KI soll helfen, echte Schießereien zu erkennen

Schusserkennungssysteme gibt es in den USA schon länger. Nur sind die bislang schlecht darin, Gefahr von Harmlosem zu unterscheiden. Neue Algorithmen helfen.

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Wissenschaftler nahmen alle Schuss-artigen Laute in einer Umgebung auf, in der wahrscheinlich auch mal echte Waffenschüsse darunter zu hören sind.

(Bild: Florida Atlantic University)

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Schießereien sind in vielen Städten der Welt leider keine Seltenheit – heißen sie nun Kopenhagen, London oder Chicago. Hinzu kommt die zunehmende Gefahr von Massentötungen durch Schusswaffen. So kam es allein in den Vereinigten Staaten von Amerika in diesem Jahr zu fast 300 sogenannten Mass Shooting Events, bei denen es mindestens drei oder vier Tote gab – oftmals noch viel mehr.

Es reicht laut Sicherheitsexperten in solchen Gewaltzonen nicht mehr aus, dass Polizei patrouilliert. Stattdessen werden zunehmend technische Maßnahmen ergriffen, um Schießereien frühzeitig zu erkennen, damit Strafverfolger reagieren können. Akustische Schusserkennungssysteme kommen deshalb in besonders betroffenen Gebieten der USA seit mehreren Jahren zum Einsatz.

Das Problem: Ihre Verlässlichkeit lässt bislang arg zu wünschen übrig. Hinzu kommen hohe Preise – sowohl bei der Installation also auch den Folgekosten. Wenn die Systeme nicht korrekt funktionieren, werden womöglich Ressourcen unnötig gebunden und Polizisten sind nicht mehr zu rechten Zeit am richtigen Ort. Eine Gruppe von Forschern an der Florida Atlantic University (FAU) hat deshalb nun ein kostengünstiges Erkennungssystem für Gewalttaten entwickelt, das deutlich genauer und dabei auch noch billiger sein soll. Auch dieses arbeitet rein akustisch und soll datenschutzfreundlich sein.

Das Team am College of Engineering and Computer Science konzentrierte sich insbesondere auf die Fehltrefferrate bestehender Geräte. Diese erkennen schon mal eine geplatzte Plastiktüte als Schuss. Ein neuer Klassifizierungsalgorithmus auf Basis eines Convolutional Neural Network (ConvNet) erlaubt die Bewertung der Genauigkeit – und er zeigte, wie oft die Technik derzeit danebenliegt.

Im Rahmen einer experimentellen Untersuchung wurden zunächst zahlreiche Klänge gesammelt, die harmlos waren – etwa besagte explodierende Tüten in verschiedenen Größen, Abständen zum Mikrofon und unterschiedlichen Längen. Wie sich zeigte, bewerten aktuelle Systeme, die die Forscher anhand eines beliebten Datensatzes mit städtischen Klängen, die Schüsse enthielten, nachstellten, bis zu 75 Prozent der harmlosen Geräusche als Gewalt. Schlimmer noch: Auch besser trainierte Algorithmen lagen daneben.

Es sei "sehr schwierig" für ein Klassifizierungsmodell, Schuss-artige Klänge von echten Klängen zu unterscheiden. Die Lösung liegt darin, mehr Daten zu sammeln und das Training damit zu verbessern. Die Forscher wollen ihre Modelle daher weitergeben. Vielleicht reicht es jedoch nicht, sich allein auf den Klang zu verlassen, denn der Rechner beschäftigt sich womöglich mit Geräuschbestandteilen, die komplett irrelevant sind. Menschen hingegen verlassen sich auf ihre Erfahrung – und mehr als nur das Hören.

(bsc)