Schwarze Löcher – gibt es sie wirklich und wie können wir das wissen?

Schwarze Löcher gehören zu den faszinierendsten Objekten im Universum. Aber wie können wir eigentlich wissen, dass es sie überhaupt gibt?

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Simulation eines rotierenden Schwarzen Lochs vor der Milchstraße

(Bild: Yukterez (Simon Tyran, Wien), Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0)

Lesezeit: 42 Min.
Von
  • Alderamin
Inhaltsverzeichnis

Schwarze Löcher faszinieren seit sie vor mehr als 100 Jahren erstmals vorgeschlagen wurden. Einstein, dessen Allgemeine Relativitätstheorie ihre Grundlage bildet, glaubte nicht an sie, aber wir haben heute eindeutige Hinweise, die kaum einen anderen Schluss zulassen, als dass es diese seltsamen Objekte wirklich gibt. In diesem Artikel möchte ich darlegen, warum Astronomen sie für real halten.

Sie sollen zu tausenden als Zombies explodierter Riesensterne durch die Milchstraße geistern und alles verschlingen, das ihnen zu nahe kommt. Wer das Pech hat, einem Schwarzen Loch in die Quere zu kommen, wird von ihm zu einer Spaghettinudel auseinandergezogen und verschwindet auf Nimmerwiedersehen hinter dem Ereignishorizont. Es gibt sie in kleiner und sehr großer Ausführung mit kaum etwas dazwischen, und bei den ganz großen würde die Spaghettifizierung erst tief in ihrem Inneren stattfinden. In ihnen sollen Zeit und Raum die Rollen vertauschen und man könnte in ihnen rückwärts durch die Zeit reisen. In ihrem Zentrum verbirgt sich ein Punkt unendlicher Dichte oder vielleicht ein komplettes Universum – es ranken sich regelrechte Mythen um Schwarze Löcher.

Richtig ist, dass die meisten von ihnen als Reste von Supernova-Explosionen verbleiben, allerdings muss ein Stern wenigstens 25 bis 30 Sonnenmassen an Startmasse auf die Waage bringen, damit er nicht lediglich als Neutronenstern endet, und solche Sterne sind extrem selten, weniger als 0,01% der Sterne sind so massereich. Die Chance, dass dem Sonnensystem so ein Objekt irgendwann zufällig über den Weg läuft, ist astronomisch klein. Klein sind auch die Abmessungen eines Schwarzen Lochs; die Spaghettifizierung würde tatsächlich stattfinden, wenn man einem stellaren Schwarzen Loch auf ein paar Kilometer nahe käme: dort nimmt die Schwerkraft über den Radius so schnell zu, dass die Kraft, die an den Füßen zieht, viel stärker wäre als diejenige, die auf den Kopf wirkt, was einen letztendlich zerreißen müsste.

Allerdings muss man ihnen dazu extrem nahe kommen – wären sie normale Sterne, dann wäre man in dieser Entfernung von ihrem Zentrum genau so tot, weil man sich bereits tief in ihrem Kern befände. Weiter entfernt ist ihre Schwerkraftwirkung dieselbe wie die jedes anderen Sterns der entsprechenden Masse. Schwarze Löcher sind daher keine Staubsauger, die alles in Reichweite ansaugen und verschlingen; man könnte sie in ein paar Millionen Kilometern Entfernung Milliarden Jahre lang umkreisen, wie jeden anderen Stern auch. Ihre Schwerkraft wird nur deshalb in ihrer unmittelbaren Nähe so hoch, weil sehr viel Masse auf sehr kleinem Raum konzentriert ist.

Auf der anderen Seite gibt es supermassereiche Schwarze Löcher, die Millionen bis Milliarden Sonnenmassen aufbringen. Sie finden sich im Zentrum so gut wie jeder Galaxie und skalieren mit der Größe der Galaxie, so dass man davon ausgeht, dass sie mit den Galaxien zusammen entstehen (der genaue Mechanismus ist aber noch offen). Bei ihnen ist alles sehr viel größer, etwa in der Größenordnung von mehreren Sonnendurchmessern bis über die Größe des Sonnensystems hinaus. Auch der Radius, über den die Schwerkraft zunimmt, und so könnte man ohne viel zu bemerken und vor allem ohne spaghettifiziert zu werden in ein solches hinein fallen. Allerdings hätte man nach Passage des Ereignishorizonts keine Chance, es sich noch einmal anders zu überlegen und umzukehren.

Die Raumzeit fließt am Ereignishorizont gewissermaßen wie ein Wasserfall mit Lichtgeschwindigkeit in das Schwarze Loch hinein, und da sich nichts so schnell wie das Licht bewegen kann, hat man spätestens am Ereignishorizont verloren – von da ab gibt es nur eine Richtung: zum Zentrum hin, so wie die Zeit nur eine Richtung in die Zukunft kennt. Kurz vor dem Erreichen desselben wird man aber auch in einem supermassereichen Schwarzen Loch spaghettifiziert, man hat nur vorher die Gelegenheit, hinter sich das Weltall blauverschoben zu einem Tunnel zusammenschrumpfen zu sehen und dabei in die Zukunft schauen zu können; was den Nachteil hat, dass einen alles Licht, das noch ins Schwarze Loch fällt, grillen würde, weil die Zeit draußen zunehmend schneller verläuft. Falls man nicht schon gleich hinter dem Horizont in Hawkings Feuerwand fällt, aber wer weiß das schon…

Die Entstehung eines stellaren Schwarzen Lochs geschieht durch den Kernkollaps am Ende des Lebens eines sehr massereichen Sterns. In Sternen besteht ein Gleichgewicht zwischen dem Gewichtsdruck des Gases und dem Druck der bei der Fusion im Kern entstehenden Strahlung. Zu Beginn findet in einem kleinen, nur etwa erdgroßen Bereich die Kernfusion von Wasserstoff zu Helium statt. Da es keinen Austausch mit der Materie drumherum gibt, wird der Wasserstoff immer weniger und der Strahlungsdruck lässt nach, so dass der Stern zusammensackt und so Druck und Temperatur erhöht. Die Fusion verlagert sich somit weiter nach außen in eine Schale und der Stern wird ob des größeren an der Fusion beteiligten Volumens heller und heißer, was ihn äußerlich aufbläht. Bei steigendem Druck und Temperatur zündet dann irgendwann auch die Heliumfusion und produziert Kohlenstoff und Beryllium.

Auch das Heliumbrennen wandert irgendwann in eine Schale aus und so baut sich allmählich eine Zwiebelstruktur auf. Die letzte Stufe ist das nur einen Tag dauernde Brennen von Silizium, bei dem zahlreiche Kerne bis hinauf zum Eisen entstehen. Alle Fusionsphasen bis hierher haben Energie erzeugt und stabilisierenden Strahlungsdruck geliefert. Das ist nicht mehr der Fall, wenn Eisenatome beginnen, andere Kerne anzulagern, diese verbrauchen dafür Energie und kühlen das Innere des Sterns rasch ab, was den Strahlungsdruck zum Erliegen bringt.

