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Der kräftig überarbeitete Ford Focus im Fahrbericht

Innere Ordnung

Fahrberichte Import User
Wir waren mit dem umfangreich überarbeiteten Ford Focus unterwegs.

Im Februar hat Ford die ersten Bilder des überarbeiteten Focus veröffentlicht, doch erst im Oktober werden die Kunden ihn bei den Händlern vor Ort begutachten können. Wir konnten ihn mit dem 182-PS-Benziner und dem 150-PS-Diesel schon fahren

Malaga (Spanien), 12. September 2014 – Ford-Kunden müssen gerade viel Geduld aufbringen, denn die jüngsten Neuheiten haben eine enorme Vorlaufzeit. Im Februar [1] hat Ford die ersten Bilder des überarbeiteten Focus veröffentlicht, doch erst im Oktober werden die Kunden ihn bei den Händlern vor Ort begutachten können. Wir konnten ihn schon fahren.

Ein Weltmeister

Der Focus ist derzeit die meistverkaufte Pkw-Modellreihe der Welt: Alle 90 Sekunden läuft irgendwo einer vom Band, auf über 140 Märkten wird er angeboten. Nummer Eins ist der Wagen in China, in Europa liegt er auf Rang zwei und selbst in den USA rangiert er auf dem fünften Platz. Aber ein globales Produkt zu sein, bringt auch Schwierigkeiten mit sich. Jede Region hat andere Vorlieben, was Design und Motoren betrifft.

Die überarbeitete Version ist vor allem an der neuen Front zu erkennen. Hier gleicht der Focus jetzt dem Fiesta [2] und dem kommenden Mondeo [3]. Der verchromte Grill ist nicht so monströs wie bei anderen Ford-Modellen, flankiert wird er von scharf geschnittenen Scheinwerfern. Auch das Heck hat man in Köln, wo der Focus für die ganze Welt konzipiert wird, verbessert. Die unharmonischen Spiegelei-Leuchten wurden etwas verkleinert, was allerdings nur auffällt, wenn neu und alt nebeneinander stehen.

Unangetastet blieb das Platzangebot, schließlich gibt es hier auch keinen Grund zur Klage. In den Kofferraum passen beim Fünftürer zwischen 316 und 1215 Liter (mit Notrad), beim Turnier sind es 476 bis 1502 Liter. Sehr sympathisch sind die durchdachten Detaillösungen des Focus. So gibt es an der Heckklappe des Fünftürers jeweils links und rechts einen massiven Zuziehgriff. Unbedingt bestellen sollte man den 150 Euro teuren Türkantenschutz [4], bei dem sich nach dem Öffnen der Türen kleine Plastikleisten um die Kanten schmiegen. Warum ist da eigentlich noch kein anderer drauf gekommen?

Aufgeräumt

Im Innenraum ist der Arbeitsplatz im Focus sowohl deutlich hochwertiger als auch um Meilen übersichtlicher als bisher. Zentraler Dreh- und Angelpunkt ist ein Acht-Zoll-Touchscreen (1000 Euro Aufpreis, Serie ab Business), der in vier große Bereiche unterteilt ist: Telefon, Navigation (sofern vorhanden), Musik und Klimatisierung. Das hilft bei der intuitiven Bedienung, im Zweifelsfall hilft der Druck auf die Home-Taste. Besonders stolz ist Ford auf die verbesserte Sprachsteuerung, die gemeinsam mit Microsoft entwickelt wurde.

Beliebt sind bei den Kunden die kleinen Einliter-Turbobenziner mit 100 und 125 PS, auch wir können die Dreizylinder aus Erfahrung loben. Neu sind zwei aufgeladene 1,5-Liter-Benziner mit 150 und 182 PS. Bei den Dieselmotoren herrscht derzeit noch ein kräftiges Durcheinander: Die neuen 1,5-Liter-Motoren leisten 95, 105 und 120 PS. Weiterhin sind zwei 1,6-Liter-Diesel mit 95 und 115 PS im Programm. Anderes ausgedrückt: Innerhalb von 25 PS tummeln sich fünf Dieselmotoren. Wir rechnen damit, dass sich diese Vielfalt schnell auflösen wird, zumal sie auch ähnlich viel kosten.

Der 182-PS-Benziner ist ein sehr laufruhiger Benziner, der beim Ausdrehen nicht unangenehm kernig klingt. Leider sind hohe Drehzahlen oft notwendig, denn unterhalb von 2000/min kommt der vorläufig kräftigste Ottomotor nicht so recht aus der Knete. So ist häufiges Herunterschalten notwendig, was mit dem knackig durch die Gassen gleitenden Knüppel wenigstens keine Strafe ist.

Lang übersetzter Diesel

Von den Dieselmotoren hat Ford zu Testzwecken leider nur den Zweiliter mit 150 PS mitgebracht. Dieser Motor passt gut zum Focus. Anders als manch TDI aus Wolfsburg verrichtet der Ford-Selbstzünder vom Start weg leise seine Arbeit. Etwas ungewohnt ist lediglich die sehr lange Getriebeübersetzung. Schaltfaul fahren im höchsten Gang ist damit nicht drin, bei 50 km/h muss es noch der Vierte sein. Im Gegenzug liegen bei Tempo 130 nervenschonende 2000/min an. Wer nicht selbst schalten mag, für den bietet Ford ein Doppelkupplungsgetriebe mit sechs Stufen an. Aufpreis: 1.750 Euro.

Vorzügliche Abstimmung

Lenkung und das Fahrwerk des Focus treffen einen vorzüglichen Kompromiss aus Komfort und Sportlichkeit. Sehr verbindlich lässt sich der kompakte Ford in Kurven beherrschen, während die Federung selbst grobe Unebenheiten wegsteckt. Hier zeigt sich: Eine gute Abstimmung macht eine Einstellung der Lenkkraft wie bei Hyundai oder adaptive Fahrwerkseinstellungen wie etwa das DCC von VW überflüssig.

Ford lässt im neuen Focus eine ganze Menge an Assistenzsystemen auf die Kunden los. Einige sind bereits bekannt und wurden verbessert: So kann das Auto jetzt bei drohender Gefahr bis 50 km/h selbsttätig bremsen, während der Tempomat mit Abstandsregelung jetzt bis 200 km/h aktiv ist. Mit im Angebot sind auch Verkehrszeichenerkennung, Totwinkelwarner und Einparkhilfe für Parklücken, die beim Herausfahren vor Querverkehr warnt. Eine typische Ford-Spezialität ist die beheizbare Frontscheibe mit ihren feinen Drähten.

Nobel: beliebt

Mehr als die Hälfte aller Focus-Käufer wählte bisher die Topausstattung Titanium. Inklusive sind hier der Acht-Zoll-Touchscreen, Zweizonen-Klimaautomatik, Tempomat und 16-Zoll-Alufelgen. Wer es beim 100-PS-Benziner belässt, zahlt beim Fünftürer 22.060 Euro. Mit dem 150-PS-Diesel unter der Haube werden mindestens 26.810 Euro fällig, der beliebte Turnier kostet exakt 800 Euro mehr. Der Focus gehört damit nicht zu den Preisbrechern in seiner Klasse. Aber zu jenen Autos, die ihr Geld wert sind.


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[1] https://www.heise.de/autos/artikel/Ordnungskraft-2122068.html
[2] https://www.heise.de/autos/artikel/Ford-Fiesta-ST-Ausflug-mit-dem-182-PS-Kleinwagen-1820139.html
[3] https://www.heise.de/autos/artikel/Edel-Konzept-1948921.html
[4] https://www.heise.de/autos/artikel/Kante-geben-1385658.html