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Fahrbericht Citroën C4 Cactus

Sticht!

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Cool sieht er schon aus, der Citroën C4 Cactus. Rund, wo andere eckig sind, lieb, wo andere aggressiv gucken.

Optisch und emotional hat Citroëns Cactus schon viel Interesse geweckt, denn in einer Welt der Ecken und Sicken und Aggressivität kommen die Franzosen rund, verspielt und liebenswert. Jetzt muss es nur noch gut fahren

Amsterdam, 20. Juni 2014 – In Sachen Vermarktung ist der Citroën C4 Cactus schon jetzt ein Erfolg für die Marke, denn die Reaktionen auf die französisch verspielte Gestaltung sind sehr positiv. Jetzt muss es nur noch anständig funktionieren ...

Die Bezeichnung C4 suggiert – wahrscheinlich gewollt – ein Auto der Kompaktklasse, also so etwas wie ein Konkurrent des VW Golf Sportsvan, aber mit SUV-Optik. Doch der Neuling ist eine Klasse niedriger einzusortieren, er basiert auf derselben Kleinwagen-Plattform wie zum Beispiel der Peugeot 208. Mit einer Länge von 4,16 Meter und seiner robusten Optik passt der Cactus am ehesten in die Kategorie Mini-SUV, zusammen mit Autos wie dem Renault Captur, Peugeot 2008, Opel Mokka, Skoda Yeti oder Nissan Juke.

Designinspiration Köfferchen

Das braun bespannte Armaturenbrett sieht aus, als läge vor dem Beifahrer ein schickes Lederköfferchen. Dazu passen die Türzuzieher, die als Schlaufen ausgeführt sind – schöner Retro-Touch! Doch besonders praktisch ist das Cockpit nicht. Das Lenkrad lässt sich nur in der Höhe, nicht aber in der Reichweite einstellen. Dahinter gibt es ein rechteckiges Display, das hauptsächlich das Tempo anzeigt, ein Drehzahlmesser fehlt. In der Mittelkonsole ist noch ein Sieben-Zoll-Touchscreen angebracht, der nicht nur die Navi-Karten anzeigt, sondern mit dem auch die Klimaanlage eingestellt wird.

Citroën ist stolz darauf, durch das Display alle Knöpfe und Drehregler wegrationalisiert zu haben. Doch so schick das aussieht, in der Praxis hat es dieselben Nachteile wie jedes dieser Alleskönnsysteme: Während meine Beifahrerin etwa die Klimaanlage einregelt, weiß ich nicht mehr, wohin ich fahren soll, denn die Navi-Karte ist weg, und die Ansagen alleine helfen mir nicht weiter. Es schadet gar nichts, für die wichtigsten Funktionen gesonderte Knöpfe zu haben, das stellen auch andere Hersteller bei solchen Experimenten fest.

Drei Zylinder mit Turbo

Angetrieben wird der Test-Cactus vom neuen Dreizylinder-Turbobenziner aus dem Hause PSA Peugeot Citroën. Die 130-PS-Version des Aggregats habe ich von meinem Test des Peugeot 308 SW in sehr guter Erinnerung: Der Motor beeindruckte mich durch sein Temperament und seinen sportlichen Klang. Die 110-PS-Variante im Cactus fährt sich bei weitem nicht so schön. Gut, wer ambitioniert fahren will, der kauft wohl auch kaum ein kleines SUV. Der Sound ist ansatzweise rau, aber sehr, sehr dezent. Der Normverbrauch liegt bei 4,7 Liter, wir benötigten bei unserer Testfahrt mit verhaltenem Tempo, aber hohem Stadtanteil 5,5 Liter.

An der Ampel geht beim Auskuppeln der Motor aus – eine Start-Stopp-Automatik ist bei der 110-PS-Variante Serie. Als Getriebe gibt es serienmäßig eine Fünfgang-Schaltung, die mir keine Probleme bereitet. Auch die Lenkung geht in Ordnung, zumindest auf den wenig Dynamik zulassenden Straßen rund um die holländische Hauptstadt. Das Fahrwerk wirkt beim simulierten Slalomfahren schwammig; der Cactus wankt in den Kurven stark. Und beim Überfahren der in Holland allgegenwärtigen "Drempel", den recht hohen Temposchwellen, hüpfe ich mit meiner Beifahrerin ganz schön auf und nieder. Aber wie gesagt: Der Cactus ist eher was für Cruiser, nichts für eilige Fahrer.