Wo bei einem Weißen Zwerg die Elektronen zwischen den Atomen noch einen sogenannten Entartungsdruck aufbringen, da sie nach dem Pauli-Prinzip nicht den gleichen Raum im gleichen Quantenzustand bevölkern können und weil die Zahl der Quantenzustände begrenzt ist, ist der Gewichtsdruck in einem Stern von mehr als 10 Sonnenmassen groß genug, sie einfach in die Atomkerne hineinzuquetschen, wo sie sich mit den Protonen unter Freisetzung einer immensen Zahl von Neutrinos zu Neutronen vereinigen, die sich bedeutend dichter packen lassen.

Der Kern des Sterns kollabiert daraufhin im freien Fall zu einer weniger als 30 km durchmessenden Kugel und setzt dabei so viele Neutrinos frei, dass diese dem von außen in den Hohlraum einbrechenden Gas noch einen letzten Widerstand entgegensetzen können und es aufheizen, bis eine den Stern nach außen durchlaufende Druckwelle überall die nukleare Fusion zündet, die ihn in einer gewaltigen Explosion zerreißt.

Doch es verbleibt genug Materie in der Nähe des gerade entstandenen Neutronensterns, die nun auf ihn herabstürzt und ihn über die Kante stößt. Denn oberhalb einer bestimmten Masse, die irgendwo zwischen 2,1 und 3 Sonnenmassen liegt, kann auch ein Neutronenstern seinen eigenen Gewichtsdruck nicht mehr tragen. Die Physiker Tolman, Oppenheimer und Volkoff haben 1939 ausgerechnet, dass oberhalb der nach ihnen benannten Tolman-Oppenheimer-Volkoff-Grenze (TOV-Grenze) der Neutronenstern nicht mehr stabil sein kann, weil die Teilchen alle quantenmechanischen Energieniveaus besetzt haben (ähnlich wie die Elektronen an der bekannteren Chandrasekhar-Grenze zwischen Weißen Zwergen und Neutronensternen), was ihrem maximal möglichen Gegendruck eine Obergrenze setzt.

Darüber hinaus ist keine Kraft bekannt, die der Schwerkraft noch Paroli bieten könnte – und der Neutronenstern stürzt zu einer Punktmasse in sich zusammen, die hinter einem Ereignishorizont verschwindet, an dem die Zeit scheinbar zum Stillstand kommt, an dem der Schwerkraft nichts mehr entkommen kann, kein Licht, nicht einmal die Kausalität selbst – ein Schwarzes Loch.

So behauptet es jedenfalls die moderne Astrophysik. Aber wie kann sie Aussagen über Bedingungen machen, die in keinem Labor der Welt reproduziert oder erforscht werden können? Gilt Physik nicht immer nur in den Grenzen, in denen sie durch Messungen oder Beobachtungen verifiziert werden kann? Gibt es am Ende vielleicht gar keine Schwarzen Löcher?

Einstein selbst glaubte jedenfalls nicht an sie. Obwohl der Begriff erst 1960, fünf Jahre nach seinem Tod, geprägt wurde, ist die Idee der dunklen Sterne schon viel älter, älter noch als die Relativitätstheorie selbst, die ihrem heutigen Modell zugrunde liegt. Schon 1784 veröffentlichte der britische Astronom und Kleriker John Michell eine Berechnung, dass ein Objekt mit 500 Sonnendurchmessern und durchgehend der gleichen Dichte wie die Sonne nach Newtons Gravitationsgesetz eine Fluchtgeschwindigkeit an der Oberfläche haben würde, die der Lichtgeschwindigkeit entspräche, womit ihm kein Licht entkommen könnte – ein „Dunkler Stern“, wie Michell dieses hypothetische Objekt nannte.

1915 entwickelte Albert Einstein aus den Postulaten, dass die Lichtgeschwindigkeit in allen Bezugssystemen gleich groß ist (eine durch Messungen bestätigte Beobachtung) und der Gleichwertigkeit von Beschleunigung und Gravitation seine Allgemeine Relativitätstheorie (ART), der zufolge eine Masse Raum und Zeit um sich herum krümmt. Dies wird gerne qualitativ durch ein Gummituch versinnbildlicht, auf welches man ein Gewicht legt, welches das Tuch eindellt. Kein wirklich gelungenes Bild, denn schließlich ist es die echte Schwerkraft, die das Tuch eindellt, und zwar in eine höhere (im Falle des Tuchs die dritte) Dimension, wobei das zweidimensionale Tuch für unseren dreidimensionalen Raum stehen soll.

Lässt man Murmeln über die Oberfläche des Tuchs laufen, rollen sie auf Bahnen um das Gewicht herum, die denen von Keplerorbits ähneln, was aber weniger an dem eingedellten Tuch, sondern vor allem an der Schwerkraft der Erde liegt, die sie in die Vertiefung rollen lässt, die sie aber dank der Fliehkraft auf der gekrümmten Tuchoberfläche meiden können. Das eingedellte Tuch legt außerdem eine vierte Raumdimension in der ART nahe, in die sich der Raum krümmt, aber eine solche Dimension kommt in den Gleichungen der ART gar nicht vor, sondern nur die drei Raumdimensionen und die Zeit.

Verzerrung der Raumgeometrie in der Nähe einer Masse im „Gummituch-Modell“. Licht folgt kürzesten Strecken in der verzerrten Geometrie.

(Bild: Pk0001, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0)

Tatsächlich verändert die Masse die Geometrie der Raumzeit um sich herum. So gilt zum Beispiel, dass der Umfang eines Kreises um eine Masse kleiner ist als 2·π mal seinem Radius, so wie es etwa auf einer Kugeloberfläche der Fall ist. Zum Beispiel misst der Äquator einer Kugel nur viermal den Abstand vom Pol zum Äquator, welcher dem Radius des Äquators entlang der Kugeloberfläche entspricht. Neben der Verzerrung der Raumgeometrie wird auch der Zeitverlauf in der Nähe einer Masse verzerrt: sie läuft umso langsamer, je näher man der Masse kommt („gravitative Zeitdilatation“).

Beide Effekte wurden durch zahlreiche Experimente bestätigt, etwa die Raumkrümmung anhand der Lichtablenkung im Schwerefeld, die die Position von Sternen in der Nähe der Sonne während der Sonnenfinsternis vom 29. Mai 1919 veränderten, das berühmte Experiment von Sir Arthur Eddington. Noch genauere Messungen gelangen mit Radioteleskopen, die exakt vermaßen, wie die Sonne die Position ferner Radioquellen bei ihrem Vorbeiziehen an diesen veränderte.

Den Effekt der Zeitdilatation im Schwerefeld wiesen wiederum Joseph C. Hafele und Richard E. Keating 1971 in einem berühmten Experiment nach, bei dem sie präzise Cäsium-Atomuhren in Linienjets um die Erde schickten und nachwiesen, dass die Uhren im Flugzeug schneller als auf der Erde verbliebene Referenzuhren gelaufen waren.

