Chemieunfall im Windkanal

In Hamburg steht mit „Wotan“ der größte Windkanal Europas zur Erforschung bodennaher Luftströmungen.

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Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Martin Egbert
  • Klaus Sieg

In Hamburg steht mit „Wotan“ der größte Windkanal Europas zur Erforschung bodennaher Luftströmungen. Erstmals wird dort nun die Ausbreitung von Gefahrstoffen in einer deutschen Stadt erforscht.

Monatelang haben Modellbauer an einer Nachbildung der Hamburger Innenstadt zwischen Elbe und Alster getüftelt. Aus Styropor haben sie Kirchen, Häuser, Bürotürme, Kaufhäuser, Schiffe und Hafenanlagen gebastelt und in den Windkanal „Wotan“ am Meteorologischen Institut der Uni Hamburg eingebaut. Dann geht es los: Ein Propeller bringt die Luft in Bewegung, und von unten strömt nun Gas in das Modell ein. Damit wollen Wissenschaftler simulieren, wie sich Gefahrstoffe nach einem Unfall ausbreiten würden. Grünes Laserlicht macht die Gaswolke sichtbar und zeigt, wie sie über die roten Dächer des Stadtmodells wabert und in langen Schlieren durch die Straßenschluchten zieht. Ständig verändern die Schlieren ihre Form, umkreisen einander, vereinigen sich und zerfließen wieder.

Auf kleinstem Raum entsteht so eine verwirrende Vielfalt an Formen – selbst bei einer konstanten Freisetzung des Gases bei gleichmäßiger Windgeschwindigkeit. Entsprechend groß können die Unterschiede bei der Ausbreitung eines gefährlichen Gases in einer realen Stadt sein. Nur wenige Hundert Meter von der Emissionsquelle entfernt, kann es eine Stunde lang völlig ungefährlich sein, und dann kann plötzlich höchste Gefahr drohen. Rettungskräfte müssen dieses Verhalten verstehen, um bei Umweltkatastrophen oder Terroranschlägen richtig helfen zu können. Mit Windkanälen wie Wotan können auch Stadtklima, Fallwinde in Häuserschluchten oder die besten Standorte für Windkraftanlagen untersucht werden – denn nach wie vor bilden Messungen am Modell die Wirklichkeit besser ab als jede Computersimulation... (wst)