Fahrbericht: Peugeot Expert

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Paris, 6. Juni 2016 – Die Kasten-Versionen der Vans Peugeot Traveller und Citroën Spacetourer bieten auf technischer Basis der Mittelklasse-Limousine Peugeot 408 und des Familien-Vans Citroën C4 Picasso eine Menge Komfort. Ob der mit dem geforderten Nutzwert in einem gesunden Verhältnis steht, klärt unsere Probefahrt.

Auf den ersten Kilometern wird klar: Die beiden kompakten Kästen haben selbst auf schlechten Straßen nichts vom kernig-ruppigen Gedröhn, das man Handwerker-Kombis gemeinhin unterstellt. Ihr sanftes Gleiten kommt dem eines gut gefederten Pkw schon recht nah und je schwerer die Ladung hinter der Wand zum Fahrerhaus ausfällt, desto besser austariert ist das Fahrwerk.

In drei statt bisher zwei Fahrzeuglängen gibt es Expert und Jumpy künftig: Die 4,60 Meter lange Kompaktversion ist zehn Zentimeter kürzer als beispielsweise ein Opel Astra Sports Tourer und damit besonders beweglich in Innenstädten. Mit 1,90 Metern Höhe passen die Lieferwagen noch durch alle üblichen Tor- und Parkhauseinfahrten, in der 5,30 Meter-Version liefert das Duo viel Laderaum: Drei Euro-Paletten passen dann in den bis zu 6,6 Kubikmeter schluckenden Kasten, die Nutzlast liegt für alle Versionen bei bis zu 1,4 Tonnen und Gegenstände bis zu vier Meter Länge lassen sich dank einer Klappkonstruktion des Beifahrersitzes und der Trennwand durchschieben. Die Schiebetür lässt sich auf Wunsch elektrisch per Fußgeste unter der hinteren Stoßstange öffnen. Schade, dass der Gestensensor nicht unter der betreffenden Tür erhältlich ist. Man wollte wohl verhindern, dass allzu hohe Bordsteine diese Funktion bisweilen verhindern.

Wo der Peugeot etwas hemdsärmeliger daherkommt, wirkt der Citroën eleganter. Im Führerhaus muss man dagegen nach den Unterschieden suchen. Die Kombiinstrumente vor dem Fahrer sind im Peugeot rund, im Citroën fanden die Designer ungleichschenklige Fünfecke mit abgerundeten Ecken schöner. Ansonsten sind selbst die Abmessungen der Ablagen praktisch identisch. Was fehlt, sind Halterungen für große Getränkeflaschen und rutschsichere Kleinablagen. Vielleicht soll man den Schlüssel ja gleich in der Tasche behalten – gestartet wird nämlich per Knopfdruck.

Sinnvolles Hartplastik

Der Innenraum ist durchaus funktional gestaltet, die üppige Verwendung von Hartplastik ein Plus: Es ist pflegeleicht, schmutzresistent, und verzeiht Kratzer. Größere Fahrer werden in beiden Modellen nur bedingt glücklich: Der Sitz lässt sich für sie nicht weit genug nach hinten schieben und der Neigung der Rückenlehne setzt die Zwischenwand zum Ladeabteil enge Grenzen. Dazu kommt eine sehr kurze Sitzfläche. Immerhin lässt sich das Lenkrad sowohl in der Tiefe wie in der Neigung gut einstellen und die Pedale liegen weit genug auseinander, dass man auch mit klobigen Arbeitsschuhen hakelfrei klarkommt.

Als Antriebe werden ausschließlich Dieselmotoren angeboten, vom etwas schwächlichen 1,6-Liter-Motor mit 5-Gang-Handschaltung und 75 kW/95 PS bis zum 2,0-Liter-Aggregat mit 6-Gang-Automatik und 128 kW/180 PS sowie 400 Nm maximalem Drehmoment. Der Verbrauch liegt je nach Motorisierung und Fahrzeuglänge laut Peugeot zwischen 5,1 und 5,5 Liter je 100 Kilometer. Eine gute Wahl ist die 2,0-Liter-Version in der handgeschalteten 150-PS-Version. Sie ist antrittsstark, erlaubt auch auf der Landstraße stressfreies Überholen und ist auf der Autobahn für 170 km/h Spitze gut. Den Spurt von 0 auf Tempo 100 gibt Peugeot mit 11 bis 14,3 Sekunden an – je nach Fahrzeuglänge. Wegen der Abgasnachbehandlung mit selektiver katlaytischer Reaktion muss AdBlue zugetankt werden. Eine Füllung reicht für rund 10.000 Kilometer und kann an jeder Lkw-Tankstelle aus der Zapfsäule nachgefüllt werden.

Die Lenkung reagiert präzise und gibt eine gute Rückmeldung an den Fahrer, der Wendekreis beträgt bei der Kompaktversion stadttaugliche 11,6 Meter. Das Lenkrad ist griffig und der am Armaturenbrett montierte Schalthebel betätigt das Getriebet knackig und mit kurzen Wegen. Bei langen Beinen ist die Schalthebelkonsole allerdings schnell dem rechten Knie im Weg. Auch bei der Geräuschentwicklung haben die Franzosen gute Arbeit geleistet: Die Motoren werden auch bei höherem Tempo nicht nervig dominant, die Windgeräusch steigern sich hörbar erst ab Tempo 120. Auch das Resonanzverhalten der großen Blechflächen haben die Ingenieure gut im Griff – davon hört man nichts.

Zahlreiche Assistenzsysteme

Gegen Aufpreis ist zum Beispiel ein Headup-Display, Verkehrsschilderkennung, ein Navi, das auch die Preise der Tankstellen anzeigt, Fernlichtassistent, Parkassistent und ein Abstandsregeltempomat erhältlich. Sollten die Assistenten einmal nicht ausreichen, ist der Aufprall ein nach dem Stand der Technik möglichst glimpflicher: Beide Modelle erreichten fünf Sterne beim NCAP-Crashtest.

Ein Peugeot Expert kostet ab 27.358 Euro (netto: 22.990) in Kompaktversion mit Basisausstattung. Der vergleichbare VW Transporter mit 75 kW-Diesel kostet brutto bereits über 30.000 Euro. Wer seinen Mitarbeitern mehr Komfort und Annehmlichkeiten bieten will, kann für die lange Premium-Version aber auch 37.104 Euro (netto: 31.180) ausgeben. Mit solchen Preisen unterbieten die französischen Kastenwagen den hiesigen Marktführer VW Transporter deutlich, ohne deutlich weniger Substanz zu bieten. Weiter vorn ist Volkswagen vor allem bei Zubehörfülle und Versionsvielfalt.

Außer als Kastenwagen wird der Expert auch als Doppelkabine mit fünf oder sechs Sitzplätzen angeboten werden, als Plattform-Fahrgestell für eigene Aufbauten und als Kombi mit bis zu neun Sitzplätzen. PS: Eigentlich ist das Duo ein Trio. Auf der gleichen Basis wie Expert und Jumpy entsteht auch der Toyota Proace.