Schwerkraft ist nun nichts anderes als das Bestreben einer Masse oder eines Photons, den kürzesten Weg zwischen zwei Raumzeitpunkten durch die gekrümmte Raumzeit zu nehmen. Ein solcher Weg wird in der Sprache der Geometrie „Geodäte“ genannt (Schiffe und Flugzeuge bewegen sich bei Fernreisen, wenn möglich, auf Geodäten der Erde, das sind Abschnitte von Großkreisen, deren Mittelpunkt das Erdzentrum ist). Zu erläutern, wie genau vor allem durch die Zeitdilatation ein Steinwurf zu einer Parabel wird, würde hier zu weit führen, ist aber auf der Seite meines Scienceblogs-Kollegen Martin Bäker anschaulich anhand eines Beispiels erklärt.

Einstein formulierte die Allgemeine Relativitätstheorie in Form seiner „Feldgleichungen“, die die räumliche Verteilung von Masse / Energie (aber auch Druck oder dem Fluss von Masse / Energie, sowie weiteren Größen) in Beziehung zur resultierenden Raumzeitkrümmung setzen. Die Lösung der Gleichungen in geschlossener Form ist nur für bestimmte einfache Topologien möglich, und eine der einfachsten ist eine kugel- oder punktförmige Massenverteilung. Der Physiker Karl Schwarzschild fand schon wenige Monate nachdem Einstein seine Feldgleichungen veröffentlicht hatte, eine Lösung für diesen Fall. Und die besagte unter anderem, dass das Licht einer beliebigen (nicht rotierenden, nicht geladenen) Masse M, die auf einen Radius von weniger als rs = 2GM/c² (ihrem „Schwarzschildradius“) komprimiert ist, innerhalb dieses Radius nicht mehr entkommen kann – der Ereignishorizont für ein nichtrotierendes, nicht geladenes Schwarzes Loch. G ist hierbei die Gravitationskonstante (6,6743·10-11 m³/(kg·s²)).

Mit der Masse M in Sonnenmassen MSonne wird die Gleichung einfacher: rs = 2,95 km · M[MSonne]. Ein Objekt von drei Sonnenmassen hat also zum Beispiel einen Schwarzschildradius von knapp 9 km. Auch die Erde hat einen Schwarzschildradius, er beträgt 0,9 cm. Allerdings ist es schwer, die Erde in eine Kugel von 0,9 cm Radius zu quetschen. Wenn man dies allerdings schafft (oder wenn die Schwerkraft bei einem hinreichend schweren Stern dies erledigt), dann schrumpft die Masse gemäß der Schwarzschild-Lösung zu einem Punkt, der Singularität zusammen.

Bei rotierenden Schwarzen Löchern wird die Raumzeit insgesamt mitgezogen (auch dies wurde im Experiment im Schwerefeld der Erde nachgewiesen), deshalb kann man ein rotierendes Schwarzes Loch enger umkreisen und der Ereignishorizont ist hier nicht mit dem Schwarzschildradius identisch. Roy Kerr fand die Lösung für rotierende Schwarze Löcher 1963: hier ist die Singularität kein Punkt, sondern ein unendlich dünner Ring, der mit zunehmender Rotation wächst, während der Ereignishorizont schrumpft. Bei maximaler Rotation berührt die Ringsingularität den Ereignishorizont beim halben Schwarzschildradius (rg = GM/c², auch „Gravitationsradius“ genannt), und die Raumzeit rotiert am Ereignishorizont mit Lichtgeschwindigkeit. Bei kleiner Rotation geht die Lösung in die von Schwarzschild über mit einer zum Punkt schrumpfenden Ringsingularität und einem Ereignishorizont bei rs = 2 rg.

Neutronensterne liegen mit ihren Radien schon in der Größenordnung ihres Schwarzschildradius. Aber – woher weiß man überhaupt, wie groß ein Neutronenstern ist? Diese Objekte sind viel zu klein, als dass man ihren Durchmesser direkt beobachten könnte, und so muss man ihre Radien indirekt bestimmen. Eine Möglichkeit sind Pulsare, bei denen es sich um rotierende Neutronensterne handelt, deren gegen die Rotationsachse verkipptes Magnetfeld bei jeder Umdrehung einen Radiopuls erzeugt. Aus der Pulsfrequenz kann man somit auf die Rotationsgeschwindigkeit schließen. Es lässt sich leicht ausrechnen, bei welcher Rotationsrate die Fliehkraft einen Neutronenstern zerreißen würde. Der am schnellsten rotierende Pulsar dreht sich 716 Mal pro Sekunde; wenn er 2 Sonnenmassen oder weniger hat, darf er demgemäß nicht mehr als 17 km Radius haben – dies ist als Obergrenze zu verstehen, er kann deutlich kleiner sein, nur keinesfalls größer.

Schwieriger und nur für Neutronensterne mit bekannten Entfernungen möglich – entweder für solche, die nahe genug sind, dass man ihre Parallaxe messen kann oder für solche, die sich in Sternhaufen bekannter Entfernung befinden – ist der Rückschluss auf ihren Durchmesser aus ihrer thermischen Röntgenleuchtkraft. Diese Leuchtkraft hängt, wie die aller Temperaturstrahler, von der Temperatur und der Größe ihrer Oberfläche ab. So bestimmt man auch die Durchmesser von Sternen, allerdings anhand ihrer Leuchtkraft im Sichtbaren und Infraroten. Die Temperatur lässt sich aus derjenigen Röntgenfrequenz bestimmen, bei der das Maximum der Ausstrahlung liegt. Aus der Entfernung und der beobachteten Helligkeit kann man auf die Leuchtkraft schließen und zusammen mit der Temperatur auf die Oberfläche und damit den Radius. Dabei muss jedoch im Unterschied zu Fixsternen die Zeitdilatation berücksichtigt werden, die sich auf die abgestrahlte Frequenz und Leistung auswirkt, und dafür braucht man die Masse. Bisher gelang es bei einem nahen Neutronenstern, RX J1856-4754, mit dieser Methode den Radius zu bestimmen, aber seine Masse ist unbekannt, da er keinen Stern umkreist. Die Masse von Neutronensternen kann man bei solchen im Orbit um Sterne bekannter Massen bestimmen, die sich wiederum aus den Eigenschaften des umkreisten Sterns ermitteln lässt. So bestimmte Pulsarmassen liegen alle zwischen 1,2 und 2,7 Sonnenmassen.

Für RX J1856-4754 kam man auf einen Radius von 11,4±1,1 km, wenn der Neutronenstern mit 1,4 Sonnenmassen an der unteren Massengrenze liegt, und auf 14,3±1 km, falls er an der oberen Grenze liegt. Für 8 Pulsare in Kugelsternhaufen fand man Durchmesser zwischen 9,5 und 13,7 km.

Größe eines Neutronensterns im Vergleich zur Stadt Hannover.

