicht ganz zum VW Polo aufgeschlossen hatte. Der oberflächliche Schein dagegen braucht keinen Vergleich zu scheuen: Alles wirkt für diese Klasse nobel ausgekleidet. Auch das Platzangebot des inzwischen 4,05 Meter langen Kleinwagens ist gut. Hinten können zwei Passagiere bis knapp 1,80 Metern sitzen, wobei sich die leichte Erhöhung der Rückbank angenehm bemerkbar macht. Die breite C-Säule schränkt leider die Rundumsicht empfindlich ein. Unterdurchschnittlich ist auch der Kofferraum, für den Peugeot 265 Liter nennt – das sind 85 Liter weniger als im Polo.

Das Fahrwerk ist eher komfortabel abgestimmt, auf eine unnötige Härte haben die Franzosen verzichtet. Die Lenkung könnte um die Mittellage etwas präziser sein, doch die PSA-Ingenieure machen keinen Hehl daraus, dass der Peugeot weder als 208 noch als e-208 sportlichen Ambitionen hat.

Vier Verbrenner

Zum Start gibt es einen Diesel mit 100 PS und drei Ausführungen des 1,2-Liter-Benziners. Ohne Aufladung leistet der 75 PS und bietet 118 Nm. Der schritt zum nächststärkeren Motor ist ein großer: Der Dreizylinder stellt dann 100 PS und 205 Nm bereit. Eine Anfahrschwäche unterhalb von 2000/min ist spürbar, doch der Fahreindruck ist positiv: Die Leistung reicht vollkommen aus, der 208 schwimmt damit locker mit, ohne bemüht zu wirken. Die Version mit 130 PS ist noch einmal fühlbar spritziger, wobei der Unterschied geringer ist als zwischen Basis und 100-PS-Motor.

Der kleine Benziner bietet nicht die Laufruhe eines Vierzylinders und bringt mehr Vibrationen in den Innenraum, ohne dabei jedoch nervig zu tönen. Nicht zu unterschätzen: Peugeot hat alle Benziner im 208 schon nach der Euro 6d homologiert. Frühe Käufer werden hier also nicht benachteiligt. Der Diesel erfüllt die Euro 6d-Temp, muss also im kommenden Jahr noch einmal ein Update bekommen, um ab Januar 2021 noch erstmals zugelassen werden zu können.

Der Angenehmste

Der elektrische Antriebsstrang zeigt, wohin die Reise geht. Im direkten Vergleich kann er alles besser: Ansprechverhalten und vor allem das fehlende Geräusch des Verbrennungsmotors heben den e-208 auf ein ganz anderes Level. Mit 50-kWh-Batterie ergibt sich im WLTP eine Reichweite von 340 km. Im Alltag dürften so je nach Einsatzszenario mindestens 280 km möglich sein – näheres dazu muss ein Test zeigen. Von allen Antrieben, die wir im Rahmen dieser Veranstaltung ausprobieren konnten, ist der elektrische ganz klar der angenehmste. Aufgeladen werden kann der e-208 an Wechselstrom mit maximal 11 kW, an einer Ladesäule mit Gleichstrom sollen in der Spitze bis zu 100 kW möglich sein.

Preise

Der Preisunterschied zwischen dem Basis-Benziner und der E-Version wiegt schwer: Der günstigste 208 kostet 15.490 Euro, der billigste e-208 30.450 Euro. Doch wer Benziner und E-Auto vergleichbar motorisiert und ausstattet, landet bei 23.500 Euro für den 208 mit 130-PS-Benziner und Automatik. Das Elektroauto kostet in dieser Ausstattungslinie 32.200 Euro, wovon aktuell noch 4000 Euro abgezogen werden können. Zudem gibt es feine Unterschiede bei der Ausstattung – das E-Auto hat beispielsweise serienmäßig LED-Scheinwerfer. Es bleibt bei einem gewissen Plus beim Kaufpreis für die E-Version, die allerdings günstiger zu betreiben und vermutlich langfristig auch wertstabiler sein wird. Zumindest diejenigen, die einen 208 mit starkem Benziner in Betracht ziehen, sollten den e-208 einmal ausprobieren.


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