Akku mit Explosionsschutz

Mit Hilfe neuer Materialien sollen Lithium-Ionen-Batterien sicherer werden. Die berüchtigten Überhitzungsprobleme sollen damit ausgeschlossen sein.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Kevin Bullis

2006 war kein gutes Jahr für die Batteriebranche: Mehrere groß angelegte Rückrufaktionen waren notwendig, weil Millionen Lithium-Ionen-Akkus für Laptops von Dell, Apple und anderen Herstellern potenziell in Brand geraten oder gar explodieren konnten. Neue Materialien, die derzeit in Japan entwickelt werden, sollen dies künftig verhindern. Dann ließen sich solche Hochleitungsenergieträger auch stärker in Hybrid- und Elektrofahrzeugen verwenden.

Lithium-Ionen-Akkus werden gerne in Mobilelektronik verwendet, weil sie vergleichsweise leicht und kompakt sind. Auch im Fahrzeugbau wären sie dank dieser Eigenschaften eigentlich ideal, doch ein breiter Einsatz wird aus Sicherheitsgründen bislang verhindert. Aktuell setzt man daher lieber auf Nickel-Metall-Hydrid-Batterien, die schwerer und größer sind.

Das Problem: Lithium-Ionen-Batterien können verhältnismäßig leicht überhitzen. Dies passiert, wenn sie entweder überladen werden oder die Elektroden innerhalb der Batterie miteinander in Kontakt kommen. So gefährlich vereinzelte Laptop-Brände auch sind – hier schmoren nur wenige Zellen. Bei einem Fahrzeug, das potenziell Tausende Lithium-Ionen-Zellen enthält, wäre der Schaden deutlich größer.

Hinzu kommt, dass die Produktionsbedingungen streng überwacht werden müssen. Der Akku-Rückruf im vergangenen Jahr war notwendig, weil sich in der mehreren Batteriefabriken Partikel in die Produktion eingeschlichen hatten, die die Kunststoff-Schutzschicht zwischen negativen und positiven Elektroden durchdringen konnten. Ist dieser so genannte Separator defekt, steigen die Chancen deutlich, dass die Elektroden miteinander in Kontakt kommen. Durch solche Kurzschlüsse entsteht Hitze, die die Schutzschicht weiter aufweicht. Ergebnis: Noch mehr Kurzschlüsse und noch höhere Temperaturen. Wird es in der Batterie heiß genug, zersetzt sich sogar das Elektrodenmaterial: Sauerstoff wird frei und es kommt zu einem Feuer und schlimmstenfalls zu einer Explosion.

Forscher bei Tonen Chemical, einer japanischen Tochter von ExxonMobil Chemical, haben deshalb nun eine neue Separator-Schutzschicht entwickelt, die eine aktive Rolle beim Schutz vor Überhitzung übernimmt. Das Material verlangsamt entsprechende Reaktionen, was der Batterie die Möglichkeit gibt, sich abzukühlen, anstatt noch heißer zu werden. Peter Roth, der die neue Technologie am Sandia National Laboratories in New Mexico, testet, glaubt, dass die Schutzschicht Explosionen verhindern kann.

Separatoren bestehen aus nichtleitenden Materialien, die Poren enthalten, durch die die Lithium-Ionen zwischen den Elektroden wandern können – dies erfolgt während des Lade- und Endladevorganges. Fortschrittlichere Separatoren werden weicher, wenn eine bestimmte Temperatur erreicht wird – im Regelfall 130 Grad Celsius. Dann schließen sich die Poren, was den Fluss der Ladung unterbricht. In einigen Fällen stoppt dies die Überhitzung. Steigt die Temperatur jedoch weiter, schmelzen diese Materialien vollständig, was die Schutzwirkung aufhebt. Tonen Chemical hat seine Separatoren daher noch weiter optimiert. Sie arbeiten auch noch bei 190 Grad. "Dadurch werden Kurzschlüsse und weitere Hitzeentwicklung vermieden", meint Roth.

Die neuen Separatoren sind deshalb so leistungsfähig, weil sie aus mehr als nur einem Polymer bestehen: Der eine Kunststoff wird bei 130 Grad weicher und unterbricht den Ladungsfluss, der andere hält den Separator intakt und verhindert auch später weitere Kurzschlüsse. Praktisch: Die Tonen Chemical-Separatoren lassen sich mit bestehenden Produktionsmaschinen herstellen, die dafür nur leicht verändert werden müssen. Eine Massenproduktion sei schnell möglich, meint Koichi Kono, Forschungsmanager des Unternehmens: "Wir sind bereit für die kommerzielle Produktion."

Andere Firmen arbeiten an alternativen Ansätzen, Lithium-Ionen-Batterien sicherer zu machen. Dazu gehört die Verwendung neuartiger Elektrodenmaterialien und von Elektrolyten, die nicht brennbar sind. Ebenfalls experimentiert wird mit einer dünnen Schicht aus Keramikmaterial, das die Elektroden ständig separiert. Obwohl letzterer Ansatz sehr hohe Temperaturen verträgt, ist fraglich, wie sich eine solche Keramikschicht in den aktuellen Produktionsprozess integrieren lassen kann. "Das Ziel bleiben Batterien, die zwar kaputt gehen können, aber nicht gleich explodieren", meint Roth. (bsc)