(Bild: NASA's Goddard Space Flight Center, Goddard Media Studios, gemeinfrei)

Schließlich kann man für Neutronensterne, auf denen einfallendes Material von einem Begleitstern nach Verdichtung und Aufheizung thermonuklear zündet und eine expandierende leuchtende Hülle (Photosphäre) erzeugt („Photospheric Radius Extension Burst“) den Radius bestimmen. Die maximale Helligkeit wird bei größter Oberfläche erzeugt, die erreicht wird, wenn der Strahlungsdruck der Explosion sich im Gleichgewicht mit der Anziehungskraft des Neutronensterns befindet. Hier geht die Masse des Neutronensterns schon mit ein. Aus der Leuchtkraft der Photosphäre konnten Feyal Özel und Paulo Freire für Neutronensterne von 1,5 Sonnenmassen einen Radius zwischen 9,9 und 11,2 km bestimmen. Drei sehr unterschiedliche Messmethoden bestätigen also, dass Neutronensterne wirklich sehr kompakte Objekte sind. Ihre Dichte ist demnach ein bis zweimal so hoch wie die von Atomkernen (ca. 300 Millionen Tonnen pro Kubikzentimeter), was somit ein Beleg dafür ist, dass sie tatsächlich aus verdichteten Kernteilchen bestehen.

Neutronensterne haben also nicht viel Luft nach unten. Aber wer sagt, dass die TOV-Grenze die letztmögliche ist? Was wissen wir schon über die Physik bei Drücken, wie sie innerhalb von Neutronensternen herrschen müssen?

Tatsächlich wird spekuliert, ob es nicht eine weitere Stufe der Stabilität geben könnte: Quarksterne. In Quarksternen könnten die Neutronen ihre Identität verlieren, aus drei Quarks zu bestehen (einem Up- und zwei Downquarks) und ein Plasma aus freien Quarks und den sie verbindenden Austauschteilchen, den Gluonen bilden, so wie Atomkerne beim Übergang zum Neutronenstern ihre Identität als chemische Elemente verlieren und sich zu einem strukturlosen Fluid aus Neutronen formen. Bei besonders hohen Drücken könnten sich Up- und Down-Quarks zum Teil in Strange-Quarks umwandeln, die noch dichter gepackt werden können: solche hypothetischen Objekte werden „Strange-Stars“ oder „seltsame Sterne“ genannt. Über ein solches Quark-Gluonen-Plasma wissen wir zu wenig, um definitive Aussagen über die Größe und Dichte möglicher Quarksterne machen zu können, da wir es nicht im Labor oder Beschleuniger erzeugen können – zumindest nicht unter Temperaturbedingungen vergleichbar mit denen in einem Quarkstern.

Sie wären jedenfalls dichter als Neutronensterne, also bei gleicher Masse kleiner, und vermutlich von einer Hülle aus Neutronen und ganz außen Atomen umgeben, so dass sie äußerlich Neutronensternen gleichen würden. Die Suche nach überdichten Neutronensternen ist derzeit im Gange. Als möglicher Kandidat galt der Pulsar XTE J1739-285 mit einer zunächst veröffentlichten Rotationsfrequenz von 1122 Umdrehungen pro Sekunde, die jedoch von anderen Forschern nicht verifiziert werden konnte. Einige andere Kandidaten werden noch untersucht. Keiner konnte bisher eindeutig von gewöhnlichen Neutronensternen unterschieden werden.

Aber auch Quarksterne sollen eine obere Massengrenze von 3,2 Sonnenmassen haben. Am Ende ist der Kollaps bei weiterer Massenzunahme nämlich unvermeidlich: wie weiter oben schon angeklungen verursacht nicht nur Masse bzw. das Masseäquivalent der Energie nach E=mc² Schwerkraft, sondern neben anderen Größen auch der Druck. Wenn man etwa ein Gas in einem Kolben komprimiert, leistet man Kompressionsarbeit, die dann im Druck steckt; der wieder Arbeit leisten kann, wenn man ihn den Kolben gegen einen Widerstand hinausschieben lässt. Energie ist physikalisch definiert als die Fähigkeit, Arbeit zu verrichten, also ist im Druck des Gases Energie gespeichert, und Energie hat ein Masseäquivalent, das die Raumzeitkrümmung beeinflusst und Schwerkraft erzeugt. Bei den hohen Drücken in einem Neutronenstern beginnt der Einfluss der Eigenschwerkraft des Drucks allmählich eine Rolle zu spielen.

Packt man weiter Materie auf den Neutronenstern, so nimmt der Druck einerseits durch das zusätzliche Gewicht der Masse zu, zum Zweiten durch die zusätzliche Gravitation der Masse und zum Dritten durch die eigene Gravitationswirkung des Drucks, was wiederum den Druck erhöht. Man kann ausrechnen, dass der Gewichtsdruck einer Masse, die auf 9/8 ihres Schwarzschildradius komprimiert wird, durch diese Selbstverstärkung in ihrem Zentrum unendlich groß wird, und dann spielt es keine Rolle mehr, woraus die Masse besteht und wie groß die in ihr wirksamen Teilchenkräfte sind, dann gibt es kein Halten mehr.

Kann denn die Ausdehnung der Masse nicht stets größer bleiben als 9/8 Schwarzschildradien? Nein, denn der Schwarzschildradius wächst viel schneller mit der Masse als der Radius. Die Masse einer Kugel wächst mit dem Volumen, und dieses mit der dritten Potenz des Radius. Eine Kugel mit dreifachem Radius hat das 2³ = 8-fache Volumen und somit mindestens die achtfache Masse (wenn die Dichte durch Kompression steigt, sogar noch mehr). Ein Neutronen- oder „Irgendwas“-Stern von 16 Sonnenmassen hätte also höchstens den doppelten Radius eines Neutronensterns von 2 Sonnenmassen, der mit obigem bei höchstens rund 14 km liegt: 28 km. Der Schwarzschildradius nimmt hingegen linear mit der Masse zu: 16 Sonnenmassen haben einen Schwarzschildradius von 16·2,95 km = 47,2 km, also muss ein solches Objekt ein Schwarzes Loch sein (wenn es nicht schnell rotiert – dann ist aber spätestens bei ~30 Sonnenmassen Schicht).

Irgendwann braucht die Dichte der eingeschlossenen Masse dann nicht einmal mehr dramatisch hoch zu sein: Eines der massereichsten Schwarzen Löcher, das wir kennen, liegt im Zentrum der Galaxie Messier 87 und es wurde zu 6,5 Milliarden Sonnenmassen bestimmt. Diese haben einen Schwarzschildradius von 19 Milliarden Kilometern (knapp 130 Astronomische Einheiten, rund 4x der Radius der Neptunbahn). Dividiert man die 6,5 Milliarden Sonnenmassen durch das Volumen einer Kugel dieses Schwarzschildradius, kommt man auf eine mittlere Dichte von nur 500 Gramm pro Kubikmeter – die Dichte von Luft beträgt bei Normaldruck 1,2 kg/m³. Würde man also ein kugelförmiges Volumen von 130 AE Radius mit Luft bei halbem Normaldruck anfüllen, hätte man ein Schwarzes Loch erzeugt!

