Sportschau

Fahrbericht: Skoda Kodiaq RS

Der Skoda Kodiaq RS soll mit einem 239-PS-Diesel und einer sportiven Aufmachung überzeugen. Das scheint zu klappen, rund 20 Prozent der Kodiaq-Käufer entscheiden sich für diese teure Kombination. Wie fährt sich diese?

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Skoda Kodiaq RS 23 Bilder
Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Martin Franz
Inhaltsverzeichnis

Bisher war bei 190 PS im Skoda Kodiaq Schluss. Ein Testwagen vor rund anderthalb Jahren bestätigte, so meinten wir, dass dies eine gute Entscheidung war. Das lag daran, dass SUVs, noch dazu welche von solchem Ausmaß, die meisten Fahrer in der Redaktion entschleunigen, was für den damaligen Kodiaq ganz besonders galt. Nun hat Skoda sein größtes SUV mit einem RS-Aufsatz versehen. Eine Ausfahrt sollte zeigen, ob diese Kombination sinnvoll ist.

Lohnend

Eine Frage ist sehr schnell beantwortet: Für Skoda ist ein Kodiaq RS äußerst sinnvoll. Denn es scheint sich zu wiederholen, was beim Octavia RS (Test) schon seit Jahren der Fall ist. Ein relevanter Teil der Kunden zahlt den Aufpreis für die stärkste Motorisierung. In den ersten Monaten seit der Verkaufsfreigabe entschieden sich immerhin rund 20 Prozent für den mindestens knapp 50.000 Euro teuren Kodiaq RS. Für eine Marke, der noch immer nachgesagt wird, dass sich die Kunden vor allem wegen der günstigen Preise für ihre Autos erwärmen, ist das ein schöner Erfolg. Der von uns gefahrene Testwagen kam auf 61.505 Euro. Sehr viel teurer kann ein Kodiaq nicht mehr werden.

Der Antriebsstrang an sich ist nicht neu, er wird seit dem Sommer 2014 in den VW Passat eingebaut. Skoda blieb er bisher verwehrt, obwohl sich sicher auch Superb-Kunden für den starken Selbstzünder interessiert hätten. Vielleicht ist es nach dem Facelift soweit, das rund um die IAA vorgestellt wird. Der Zweiliter-Diesel mit Biturbo leistet 239 PS und bietet ein maximales Drehmoment von 500 Nm zwischen 1750 und 2500/min. Das Werk verspricht 6,9 Sekunden im Sprint auf Tempo 100 und 221 km/h Höchstgeschwindigkeit.

3,8 bar!

Die Aufladung übernehmen zwei Turbolader: Der erste ist ein Hochdrucklader mit kleiner Turbine, kleinem Verdichterrad und einer elektrischen Leitschaufelverstellung. Dieser Aufbau soll für ein schnelles Ansprechen bereits bei niedrigen Drehzahlen gut sein. Der zweite Turbo ist ein Niederdruck-Lader. Mit seiner großen Turbine und dem großen Verdichterrad erreicht er bei hohen Drehzahlen einen deutlich höheren Ladedruck von maximal 3,8 bar.

Luft holen

Unterwegs zeigt sich, dass der Antriebsstrang erst einmal kurz „Luft holen“ muss, bevor er dann losstürmt. Wer vom Bummel- plötzlich in den Attacke-Modus wechselt, muss sich einen kleinen Moment gedulden. Angesichts dessen, was dann folgt, wirkt dieser kleine Augenblick des Sammelns etwas lästig. Denn einmal in der Schmauchzone angekommen, stürmt der Riese vehement voran. Ein direkter Umstieg in den Karoq mit dem 190-PS-Benziner zeigt, dass dieser mit weniger Verzögerung durchstartet, wenngleich ihm dann die Durchschlagskraft und Wucht des Dieselmotors im Kodiaq RS fehlen. Angesichts der RS-Absatzzahlen darf damit gerechnet werden, dass der Karoq eher früher als später eine solche Version bekommt. Wir vermuten, sie steht binnen Jahresfrist bei den Händlern.

Zum leicht verzögerten Ansprechen bei spontanem Beschleunigen trägt auch das serienmäßige Doppelkupplungsgetriebe (intern DQ500) bei. Es braucht einen Moment, um den plötzlichen Beschleunigungswunsch des Fahrers zu erkennen. Dann schaltet es eifrig zurück und es geht, wie beschrieben, mit Macht voran. Im Sport-Modus bessert sich das Reaktionstempo des ganzen Antriebsstranges etwas, komplett verschwindet der Eindruck aber nicht.

