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Motorradneuzulassungen 2021: Mehr Verlierer als Gewinner

Ingo Gach
BMW R 1250 GS

Die BMW R 1250 GS war auch im vergangenen Jahr das hierzulande meistverkaufte Motorrad.

(Bild: Ingo Gach)

Das vergangene Jahr lief für die Motorradhersteller nicht ganz so glänzend wie 2020. Doch ein paar Anbieter kamen ordentlich durch die Krise.

2020 jubelte die Motorradbranche in Deutschland noch, weil es das erfolgreichste Jahr seit fast zwei Jahrzehnten war: 132.126 Neuzulassungen bei Motorrädern über 125 cm3. Weil im ersten Pandemiejahr viele Leute ihr Geld nicht für Urlaube ausgeben konnten, kauften sie sich stattdessen ein Motorrad und damit ein Stück Freiheit. Doch 2021 gingen die Neuzulassungen in Deutschland deutlich zurück, die Hersteller mussten ein Minus von 11,9 Prozent verbuchen. Lockdowns in Asien führten zu einem massiven Halbleitermangel und dadurch zu Stillständen an den Produktionsbändern der Motorradhersteller. Als dritter Faktor kam die Krise in der Containerschifffahrt hinzu, sodass weniger Motorräder nach Deutschland importiert wurden.

In Anbetracht der schwierigen Umstände kann die Motorradbranche mit dem Ergebnis von 2021 fast schon zufrieden sein, immerhin gab es 116.407 Neuzulassungen in Deutschland. Damit lag die Branche über dem Niveau von 2019, als 113.039 neue Motorräder zugelassen worden waren. Die meisten Marken mussten 2021 schwächere Verkaufszahlen verbuchen, aber es gab auch Ausnahmen. Angesagt blieben weiterhin die modern gestylten Mittelklasse-Naked Bikes, wie die Kawasaki Z 650 und Yamaha MT-07, und die Reiseenduros, allen voran der Bestseller BMW R 1250 GS. Cruiser waren kaum noch gefragt, bis auf das günstige Einsteigermodell Honda CMX 500 Rebel und die neue, sehr teure BMW R 18.

Auch der Retro-Trend verebbte immer mehr, die Kawasaki Z 900 RS und Ducati Scrambler rutschten weit in den Charts ab, wohingegen sich bei den Sportlern ein paar zarte Zuwächse auftaten, wie die Honda CBR 650 R und Aprilia RS 660 bewiesen. Konstant in ihrer Beliebtheit zeigten sich Crossover-Modelle, wie die BMW S 1000 XR und Honda NC 750 X. Die Sparte Supermoto blieb ein Phänomen, weil es eigentlich nur noch zwei Einzylinder-Supermotos auf dem Markt gibt, aber die KTM 690 SMC R und die Husqvarna 701 Supermoto tummelten sich weit oben bei den Neuzulassungen.

Das meistverkaufte Motorrad in Deutschland war auch 2021 wieder die BMW R 1250 GS. Sie kam auf 9377 Einheiten und übertraf damit ihr Vorjahresergebnis um 149 Neuzulassungen. So konnte die Marke auch ihren Spitzenplatz in Deutschland mit 22,9 Prozent Marktanteil behaupten und setzte mit 26.699 Stück nur 13 Motorräder weniger ab als im Vorjahr.

Allerdings war die zweitmeistverkaufte BMW, das relativ günstige Mittelklasse-Naked Bike F 900 R, mit 1843 weit vom bayerischen Bestseller entfernt, landete aber immer noch auf dem zehnten Rang. Das Crossover-Modell S 1000 XR verkaufte sich weiterhin gut und schaffte den 14. Rang, einen Platz vor ihrem kleinen Ableger F 900 XR [1] mit 1393 Stück. Dem Riesen-Boxer R 18 mit 1339 Zulassungen auf Platz 18 kam der Reiz des Neuen zugute, das über 22.000 Euro teure Modell dürfte sich nächstes Jahr wohl deutlich seltener verkaufen.

Honda konnte seinen zweiten Platz mit 14.459 Neuzulassungen und 12,4 Prozent Marktanteil wieder zurückerobern, nachdem sie letztes Jahr auf Rang drei abgerutscht waren. Dennoch waren es sechs Prozent weniger als noch 2020, wobei die leicht überarbeitete Reiseenduro CRF 1100 L Africa Twin mit 2349 Stück auf Platz fünf der Neuzulassungen der Bestseller im Programm blieb. Platz sieben belegt der kleine, günstige Cruiser CMX 500 Rebel mit 1878 Stück, auch das Crossover-Modell NC 750 X auf Rang zwölf schlug sich wacker mit 1600 Einheiten.