So weit die Theorie, aber die ist grau – welche Beobachtungshinweise gibt es für Schwarze Löcher? Schwarze Löcher selbst sind natürlich unsichtbar, aber viele verraten sich durch eine Materiescheibe aus einfallendem Gas, die sich um sie herum angesammelt hat. Aufgrund der Erhaltung des Drehimpulses und der Energie kann dieses nämlich nicht geradewegs in sie hineinstürzen, sondern muss zunächst seine aus dem freien Fall stammende, erhebliche Bewegungsenergie in Wärme umwandeln, die abgestrahlt wird.

Das erste als gesichert geltende Schwarze Loch war Cygnus X-1, eine Röntgenquelle (Röntgenstrahlung: engl. „X-ray“) im Sternbild Schwan (lat. Cygnus). An der Stelle der Röntgenquelle fand sich ein Blauer Riesenstern von über 30 Sonnenmassen, der im Rhythmus von 5,6 Tagen von einem unsichtbaren, ihn in 14 Millionen Kilometern (20 Sonnenradien) umkreisenden Objekt von 15 Sonnenmassen hin- und hergezerrt wird, was sich anhand der periodischen Verschiebung der Wasserstofflinien in seinem Spektrum nachweisen ließ; mit derselben Methode werden heute Planeten anderer Sterne nachgewiesen. 15 Sonnenmassen waren eindeutig über dem Limit für einen Neutronenstern.

Die Röntgenstrahlung führte man auf Gas zurück, das vom Riesen, der selbst 16 Sonnenradien hat, zum Objekt überfließt und sich in einer Scheibe um das Schwarze Loch sammelt, wo es sich mechanisch und magnetisch auf Millionen K aufheizt und somit die Quelle der Röntgenstrahlung bildet. Aufgrund des Flackerns der Strahlung im Millisekundenbereich konnte man schließen, dass die Quelle nur wenige dutzend Kilometer ausgedehnt sein konnte. Synchrotron-Radiostrahlung deutet auf das Vorhandensein eines Jets hin, das heißt eines entlang Rotationsachse ausgestoßenen Strahls von geladenen Teilchen, die durch die Magnetfelder der rotierenden Scheibe erzeugt wird (die als Plasma aus freien Elektronen und Atomkernen elektrisch leitend ist und durch ihre Rotation elektrische Ströme mit zugehörigen Magnetfeldern generiert).

Im Röntgenspektrum nachgewiesene Spektrallinien zeigen einen starken Dopplereffekt durch den schnellen Umlauf des Gases (halbe Lichtgeschwindigkeit bei 670 Umläufen pro Sekunde!); aus der Geschwindigkeit der Rotation kann man auf einen inneren Radius der Scheibe von 38 km schließen – das sind 1,7 Gravitationsradien, weniger als ein Schwarzschildradius und somit ein Hinweis darauf, dass das Schwarze Loch von Cygnus X-1 sehr schnell rotieren muss.

Künstlerische Darstellung des Systems Cygnus X-1, das aus einem blauen Riesenstern und einem Schwarzen Loch besteht, welches Materie vom Riesen abzapft und durch seine im Röntgenlicht strahlende Akkretionsscheibe sichtbar wird.

(Bild: NASA, ESA, Martin Kornmesser (ESA/Hubble), Spacetelescope.org, CC BY-SA 4.0)

Es wurden noch eine ganze Reihe ähnlicher Röntgendoppelsterne, auch „Mikroquasare“ genannt, gefunden, bei denen die Masse des kompakten Objekts zwischen 5 und 15 Sonnenmassen liegt.

Beobachtet man die Bewegung der Sterne oder von Gas in den Zentren von Galaxien, so findet man, dass sie sich so rasch bewegen, dass sie Millionen oder Milliarden von Sonnenmassen umkreisen müssen. Manchmal sind sie Quellen von Röntgen- und Radiostrahlung, die mit Perioden von Stunden oder Tagen in der Helligkeit schwanken können, was auf Abmessungen der Quelle in der Größenordnung unseres Sonnensystems hindeutet – ein Volumen, das viel zu klein ist, um eine ihrer Masse entsprechende Menge von Sternen unterzubringen. Auch unsere Milchstraße enthält in ihrem Zentrum im Schützen (lat. Sagittarius) eine solche Masse, die als Radioquelle Sagittarius A* (Sgr A*) bekannt ist.

Seit 1995 beobachtet das Keck-Teleskop auf dem Mauna Kea auf Hawaii eine Gruppe von Sternen im den galaktischen Staub durchdringenden Infrarotlicht, die dieses Objekt umkreisen. Aus ihrer Bewegung kann auf eine Masse von 4 Millionen Sonnenmassen geschlossen werden – ohne dass sich an der entsprechenden Stelle irgendein konkretes Objekt beobachtungstechnisch dingfest machen ließe.

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2008 untersuchten Ramesh Narayan und Jeffery McClintock vom Harvard Center für Astrophysik in Cambridge, Massachusetts, den langsamen Zufluss von verdünntem heißem Gas auf mutmaßliche Schwarze Löcher und Neutronensterne mit vergleichbaren Zuflussraten. Die Neutronensterne erwiesen sich dabei um den Faktor 100-1000 Mal leuchtkräftiger als vergleichbare Kandidaten für Schwarze Löcher. Die Erklärung der Astronomen ist, dass auf die Neutronensterne stürzende Materie beim Aufprall auf die feste Oberfläche harte Röntgenstrahlung erzeugt; es ist wohlbekannt, dass eine der effizientesten Möglichkeiten Energie zu erzeugen diejenige ist, Materie auf einen Neutronenstern zu schmeißen, denn sie prallt dort mit ~1/3 der Lichtgeschwindigkeit auf, was 1/2 m(c/3)² an Bewegungsenergie bedeutet – mehr als 5% der Ruhemasse werden in thermische Strahlung umgewandelt. In ruhigen Phasen beobachtet man bei den Neutronensternen langwelligere „weiche“ thermische Röntgenstrahlung, die von ihrer aufgeheizten Oberfläche abgestrahlt wird. Bei einem Schwarzen Loch gibt es hingegen keine feste Oberfläche, sondern die Materie verschwindet spurlos hinter einem Ereignishorizont.

Bei den von den Astronomen untersuchten Schwarzen Löchern fehlte die weiche Röntgenkomponente. Sgr A* weist ebenfalls einen geringen kontinuierlichen Zufluss von 10 Milliarden K heißem Gas auf, das etwa 1029 Watt an Leuchtkraft aufbringt. Demgemäß sollte eine mutmaßliche Oberfläche von Sgr A*, aufgeheizt vom einfallenden Gas, mindestens dieselbe Leistung bei geringeren Temperaturen (das dünne Gas kann eine massive Oberfläche nicht auf eine so hohe Temperatur aufheizen, da sie viel effizienter Wärme abstrahlen kann) und größerer Wellenlänge wieder ausstrahlen – was jedoch nicht beobachtet wird.

