Smart home, smart Bienenstock: Wie beheizbare Waben Bienen überwintern helfen

Mit beheizbaren Waben sollen Bienenvölker bessere Überlebenschancen im Winter haben. Ein Test von Forschern zeigt, wie es gelingen kann.

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Smarte Wabe

Im Winter formieren sich Honigbienen zu einer sogenannten Wintertraube, um sich zu wärmen.

(Bild: Artificial Life Lab / Karl-Franzens-Universität Graz / Hiveopolis. Alle Rechte vorbehalten)

Lesezeit: 4 Min.

Während Verbraucherinnen und Verbraucher beim oft zitierten "Bienensterben" vorrangig ihr morgendliches Honigbrot in Gefahr sehen, bezieht sich der Populationsrückgang doch eigentlich auf die Wildbienen. Diese tragen zum Honig im Supermarktregal recht wenig bei. Zwar scheint es den Honigbienen hierzulande angesichts von knapp 140.000 Imkern mit zusammen mehr als 920.000 Bienenvölkern in Deutschland recht gut zu gehen. Nichtsdestotrotz benötigen auch sie Hilfe und Pflege, um weiterhin den wichtigen Bestäubungs-Job zu übernehmen. Neben Milben, Faulbrut und Insektiziden ist besonders die Winterzeit ein kritischer Punkt für das Überleben eines Bienenvolks. Die Temperatur ist ihr Dreh- und Angelpunkt – und den nehmen Forscher aus Österreich und der Schweiz nun zum Ansatz, um den Völkern über den Winter zu helfen.

Aktuell besteht das Problem, dass Imker im Winter wenig tun können, um die Tiere zu schützen. Ab 10 Grad fallen Bienen in einen komatösen Zustand. Wird nichts dagegen getan, sterben sie. Deshalb formiert sich das Bienenvolk zu einer Wintertraube, um sich gegenseitig zu wärmen, indem sie mit ihrer Muskulatur zittern. Auch wenn draußen Minusgrade herrschen, ist es durch dieses Verhalten im Innern der Traube 25 bis 35 Grad Celsius warm. Das Volk muss dafür jedoch eine gewisse Größe haben. Daher kommt es immer wieder zu Überwinterungsverlusten zwischen 15 Prozent und – in schweren Fällen – 25 Prozent der Völker.

Wissenschaftler vom Artificial Life Lab der Uni Graz und Kollegen der EPFL in Lausanne haben daher einen technisch hochgerüsteten Bienenstock mit beheizbaren Waben entwickelt. Ihr System nennen sie robotisch, da es neben thermischen Sensoren auch aus thermischen Aktoren besteht, die sich von außen steuern lassen. Im Test mit einem Volk von 4.000 Honigbienen (Apis mellifera) kam das System zum ersten Einsatz.

Insgesamt 64 Temperatur-Sensoren auf Silizium-Basis stecken in dem smarten Bienenstock. Sie sind jeweils 2×2 Millimeter groß und wurden direkt in den Waben platziert. Es zeigte sich, dass Sensoren in dieser Größe die Bienen nicht verschrecken. Dazu kamen zehn beheizbare Felder mit einer Gesamtleistung von 158 Watt. Jeder Aktor konnte über Mikrocontroller individuell angesteuert werden. Ein Algorithmus erlaubt es auch, das System autonom zu steuern.

Hiveopolis (6 Bilder)

Ein Bienenvolk formiert sich zur sogenannten Wintertraube, um sich gegenseitig zu wärmen, indem sie mit ihrer Muskulatur zittern. (Bild: Artificial Life Lab / Karl-Franzens-Universität Graz / Hiveopolis. Alle Rechte vorbehalten)

Ziel ist es stets, dass die Temperatur im Bienenstock nicht unter 10 Grad Celsius fällt. Ist das der Fall, wird der Imker per SMS gewarnt und kann selbst gegensteuern. Im Test zeigte sich, dass einer geschwächten Kolonie, bei der die Temperatur fünf Stunden lang unter dem Grenzwert lag, durch aktiven Eingriff geholfen werden konnte. "Wir wendeten manuell ein mehrstufiges Erwärmungsverfahren an, das die komatösen Bienen wiederbelebte, sodass sie sich wieder sammeln konnten, und führten sie dann mithilfe der robotischen Modulation zu den Honigvorräten auf der gegenüberliegenden Seite des Bienenstocks", schreiben die Forscher im Paper. Zwar überlebte dieses Volk letztlich nicht – die Forscher vermuten den Tod der Königin als Grund – ,doch "verhinderte unser 'Wiederbelebungsversuch' seinen sofortigen Zusammenbruch und verlängerte sein Leben um mehr als zwei Monate“, schreiben die Autoren.

Diese gesteuerte Maßnahme zeigt nicht nur, dass die Bienen durch die beheizbaren Waben wieder reanimiert werden, sondern dass sie auch als Kolonie durch thermischen Stimulus gelenkt werden konnten. "Die beheizbaren Waben könnten also im Winter unterstützend eingesetzt werden", erläutert Thomas Schmickl vom Artificial Life Lab.

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Noch ist das System vor allem für die Forschung gedacht, es läuft im Rahmen des größeren Bienenstudienprojekts "Hiveopolis", das von der EU über ein halbes Jahrzehnt gefördert wird und auch Kollegen aus Berlin, Brüssel, Sofia und Litauen einschließt. An der Idee, Bienenstöcke zu beheizen, arbeiten aber auch andere Teams, wie etwa das österreichische Start-up Youbee, das ein Wärmesystem zur Bekämpfung von Milben entwickelt hat.

(bsc)