Beachtenswert die CBR 650 R auf Platz 18: Sie war mit 1324 Neuzulassungen die erfolgreichste Sportlerin mit Vollverkleidung in Deutschland. Überraschend lag sie damit sogar vor ihrem Naked Bike-Ableger CB 650 R, die es mit 1137 Stück auf Platz 22 brachte. Der Dauerbrenner CB 500 F landete mit 1090 Neuzulassungen einen Rang dahinter.

KTM rutschte auf Rang drei in Deutschland ab und musste im Verkauf ein Minus von 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahr hinnehmen. Dennoch konnte die österreichische Marke mit 13.664 Neuzulassungen und einem Marktanteil von 11,7 Prozent zufrieden sein. Meistverkaufte KTM blieb die Supermoto 690 SMC R, die mit 1856 Stück auf dem beachtlichen achten Rang landete, ganz knapp dahinter auf Platz neun kam die neue 890 Duke mit 1855 Einheiten.

Motorradbestseller 2021 - Platz 1 bis 10 (0 Bilder) [2]

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Was beweist, dass KTM mit seinem sportlichen Image „Ready to Race“ weiterhin richtig lag. Ihr Erfolgsmodell in der A2-Einsteigerklasse, die 390 Duke, schaffte Platz elf mit 1741 Neuzulassungen. In Mattighofen dürfte die Buchhaltung mit Wohlwollen registriert haben, dass die beiden teuren Modelle 1290 Super Adventure S auf Rang 13 (1472 Stück) und 1290 Super Duke R auf Rang 16 (1349 Stück) landeten.

Kawasaki musste etwas Federn lassen, verteidigte aber mit 12.191 Neuzulassungen den vierten Platz und erreichte einen Marktanteil von 10,5 Prozent. Erneut wurde das Naked Bike Z 900 zum zweitmeistverkauften Motorrad in Deutschland und konnte sich mit 3989 Stück im Vergleich zum Vorjahr sogar noch steigern. Doch auch die Z 650 bereitete Kawasaki [4] viel Freude, das günstige Naked Bike aus der Mittelklasse holte erneut die Bronzemedaille und konnte auf stolze 2779 Neuzulassungen verweisen. Die Ninja 650 verkaufte sich mit 1179 Stück nicht ganz so gut, landete aber immer noch auf Rang 24, was für ein Sportmodell mit Vollverkleidung heutzutage aller Ehren wert ist.

Yamaha hatte es 2021 mit einem Minus von 31,5 Prozent recht heftig erwischt. Die Marke litt sehr unter der Halbleiter- und Containerschiff-Krise und entschuldigte sich sogar im Frühling öffentlich für die erheblichen Verzögerungen bei den Lieferungen. So ist es zu erklären, dass der Verkauf in Deutschland um rund 4000 auf 8730 Stück einbrach. Dennoch verblieb Yamaha auf Platz fünf. Lichtblick war weiterhin die MT-07 [5], die mit 2356 Stück auf Rang vier kam und somit der Bestseller im Portfolio blieb.

Die beliebte Reiseenduro Ténéré 700 [6] rückte auf den siebten Platz vor mit 1888 Neuzulassungen. Dann tauchte mit der MT-09 allerdings erst auf Rang 37 wieder eine Yamaha auf, das Naked Bike fand 944 Käufer. Freuen konnte sich die Marke über die MT-125, die mit 3154 Stück das meistverkaufte Leichtkraftrad in Deutschland war.

Harley-Davidson hatte 2021 in Deutschland nicht viel zu Lachen, die Neuzulassungen brachen um 28,5 Prozent auf 7889 ein. Die verfehlte Modellpolitik in Milwaukee hinterließ ihre Spuren, da half auch die neue Pan America nicht – die Reiseenduro tauchte nicht einmal unter den Top 50 in Deutschland auf. Das meistverkaufte Modell bildete die Street Bob 114 mit 950 Stück auf Rang 35, zwei Plätze dahinter lag die Sport Glide mit 878 Neuzulassungen und die Breakout 114 belegte den 41. Rang mit 802 Stück.

Einen eindeutigen Bestseller hat die US-Marke nicht im Programm, doch dafür verkaufen sich mehrere Modelle gleichermaßen gut. So verblieb Harley-Davidson weiterhin auf Platz sechs in der Markenwertung mit einem Marktanteil von 6,8 Prozent.