Etwas versteckt veröffentlicht Skoda auch schon die Verbrauchswerte im neuen Zyklus. 8,1 Liter sind es im WLTP, 6,2 im von WLTP umgerechneten NEFZ. Das zeigt zweierlei: Die 8,1 Liter sind im Alltag zu erreichen, ohne zum Hindernis zu werden. Zweitens sollten Kunden sehr genau hinsehen, welche Werte ihnen der Hersteller vorlegt. In der Übergangsphase verraten viele nur Verbräuche, die von WLTP auf den NEFZ umgerechnet wurden, was die Autos besser dastehen lässt, als sie sind. Der Motor im Kodiaq RS erfüllt die Abgasnorm Euro 6d-Temp, der Adblue-Tank fasst 20 Liter.

Kerniger Sound

Natürlich hat Skoda nicht darauf verzichtet, dem Kodiaq RS ein paar Zutaten mit auf den Weg zu geben, die das Fahrerlebnis irgendwie sportlicher wirken lassen sollen. Noch bevor ein Meter zurückgelegt ist, meldet sich der erste Begleiter dieses Ansinnens. Der „Dynamic Sound Boost“ lässt im Sport-Modus keinen Zweifel daran, dass dazu wohl ein kerniger Sound gehört. Ich fand das etwas dick aufgetragen und ziemlich (un)künstlich, was für Skoda nicht schlimm ist, denn ich gehöre definitiv nicht zur Zielgruppe. Der Klang eines Vierzylinder-Diesels muss für mein Empfinden nicht aufgebrezelt werden. Sei es drum, die Zielkundschaft wird das wohl genau so gut finden. Die allgemeine Geräuschdämmung bekommen andere Hersteller besser hin, deren vergleichbare Autos dann allerdings auch deutlich teurer sind.

Der zweite Versuch, den Kodiaq sportlich wirken zu lassen, erfolgte über das Fahrwerk. Serienmäßig sind 20-Zoll-Felgen mit einer 235/45er-Bereifung und ein adaptives Fahrwerk. Gerade im Sportmodus reicht diese Kombination sehr viel an die Insassen weiter, was wohl den meisten Fahrer spontan sinnvoll erscheinen wird. Mein Kollege Clemens Gleich hat den Unsinn allzu harter Fahrwerke vor einigen Jahren einmal auseinander genommen. Das gilt auch hier, denn mit einer betont unsensiblen Reaktion auf Unebenheiten neigt sich das Auto in Kurven weniger, was sich gerade bei SUVs mit ihrem hohen Schwerpunkt erst einmal gut anfühlt. Doch die geringere Neigung hat einen Preis, denn schon bei kleinen Runzeligkeiten des Asphalts fängt das Auto so an zu versetzen.

Im Kodiaq RS fühlt sich der Komfort-Modus für mich „runder“ an. Das künstliche Geblubber verschwindet, das Fahrwerk filtert kleine Unebenheiten trotz der geringen Flankenhöhe der Reifen erstaunlich gekonnt weg. Zusammengenommen mag etwas weniger sportiv wirken, macht aber den alltäglichen Umgang angenehmer, finde ich.

Reichlich Platz

Wer das Format mag, bekommt mit dem Kodiaq viel Pragmatismus geboten. In erster Linie gehört dazu ein riesiges Platzangebot – es ist immer wieder erstaunlich, was Skoda in dieser Hinsicht zur Verfügung stellt. Ein Audi A4 Avant oder ein Volvo V60 (Test) nehmen eben soviel Verkehrsfläche ein, bietet diese Raumfülle aber nicht einmal ansatzweise. Auch funktional überzeugt der Skoda, das meiste erklärt sich von selbst und ist schnell bedient – keine Selbstverständlichkeit mehr in Zeiten, in denen die Bedienung von immer mehr Funktionen in Menüs auf Touchscreens verschwinden.

Im Testwagen war das sehr teure Navigationssystem eingebaut, dass ohne fühlbare Tasten oder Regler auskommen muss. Das wirkt auf den ersten Blick schick, doch im Alltag klappt die Bedienung des Serienradios oder des etwas weniger überteuerten, kleinen Navis schneller. Das im RS serienmäßige Display-Kombiinstrument lässt sich weitreichend konfigurieren, auch der Wechsel zwischen den Ansichten klappt zügig. Allerdings erscheint mir nicht jede der möglichen Anzeigen sinnvoll.

Die eigentlichen Qualitäten des Kodiaq werden mit dem Trainingsanzug des RS kaum gestärkt. Vielmehr zeigen sie sich schon weit unterhalb der 239-PS-Ausführung. Denn alles in allem bleibt er ein komfortables SUV, mit dem sich auch vier langbeinige Erwachsene bequem transportieren lassen. Und das klappt auch ohne Sportverpackung.