Einparken ohne Fahrer, mit Schwung

Viele Assistenten hat der Cactus nicht an Bord, aber das Symbol für den Einparkassistenten verleitet mich dann doch zum Ausprobieren. Der Helfer übernimmt nicht nur die Lenkrad-Kurbelei, sondern auch die Bedienung von Gas und Bremse. Das Auto fährt allerdings so schwungvoll in die Lücke, dass ich instinktiv doch bremse. Ein Blick auf das Bild der Rückfahrkamera und die Piepssignale zeigen mir allerdings, dass noch zehn Zentimeter Platz sind. Egal, ich stehe ja schon in der Lücke: Experiment geglückt. Das Ausparken beherrscht der Assistent ebenso.

Die Vordersitze machen einen guten Eindruck, sie sind allenfalls etwas weich. Wer eine Version mit automatisiertem Schaltgetriebe bestellt, erhält eine durch Polster zwischen den Sitzen simulierte durchgehende Bank, die das Durchrutschen vom Fahrer- auf den Beifahrerplatz ermöglicht. Denn hier gibt es keinen Getriebewahlhebel, sondern nur drei Knöpfe: D, N und R. Beim Parken muss die Handbremse gezogen werden.

Kindersitze mit Ausstellfenstern

Im Fond des C4 Cactus bleibt für diese Klasse sehr viel Kniefreiheit, doch nach oben geht es beengt zu: Wenn ich mich als 1,75 Meter großer Sitzriese strecke, bohrt sich mein Kopf in die Dachpolsterung. Die hinteren Seitenfenster lassen sich nicht versenken, sondern nur ausstellen - sowas ist zwar bei Kleinstwagen üblich, aber bei einem familientauglichen Mini-SUV ein Abwertungsgrund.

Der Kofferraum fasst 348 bis 1170 Liter. Viel ist das nicht, wie der Vergleich mit dem nur sechs Zentimeter längeren Skoda Yeti zeigt – in den passen 405 bis 1705 Liter. Doch die Werte würden für mich in Ordnung gehen, wenn das Gepäckabteil nicht so unpraktisch wäre. Erstens stört die extrem hohe Ladekante in Kombination mit einer hohen Ausladeschwelle. Und zweitens lässt sich die Rücksitzlehne nur ungeteilt umklappen. Dazu braucht man zwei Mann, weil die Verriegelung links und rechts gleichzeitig betätigt werden muss. Außerdem entfällt die Möglichkeit, zu dritt mit größerem Gepäck zu fahren.

Günstig ab 75 PS

Marktstart für den C4 Cactus ist am 13. September 2014. Die Preise beginnen bei 13.990 Euro. Dafür erhält man aber nur die 75-PS-Basisversion. Den gefahrenen e-THP 110 gibt es ab 17.090 Euro. Das ist günstig, denn die meisten Konkurrenten liegen jenseits von 18.000 Euro, preiswerter sind nur Mitsubishi ASX und Dacia Duster. Die Basisversion des Cactus e-THP 110 namens Live ist allerdings auch recht karg ausgestattet. An Bord sind der Sieben-Zoll-Touchscreen, Airbumps in Schwarz, elektrisch einstellbare Außenspiegel, elektrische Fensterheber vorne, ein Tempomat und ein Radio mit Lenkrad-Bedientasten. Optional gibt es für die Live-Version außer einer Klimaanlage, einer Sitzheizung und Metallic-Lack nicht viel zu bestellen. Nette Extras wie Rückfahrkamera, Einparkassistent, Glasdach, eine Dachreling oder auch nur Airbumps in anderen Farben sind den höheren Versionen Feel und Shine vorbehalten.


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