Für Ducati war 2021 das erfolgreichste Jahr ihrer Firmengeschichte mit 59.447 verkauften Motorrädern weltweit. Auch in Deutschland konnte Ducati als eine der wenigen Marken einen Zuwachs vorweisen. Mit 6076 Neuzulassungen legten die Italiener um 11,1 Prozent zu. Dennoch fand sich die meistverkaufte Ducati erst auf Platz 26 wieder: Die teure Multistrada V4 erreichte 1142 Neuzulassungen.

Die betagte Scrambler kam auf den 44. Platz mit 804 Neuzulassungen und die 208 PS starke Streetfighter V4 landete auf Rang 46 mit immerhin noch 731 Stück. Die komplett neu konstruierte Monster füllt offensichtlich nicht die riesigen Fußstapfen ihrer legendären Vorfahrin aus – sie war mit 350.000 Stück seit 1992 das meistverkaufte Modell von Ducati – und kam mit 716 Neuzulassungen nur auf Platz 46.

Auch für Triumph lief es 2021 außerordentlich gut und mit rund 75.000 produzierten Motorrädern konnte ein neuer Rekord vermeldet werden. In Deutschland lag die britische Marke nur ganze zwei Neuzulassungen hinter Ducati, konnte aber sein erfolgreichstes Jahr hierzulande verbuchen mit 6074 Neuzulassungen und damit exakt sechs mehr als im Jahr zuvor. Das war vor allem auf die neue Trident 660 zurückzuführen.

Motorradbestseller 2021 - Platz 11 bis 20 (10 Bilder) [7]

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Die quirlige 390 Duke hält sich seit ihrem Debut 2013 unter den Top 20 in Deutschland, letztes Jahr war es Platz elf mit 1741 Neuzulassungen. Das attraktiv designte Naked Bike erfreute in der Einsteigerklasse mit geringem Gewicht und guten Fahrleistungen ihres Einzylindermotors. Für 5410 Euro war die 390 Duke ein sehr überzeugendes Angebot.
(Bild: KTM)

Das schicke Mittelklasse-Bike schob sich auf Rang 19 mit 1296 Neuzulassungen und damit als erste Triumph überhaupt unter die Top 20. Die Rocket 3 ist das Serienmotorrad mit dem größten Hubraum und verfügt über eine treue Anhängerschaft, so schaffte es der 2,5-Liter-Dreizylinder, trotz seines nicht gerade günstigen Preises, immerhin auf Rang 47 mit 705 Neuzulassungen. Die Reiseenduro Tiger 900 belegte den 48. Platz mit 686 Stück.

Düster sah es 2021 bei Suzuki aus, nur Rang neun auf dem deutschen Markt, fast wäre sogar der Nischenhersteller Husqvarna noch vorbeigezogen. Der Gigant aus Japan konnte hierzulande gerade mal 3388 Motorräder verkaufen, was einem Minus von 47,4 Prozent entsprach. Suzuki bringt einfach keine neuen Modelle mehr, die dem Zeitgeist vollziehen und greift Trends zu spät auf.

Die meistverkaufte Suzuki war die SV 650 auf Platz 31 mit 1049 Stück – immer noch ein gutes Motorrad, aber der betagte Motor geht auf das Jahr 1999 zurück. Als einzige weitere Suzuki schaffte es die DL 1050 V-Strom noch unter die ersten 50 auf Platz 45 mit 740 Neuzulassungen.

Husqvarna konnte 2021 stolz auf seinen zehnten Rang auf dem deutschen Markt sein, auch wenn sie einen Rückgang von 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahr verbuchen mussten. Dennoch sind 3284 Neuzulassungen für einen Nischenhersteller ein sehr beachtliches Ergebnis, schließlich verkauften sie bislang ausschließlich Einzylinder. Husqvarna muss sich die Plattform mit KTM teilen, was Fluch und Segen zugleich ist: Es spart Kosten, macht aber die Eigenständigkeit der Modelle schwieriger. Bestseller blieb die sportliche 701 Supermoto auf Platz 20 mit 1290 Neuzulassungen.

(mfz [9])


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[4] https://www.heise.de/autos/artikel/Fahrbericht-Kawasaki-Z650-3713168.html
[5] https://www.heise.de/autos/artikel/Fahrbericht-Yamaha-MT-07-4457008.html
[6] https://www.heise.de/autos/artikel/Fahrbericht-Yamaha-Tenere-700-4570306.html
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