Bereits seit 2008 ist das Gravitationswellenteleskop LIGO in Betrieb, aber erst nach einer Aufrüstung mit empfindlicheren Detektoren gelang am 14. September 2015 der erste Nachweis eines Gravitationswellenereignisses, GW150914. Das Ereignis wurde mit einem Laufzeitunterschied von 6,9 ms von den beiden Geräten, eines im Nordosten der USA in Hanford, Washington, eines im Süden in Livingston, Louisiana, nachgewiesen. Es dauerte 0,2 Sekunden und steigerte sich bei wachsender Amplitude innerhalb von 10 Zyklen von einer Anfangsfrequenz von 30 auf 150 Schwingungen pro Sekunde (Hz), gefolgt von einer 4 ms langen Ausklingphase mit 250 Hz. Das Signal hatte exakt die Struktur, die für die Verschmelzung von zwei kompakten, massiven Objekten aufgrund des durch die Abstrahlung von Gravitationswellen verfallenden Orbits erwartet worden war.

Nach der Allgemeinen Relativitätstheorie sollten alle umeinander kreisende Massen Gravitationswellen abstrahlen, ähnlich wie kreisende Ladungsträger elektromagnetische Wellen abstrahlen (Synchrotronstrahlung). Indirekt war der Effekt bereits beim Hulse-Taylor-Doppelpulsar nachgewiesen worden, einem Pulsar, der einen anderen Neutronenstern eng umkreist und dessen Orbit mit genau der Rate verfällt und kleiner wird, wie von der Relativitätstheorie vorhergesagt. Auch die Erde strahlt beim Umlauf um die Sonne Gravitationswellen ab, allerdings nur etwa 200 Watt an Leistung, um Größenordnungen zu wenig, um irgendeine Auswirkung auf die Erdbahn zu haben.

Ganz anders bei GW150914: aus der Frequenz der Signale folgt die Umlaufgeschwindigkeit (bei der Verschmelzung 75 Umläufe pro Sekunde in 350 km Entfernung mit 0,6-facher Lichtgeschwindigkeit) und die Gesamtmasse der beteiligten Objekte (65 Sonnenmassen), aus der Anstiegsrate der Frequenz folgt das Massenverhältnis (6:7 und damit die Einzelmassen, 30 und 35 Sonnenmassen), aus der Amplitude der Welle die Leistung (in der Spitze 3,6·1049 W – 50 Mal mehr als alle Sterne im sichtbaren Universum zusammen an Leistung abstrahlen!) und aus der Ausklingphase die finale Rotationsgeschwindigkeit und die verbliebene Masse (125 Umdrehungen pro Sekunde, 62 Sonnenmassen). Die drei Sonnenmassen Differenz zur Anfangsmasse entsprechen der Energie, die als Gravitationswellen abgestrahlt wurde. Aus der Leuchtkraft folgte eine Entfernung von 1,4 Milliarden Lichtjahren.

Der Abstand der Objekte kurz vor der Verschmelzung verlangt, dass diese eine Million Mal dichter sein müssen als ein weißer Zwerg und 100 Mal weniger dicht als ein Neutronenstern, was kompatibel mit den Abmessungen der Ereignishorizonte Schwarzer Löcher ist. Simulationen zeigen, dass die Ereignishorizonte bei der Verschmelzung elliptisch verformt werden und sich dann berühren.

Phasen der Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher im Vergleich zum Gravitationswellensignal von GW150914 (aus der Messung rekonstruiertes Signal in Grau vs. rechnerisches Modell in Rot). Unten der Abstand der Schwarzen Löcher in Schwarzschildradien (schwarze Kurve / rechte y-Achse) und die Geschwindigkeit des Umlaufs in Bruchteilen der Lichtgeschwindigkeit c (grüne Kurve / linke y-Achse)

(Bild: B. P. Abbott et al. (LIGO Scientific Collaboration and Virgo Collaboration), Phys. Rev. Lett. 116, 061102, CC BY 3.0)

Seither fanden LIGO und der in Italien installierte Detektor Virgo 50 Ereignisse in drei Beobachtungskampagnen (die dritte, welche alleine 39 der Ereignisse lieferte, wurde wegen Covid-19 vorzeitig beendet). Die massivste Verschmelzung war die eines 85-Sonnenmassen-Objekts mit einem von 66 Sonnenmassen zu einer Restmasse von 142 Sonnenmassen. Solche Objekte liegen weit über der möglichen Masse von Neutronensternen oder Quarksternen.

Am 10. April 2019 wurde endlich das erste Bild eines Schwarzen Lochs (bzw. seines Schattens) der Öffentlichkeit präsentiert. Mit wenigen Dutzend Kilometern Durchmesser in tausenden Lichtjahren Entfernung sind stellare Schwarze Löcher viel zu klein für eine Abbildung im Teleskop, dessen Auflösung durch die Wellenlänge und den Durchmesser bestimmt sind. So kann das Hubble-Weltraumteleskop nur etwa 1/10 Winkelsekunde auflösen, etwa der Sehwinkel eines Cent-Stücks in 35 km Entfernung, 200 m auf dem Mond oder 70 km auf der Sonne. Für ein stellares Schwarzes Loch in der Entfernung der Sonne würde das eben noch reichen, aber das nächste bekannte ist 60 Millionen Mal weiter entfernt. Anders sieht es bei supermassereichen Schwarzen Löchern aus.

Prof. Heino Falcke hatte vor 25 Jahren ausgerechnet, dass das Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße eben gerade groß genug sein könnte, um es mit einem Radioteleskop von den Abmessungen der Erde bei Wellenlängen von 1 mm auflösen zu können und seither das Projekt „Event Horizon Telescope“ (EHT) auf die Beine gestellt. In diesem brachte er Fördermittel und mehrere Forscherteams aus Europa und den USA mit ihren auf der ganzen Welt verteilten Millimeterwellen-Radioteleskopen zusammen, um 10 Tage lang zur gleichen Zeit gemeinsam Sgr A* und ein paar andere Objekte, darunter das Zentrum der Riesengalaxie Messier 87 (M87), aufzunehmen. Die Radioteleskope zeichneten die einlaufenden Radiowellen mit von Atomuhren gelieferten exakten Zeitstempeln auf. Computer suchten in den Monaten und Jahren danach nach den identischen Wellenfronten für alle Paare von Radioteleskopen, was nur durch sehr viel Ausprobieren möglich war, denn die Positionen der Teleskope auf der sich drehenden Erde mit ihren wandernden Kontinenten konnte mit keinem Navigationssystem annähernd genau genug bestimmt werden.

