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Faster Master

Fahrbericht: Toyota Yaris GRMN

Fahrberichte Jürgen Wolff
Toyota Yaris GRMN

GRMN steht für „Gazoo Racing Masters of Nürburgring“, Toyota bestreitet die Rallye-Weltmeisterschaft mit dem WRC-Yaris. Entsprechend ist der erste „zivile“ Sportler, den das Gazoo-Team nun auf die Straße bringt, ein Yaris. Im Fahreindruck erweist sich dieser Faster Master als beeindruckend gut

Das Kürzel ist Programm: GRMN steht für „Gazoo Racing Masters of Nürburgring“. Gazoo Racing ist für Toyota das, was die M-GmbH für BMW oder AMG für Mercedes sind: Dort kommen die ganz schnellen und die renntauglichen Toyotas her. Unter Gazoo Racing bündelt Toyota zudem die verschiedenen Motorsportaktivitäten wie zum Beispiel die Rallye-Weltmeisterschaft mit dem WRC-Yaris.

Entsprechend ist der erste „zivile“ Sportler, den das Gazoo-Team nun auf die Straße bringt, auch ein Yaris. Und, wie der Name schon sagt, wurde er maßgeblich von einem kleinen Toyota-Team im Hinblick auf den Nürburgring entwickelt.

Wie der Alltags-Yaris ist der kleine Sportwagen 3945 mm lang und 1695 mm breit. Den GRMN-Yaris erkennt man am besten an seinem schwarzen Wabenkühler, der auffälligen Beklebung der Karosserie, dem Dachkantenspoiler, einem Diffusor und einem ovalen Endrohr. Durch die schwarz lackierten Felgen leuchten weiße Bremssättel.

So weich wie möglich, so hart wie nötig

Was man nicht sieht, ist die deutlich aufgewertete Substanz des GRMN. Vorder- und Hinterachse wurden komplett überarbeitet und mit Sachs-Stoßdämpfern und 60 Prozent härteren Federn als beim normalen Yaris ausgestattet. Der GRMN federt etwas straffer, ist aber immer noch komfortabel genug auch für lange Strecken.

Das Lederlenkrad aus dem GT86 ist griffig und lässt sich in Tiefe und Neigung verstellen – allerdings nur in engen Maßen. Die beiden Sportsitze vorne bieten auch bei schneller Kurvenfahrt ausgezeichneten Seitenhalt. Der Durchstieg nach hinten ist ein akrobatischer Akt und anders als bei den Vordersitzen hat sich mit der Ausformung der zweiten Reihe niemand wirklich Mühe gegeben.

Der Fronttriebler bekommt den Vierzylinder mit 1798 ccm Hubraum und Kompressor implantiert, der auch die Lotus Elise [1] antreibt. Im Yaris entwickelt er bis zu 156 kW/212 PS bei 6800/min, der rote Bereich fängt erst bei über 7000/min. an. Das maximale Drehmoment von 250 Nm gibt es erst bei 4800/min. Die 1135 Kilogramm wiegende Rennsemmel muss mit jedem PS gerade mal etwas mehr als fünf Kilogramm bewegen.

Um so erstaunlicher, wie schaltfaul sich der getunte Yaris im Alltagsverkehr bewegen lässt. Für den artgerechten Einsatz dürfte das manuelle Sechsgang-Getriebe ruhig einen Tick präziser sein. Die Lenkung ist direkt und zielgenau, das Einlenken des gut ausbalancierten Fahrwerks ohne Tücke selbst bei Fahrfehlern und die Bremsanlage (mit vier Kolben vorne) bissig, aber gut dosierbar.

Da ein Kompressor den Motor pusht und kein Turbolader mit seiner typischen Trägheit, hängt das Aggregat direkt am Gas. Beim flotten Herausbeschleunigen aus der Kurve hilft ein Torsen-Differenzial: Kein Durchdrehen auch auf feuchter Fahrbahn, kein Flattern in den angetriebenen Vorderrädern beim Kick aufs Gaspedal. Laut Datenblatt braucht der Yaris GRMN gerade mal 6,4 Sekunden für den Spurt von 0 auf 100 km/h – fast eine halbe Sekunde weniger als der Opel Corsa OPC und immer noch 0,3 Sekunden schneller als der neue VW Polo GTI. In der Höchstgeschwindigkeit liegen Yaris und Corsa mit 230 km/h gleich, der Polo schafft 237 km/h.

Dabei schluckt der Yaris GRMN nicht gerade wenig: 7,5 Liter sind es schon offiziell. Bei entsprechender Fahrweise ist es auch mal das Doppelte. Der CO2-Ausstoß von 170 g/km ist im Segment Spitze. Wenn wir gerade bei den Emissionen sind: Er klingt ziemlich zivilisiert. Um neue, europäische Grenzwerten einhalten zu können, wurde der Yaris GRMN fünf Dezibel leiser als bisher. Zum Glück hat Toyota auf Tricks wie eine Soundleitung in den Innenraum verzichtet.

Längst ausverkauft

Toyota verlangt für den Yaris GRMN satte 30.900 Euro. Dafür bekommt man anderswo schon einen ausgewachsenen VW Golf GTI. Für ihre Hot Hatches rechnet die Konkurrenz durchweg deutlich weniger ab. Der VW Polo GTI etwa ist mit ähnlich guten Fahrleistungen schon ab 23.950 Euro zu haben, der Opel Corsa kostet als OPC-Version keine 25.000 Euro. Gerade mal der Mini Cooper JCW liegt auf gleichem Preisniveau wie der Yaris. Die Toyota-Kunden scheint das allerdings nicht sonderlich zu stören: 600 Exemplare vom Yaris GRMN werden im französischen Valenciennes gebaut. 200 davon gehen nach Japan, 400 bleiben in Europa, 104 davon in Deutschland. Alle 600 sind bereits verkauft.

Der Deckungsbeitrag, den der Flitzer zum Konzernergebnis beisteuern soll, lässt sich nicht nur in Euro oder Yen ausdrücken. Für Toyota ist der Yaris GRMN mehr als nur ein Auto. Er soll vor allem Pluspunkte fürs bislang wenig emotional geprägte Image der Japaner sammeln. Das dürfte mit dem „Meister des Nürburgrings“ durchaus gelingen.


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