Post aus Japan: Supercomputer Fugaku hilft im Kampf gegen die zweite Welle

Nippon versucht, mit sozialer Distanzierung ein Aufflammen von Corona zu stoppen. Der schnellste Rechner der Welt soll beim Entwurf neuer Gegenmaßnahmen helfen.

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Post aus Japan: Supercomputer Fugaku hilft im Kampf gegen die zweite Welle

(Bild: RIKEN)

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Von
  • Martin Kölling
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In Japan hat nun der schnellste Supercomputer der Welt Gesichtsmasken zu einem wirksamen Mittel im Virenkampf geadelt. "Nach den Berechnungen können nicht nur Vliesstoffmasken, sondern auch selbstgemachte Masken zum Selbstschutz verwendet werden", erklärte diese Woche Makoto Tsubakuro, Professor an der Universität Kobe und Teamleiter des Complex Phenomena Unified Solution Research Team am japanischen Grundlagenforschungsinstitut RIKEN.

Dies ist ein Ergebnis der jüngsten Arbeit des Superrechners Fugaku, der im Frühjahr seine Arbeit aufnahm. Die Wissenschaftler nutzten ihn für eine "Vorhersage einer Virus-Tröpfchen-Infektion in Innenräumen und Gegenmaßnahmen", die bei dem Entwurf besserer Gegenmaßnahmen gegen die Pandemie helfen soll. Dabei untersuchte der Computer in 2000 Szenarien auch das Risiko von Aerosolen, also besonders kleinen Tröpfchen, die lange in der Luft schweben und ein Infektionsrisiko darstellen. Der Zeitpunkt ist günstig, denn Japan befindet sich derzeit in einer zweiten Virenwelle. Die Behörden können daher jede Anregung gebrauchen, die Fallzahlen wieder zu drücken.

Masken waren dabei ein zugleich kostengünstiges Mittel, das der Superrechner bewertete. Dichte Masken mit besseren Filtern wirken zwar besser, besonders je kleiner die Tröpfchen sind, zeigte der Superrechner. Aber das Tragen einer Maske an sich unterdrücke auch bei Husten weiten Tröpfchenflug.

"Selbst wenn zwischen dem Wangen- und Nasenbereich der Maske ein Spalt besteht, können die Tröpfchen um 80 Volumenprozent reduziert werden", so Tsubakuro. Auch beim Einatmen helfen die Masken, die Zahl der Tröpfchen zu reduzieren, die in Nase, Rachen und Lunge gelangen. "Am gefährlichsten ist, keine Masekt zu tragen", sagte der Professor.

Auch Klassenzimmer untersuchte der Rechner mit dem Ergebnis, das Diagonallüftung das Infektionsrisiko deutlich senkt. Ein anderer Fall war einen Veranstaltungshalle für 2000 Personen. Die konkrete Halle lässt klimatisierte Luft unter den Sitzen einströmen und saugt sie oben an der Decke wieder ab. In diesem Fall war das Ansteckungsrisiko sehr gering, wenn Abstände zwischen den Besuchern eingehalten und Masken getragen wurden. In diesem Fall halten die Forscher es für möglich, Veranstaltungen mit halber Belegung durchzuführen. Ohne Klimaanlage stieg das Infektionsrisiko jedoch.

Das Team würde nun am liebsten noch mehr konkrete Fälle durchrechnen, um den Virenkampf und gleichzeitig die Lebensqualität der Menschen weiter zu verbessern. Doch auch diese Ergebnisse helfen Japans Clusterjägern sicher weiter, ihre Eindämmungsstrategien zu verbessern. Denn die Pandemie ist wieder aufgeflammt, nachdem Japan das Leben und Arbeiten wieder ein wenig normalisiert hatte.

In Tokio schossen die Fälle im Juli sogar auf mehr als 400 gefundene Neuinfektionen pro Tag empor. Dies war weit höher, als während der ersten Welle, als Japans Regierung mit der Ausrufung des Ausnahmezustands Restaurants und viele Einzelhändler bat, zu schließen. Doch dieses Mal blieben nicht nur die Schulen geöffnet, sondern auch die meisten Geschäfte. Denn da sich mehr junge Menschen ansteckten, wurden weniger Infizierte ernsthaft krank.

Stattdessen baten die Behörden Unternehmen und Menschen, sich freiwillig selbst zu beschränken und wieder stärker sozial zu distanzieren. Nur Restaurants forderte die Tokioter Stadtregierung expliziert auf, nach 22 Uhr zu schließen. Außerdem wurde Tokio von der Reise-Subventionskampagne der Regierung ausgeschlossen. Gleichzeitig dehnten die Gesundheitsbehörden das Testregime aus.

Doch als die Bitten kam, hatten viele Unternehmen bereits reagiert und die Zahl der Präsenztage für ihre Mitarbeiter auf ein bis zwei Tage pro Woche halbiert. Masken werden ohnehin freiwillig von den allermeisten Menschen getragen. Außerdem predigen die Virenjäger seit Monaten, was der Supercomputer nun bestätigt: Die Menschen müssen während der Pandemie besonders Situation meiden, in denen viele Menschen in Räumen zu Gespräch, Gesang, Tanz oder Sport zusammenkommen.

Diese relativ sanften Maßnahmen haben offenbar geholfen, wenigstens den Schwung der neuen viralen Attacke zu brechen. Ende Juli hat die Welle ihren Scheitelpunkt überschritten, meinen die Experten. Am Mittwoch wurden 236 neue SARS-CoV-2-Fälle in der Hauptstadt identifiziert. Vielleicht können die Ergebnisse von Fugaku den Regierungen nun helfen, sowohl die Beschränkungen weiter zu lockern als auch das Virus besser einzudämmen.

(bsc)