Radiobild des supermassereichen Schwarzen Lochs in der Galaxie Messier 87 mit dem Sonnensystem im Größenvergleich. Der dunkle Schatten im Zentrum erscheint 2,6 Mal größer als der Ereignishorizont; er ist das durch die Gravitationslinsenwirkung in der Umgebung des Schwarzen Lochs vergrößerte Bild des Ereignishorizonts.

(Bild: The Event Horizon Collaboration / xkcd, M87 Black Hole Size Comparison, CC BY 3.0)

Aus den Daten ließ sich so das Bild eines Teleskops mit den Abmessungen der Erde (und der Fläche aller Einzelteleskope) rekonstruieren. Für Sgr A* gelang es zwar nicht, aber das mit 53 Millionen Lichtjahren 2000 mal weiter entfernte Schwarze Loch im Zentrum von M87 war 1500 Mal größer und vor allem viel ruhiger als Sgr A*, so dass hier die Aufnahme gelang. Das Bild zeigt einen hellen Ring um eine dunkle kreisförmige Zone. Der helle Ring besteht aus Radiostrahlung, die im Umfeld des Schwarzen Lochs und seiner Akkretionsscheibe entsteht, und der dunkle Fleck in der Mitte ist der „Schatten“ des Schwarzen Lochs: kehrte man den Lichtweg um und sendete parallele Lichtstrahlen auf das Schwarze Loch zu, dann würden die Strahlen, die den Schatten treffen, von der Schwerkraft auf Umlaufbahnen gezwungen, die schließlich am Ereignishorizont endeten, während solche außerhalb des Schattens dem Schwarzen Loch noch entkämen – umgekehrt kann den Beobachter Licht nur von außerhalb des Schattens erreichen. Der Schatten misst etwa 2,6 Schwarzschildradien. Man könnte sagen, das Schwarze Loch bildet seine eigene Lupe und zeigt uns den Ereignishorizont vergrößert.

Aus dem Winkeldurchmesser des Schattens folgt eine Masse des Schwarzen Lochs von 6,5 Milliarden Sonnenmassen, die hervorragend zu früheren Massenbestimmungen von 6,6…7,2±0,4 Milliarden Sonnenmassen passt, eine großartige Bestätigung. Der wichtigste Beleg und die größte Erkenntnis ist hierbei, dass der Ereignishorizont wie erwartet linear mit der Masse skaliert, genau so, wie von der Allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagt, während der Radius eines massiven Objekts höchstens mit der dritten Wurzel der Masse wachsen sollte. Daher ist die mittlere Dichte des Schwarzen Lochs in M87 nicht die eines Neutronensterns, sondern kleiner als die von Luft bei Normaldruck.

Sind damit Schwarze Löcher endgültig bewiesen? Nein, denn in der Naturwissenschaft gibt es keine endgültigen Beweise. Beobachtungen können nur Datenpunkte liefern, die entweder eine Theorie stützen oder ihr widersprechen. Im letzteren Fall ist die Theorie dann offensichtlich falsch, aber noch so viele passende Datenpunkte können nicht ausschließen, dass irgendwann ein Datenpunkt gefunden wird, den die Theorie nicht erklären kann – wie etwa die über 200 Jahre lang etablierte Gravitationstheorie von Newton nicht den Wert der Lichtablenkung im Schwerefeld der Sonne erklären konnte.

Kopfschmerzen macht den Physikern vor allem das, was die Allgemeine Relativitätstheorie für die hinter dem Ereignishorizont verborgene Masse vorhersagt, nämlich dass sie zu einem Punkt, einer Singularität (oder einem unendlich dünnen Ring, einer Ringsingularität) schrumpfen soll. Damit steht sie im Konflikt mit der hervorragend verifizierten Quantentheorie, die zum Beispiel besagt dass bei beliebig feiner Einschränkung des Orts eines Teilchens dessen Impuls unendlich groß wird. Außerdem scheinen Schwarze Löcher Information zu vernichten („Informationsparadoxon“), denn sie haben nur drei Eigenschaften, Masse, Drehimpuls und Ladung, alle anderen Details scheinen beim Kollaps unwiederbringlich verloren zu gehen, während Information in der Quantentheorie als Erhaltungsgröße gilt. Daher sucht man nach einer widerspruchsfreien Vereinheitlichung beider Theorien, einer Quantengravitationstheorie, bisher mit mäßigem Erfolg.

Was als Alternative nicht funktioniert, ist die Annahme, dass Materie einfach bei weiterem Schrumpfen wieder einen stabilen Zustand erreicht. Wir haben gesehen, dass der Ereignishorizont ihr bei zunehmender Masse über den Kopf wachsen muss, sogar wenn sie dünn ist wie Luft. Die alternativen Theorien sind daher um einiges exotischer. Sie müssen aber auf bekannten oder in der Entwicklung befindlichen Theorien aufsetzen und überprüfbare Vorhersagen machen.

Zu den letzteren gehören die Schleifen-Quantengravitation und die Stringtheorie. In der Schleifen-Quantengravitation ist der Raum gequantelt, das heißt er besteht gewissermaßen aus „Pixeln“. In ihr gibt es demnach keine Punkte und keine unendliche Dichte. Damit wäre der Quantentheorie bereits Genüge getan und Schwarze Löcher würden makroskopisch genau so funktionieren, wie gedacht; nur das Informationsparadoxon bliebe offen (bzw. müsste anders gelöst werden).

Im Rahmen der supersymmetrischen Stringtheorie wurden als Alternative zu Schwarzen Löchern die „ Fuzzballs“ (auch Stringsterne genannt) vorgeschlagen: diese sollen aus einer Wolke von Strings bestehen, in der Stringtheorie die elementaren Bausteine der Materie, die man sich als winzig kleine schwingende Fäden und Ringe veranschaulichen kann, die noch 10.000 mal kleiner im Vergleich zu einem Proton sind, als das Proton im Vergleich zu einem Menschen ist. Ein Tropfen Fuzzball-Materie würde 20 Millionen Tonnen Masse beinhalten. Diese Materie würde den Ereignishorizont komplett ausfüllen, es gäbe keine Singularität. Je massereicher ein Fuzzball würde, desto geringer würde seine Dichte werden, weil Strings sich zu größeren Strings vereinigen würden was zum linearen Wachstum des Schwarzschildradius mit der Masse passen würde.

Nach außen wären Fuzzballs aber gewöhnliche Schwarze Löcher mit Ereignishorizont, insofern würden sie zu allen Beobachtungen passen und eine Unterscheidung von den Schwarzen Löchern der Relativitätstheorie wäre eher akademischer Natur. Das eigentliche Problem an der Hypothese ist, dass weder Supersymmetrie noch irgendein Aspekt der Stringtheorie bisher durch irgendein Experiment überzeugend belegt werden konnten.

Echte Alternativen zu Schwarzen Löchern bilden Gravasterne und Holosterne. Beide sind im Wesentlichen „hohle“ Sterne, deren Oberfläche knapp vor dem Ereignishorizont zur Ruhe gekommen ist, so dass er nicht entsteht (was das Informationsparadoxon vermeidet – die Information kann auf der Oberfläche überdauern). Unter einer dünnen Schale aus Materie, die so dicht ist, dass in ihr die Schallgeschwindigkeit so groß wie die Lichtgeschwindigkeit ist, soll bei einem „Gravastern“ (ein Kunstwort aus Gravitation, Vakuum und Stern) eine Vakuum-Blase aus Dunkler Energie (einem „de-Sitter-Raum“) bestehen, die unter dem Druck der Masse entsteht: hier wirkt durch eine hohe Vakuumenergie eine abstoßende Gravitation, die die Materieschale am weiteren Kollaps hindert.

„Holosterne“ (Kurzwort für holographische Sterne) sind eine kugelsymmetrische Lösung der Einsteinschen Feldgleichungen und sollen eine unendlich dünne, masselose Membran dicht außerhalb des Ereignishorizonts bilden, der also hier ebenfalls nicht gegeben ist. Diese soll unter einem entlang der Oberfläche wirkenden hohen Druck stehen, analog der Oberflächenspannung eines Tropfens oder einer Seifenblase. Die Gravitation entsteht durch ebendiesen Druck. Im Zentrum des Holosterns soll sich eine negative Punktmasse befinden. Das Innere soll einen negativen Druck aufweisen, der etwa von unter radialer Spannung stehenden Strings geliefert werden könnte.

Negative Massen kennt die Physik allerdings aus der Beobachtung nicht, selbst wenn die Allgemeine Relativitätstheorie mit ihnen rechnen lässt. Holosterne und Gravasterne sind höchst hypothetische Gebilde, und für die in der Praxis viel relevanteren Fälle rotierender Objekte gibt es noch keine entsprechenden Lösungen. Exakt kugelförmig wie die bestehenden Lösungen sind würden sie bei ihrer Entstehung keine Gravitationswellen aussenden, wie sie bei der Verschmelzung Schwarzer Löcher beobachtet werden (Ausklingphase).

Als letzte Alternativen seien noch Bosonen- und Fermionensterne genannt. Bosonen sind Teilchen mit ganzzahligem Spin, Fermionen solche mit halbzahligem. Zu den Bosonen zählen die Austauschteilchen (Photon, W- und Z-Teilchen, Gluonen und das Higgs-Teilchen). Zu den Fermionen gehören die Quarks, Elektronen und Neutrinos. Für Fermionen verbietet das Pauli-Prinzip, dass gleiche Teilchen den gleichen Raum im gleichen Quantenzustand einnehmen (was bei Weißen Zwergen und Neutronensternen den als „Entartungsdruck“ bezeichneten Gegendruck gegen die Gravitation liefert). Für Bosonen gilt das Pauli-Prinzip nicht, sie können den gleichen Raum im Grundzustand einnehmen und werden dann ununterscheidbar; dieser Zustand liegt in einem Bose-Einstein-Kondensat vor.

Bosonensterne würden aus einem Gas aus stabilen Bosonen bestehen, zum Beispiel dem hypothetischen Axion, das ein Kandidatenteilchen für die Dunkle Materie ist. Bosonensterne könnten aus im Zentrum von Galaxien angesammelten Bosonen entstehen und immense Massen annehmen, ohne zu kollabieren und ohne einen Ereignishorizont zu entwickeln, wären völlig transparent und unsichtbar, könnten aber wie ein Schwarzes Loch Licht ablenken und einen Schatten erzeugen wie beim Schwarzen Loch in M87. In einer Arbeit vom August 2020 haben Hector Olivares et al. Bosonensternmodelle für das Objekt in M87 simuliert und fanden, dass ihr Schatten deutlich kleiner wäre, womit sie diese als Erklärung ausschließen.

Fermionensterne könnten schließlich aus Neutrinos oder dem hypothetischen supersymmetrischen Neutralino (einem anderen Kandidatenteilchen der Dunklen Materie) bestehen und durch den Entartungsdruck dieser Teilchen stabilisiert werden. Wie groß sie sein könnten, hängt von der Masse der eingeschlossenen Fermionen ab. Das Problem ist, keine Teilchenmasse kann den gesamten Bereich stellarer Schwarzer Löcher von drei Sonnenmassen bis zu supermassereichen von Milliarden Sonnenmassen abdecken, weil hier wieder der linear wachsende Ereignishorizont zuschlägt.

Es gibt also zwar eine ganze Reihe von alternativen Modellen, aber keines, das man vorbehaltlos ins Herz schließen möchte. So bleiben Schwarze Löcher die beste Erklärung für kompakte Objekte mit mehr als fünf Sonnenmassen. Und das ist in der Wissenschaft der Goldstandard. Man ist immer nur so schlau, bis man es besser weiß.

Quellen

· James M. Lattimer, “Neutron Star Mass and Radius Measurements”, Universe 2019, 5(7), 159, 28. Juni 2019.

· Feryal Özel, Paulo Freire, “Masses, Radii and Equation of State of Neutron Stars”, Annual Review of Astronomy and Astrophysics, Vol. 54:401-440, September 2016.

· Leor Barack, Vitor Cardoso et al., “Black holes, gravitational waves and fundamental physics: a roadmap”, Classical and Quantum Gravity, Volume 36, Number 14, 19.J uni 2019.

· Ramesh Narayan, Jeffrey E. McClintock, “Observational Evidence for Black Holes”, arXiv:1312.6698, 23. Dezember 2013.

· Ramesh Narayan, Jeffrey E. McClintock, “Advection-Dominated Accretion and the Black Hole Event Horizon”, New Astronomy Reviews, Volume 51, Issues 10–12, Mai 2008.

· LIGO Scientific and VIRGO Collaborations, “The basic physics of the binary black hole merger GW150914”, Annalen der Physik, 529, No. 1-2, Januar 2017.

· “GW150914 Factsheet”, Gravitational Wave Open Science Center.

· Hector Olivares, Ziri Younsi, Christian Fromm et al., “How to tell an accreting boson star from a black hole”, Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, Volume 497, Issue 1, September 2020.

· Lumen Astronomy, “Evidence for Black Holes”

· Martin Bäker, „Warum Schwarze Löcher unausweichlich sind“, Hier wohnen Drachen, Scienceblogs, 31. Dezember 2018.

· Andreas Müller, “Gravastern”, Spektrum Astro-Lexikon.

· Andreas Müller, “Holostern”, Spektrum Astro-Lexikon.

· Andreas Müller, “Bosonenstern”, Spektrum Astro-Lexikon.

· Andreas Müller, “Fermionenstern”, Spektrum Astro-Lexikon.

· „Kompakte Kosmische Objekte“, Abenteuer Universum.

· Heino Falcke mit Jörg Römer, "Licht im Dunkeln - Schwarze Löcher, das Universum und wir", Klett-Cotta, Stuttgart, 2020, ISBN 978-3-608-98355-5 (Print) / 978-3-608-12024-0 (eBook)

(mho)