Dune Teil 2: Es ist nicht alles Spice, was glitzert​

Dune 2 erzählt die Geschichte aus Frank Herberts erstem Roman zu Ende. Trotz einiger Schwächen ist das großes Kino – und weckt Hoffnung auf einen dritten Teil.​

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unbekleideter, beleibter Glatzkopf, eine lange Pfeife rauchend

Böse: Stellan Skarsgard als Baron Vladimir Harkonnen.

(Bild: Warner Bros. Pictures)

Lesezeit: 6 Min.

Die Geschichte des zweiten Teils von "Dune" beginnt, wo der erste endet: Das Schicksal, das – wie sich herausstellt – sehr berechnend und weiblich ist, führt Paul Atreides auf eine Reise durch die Wüste. Er ist bei den Fremen angekommen, den Einwohnern dieses Sandplaneten, den das Imperium Arrakis nennt. Im Laufe dieser Reise wird er zu Usul, dem Kämpfer, zu Muad'Dib, dem Heilsbringer.

Und wie es so ist mit religiös verehrten Erlöserfiguren, geht deren Aufstieg selten ohne Kollateralschaden vonstatten – und am Ende stehen sie auf rauchenden Trümmern und alle wundern sich, wie es so weit kommen konnte. Ohne zu sehr zu spoilern darf verraten werden, dass sich diese ewigen Motive auch in der Verfilmung von "Dune" wiederfinden, deren zweiter Teil jetzt mit etwas Verspätung in die Kinos kommt.

Frank Herberts Romane zeichnen sich durch schillernde Figuren, große Einbildungskraft und epische Handlungsstränge aus. Diesem World Building, das Herbert mit eigener Geschichtsschreibung, Abhandlungen über Wirtschaft und Religion sowie einem Glossar flankiert, verdankt "Dune" seine Sonderstellung in der Science Fiction bis heute.

Wer ein so komplexes Werk ins Kino bringen will, muss dabei Kompromisse eingehen. Allein schon aus technischen Gründen galt das Buch zunächst als unverfilmbar. Herberts Vision eines interstellaren Imperiums überstieg damals vielleicht nicht unbedingt die Möglichkeiten der Special Effects, aber allemal die Budgets der Studios.

Von Alejandro Jodorowskys gescheitertem Projekt – mit Salvador Dali als Imperator – bleibt ein dickes Buch mit verheißungsvollen Storyboards und eine Dokumentation des Scheiterns. David Lynchs exaltierte Version von 1984 nahm sich ein paar Freiheiten, die bei strengen Herbert-Kanonisten nicht gut ankamen. Auch zwei TV-Serien aus den Nullerjahren vermochten die Herzen der Dune-Fans nicht zu erwärmen.

Deshalb war die Aufregung groß, als das neue Projekt von Denis Villeneuve bekannt wurde: Dune. Der Kanadier kennt sich im Genre aus und hatte mit "Blade Runner 2049" gerade bewiesen, dass er ein ikonisches Science-Fiction-Franchise wiederbeleben kann, ohne dabei der Fanbase allzu sehr auf die Füße zu treten.

Dune Teil 2 (10 Bilder)

Sandwürmer sind auf Arrakis ein beliebtes Transportmittel.
(Bild: Warner Bros. Pictures)

Villeneuve nimmt sein Material ernst und bemüht sich um Werkstreue. Das ist ein Teil des enormen Erfolgs von "Dune": Die vielen Fans der Romane finden sich im Kino wieder. Zugleich öffnet sich der Film auch für ein Publikum, das die Bücher nicht kennt. Das muss man Villeneuve und seinen Co-Autoren Jon Spaihts sowie im ersten Teil Eric Roth anrechnen.

In "Dune 2" gelingt das nicht immer so elegant wie noch im ersten Teil. Wer im Herbertschen Kanon nicht so ganz sattelfest ist, könnte im Mittelteil stellenweise den Überblick verlieren, wer hier eigentlich gerade seine Ränke schmiedet. Ein bisschen mehr Kontext statt noch einem Sonnenuntergang über Arrakis hätte da vielleicht geholfen.

Villeneuve ist ein fast altmodischer Filmemacher, der das klassische Motto "show, don't tell" verinnerlicht hat. In seiner Filmografie gibt es nichts, wofür er sich schämen müsste. Er kann Genrekino. Auch im zweiten Teil liefern er und sein Kameramann Greig Fraser tolle Bilder für ihre Geschichte, die für ein vom sensorischen Blitzkrieg der Marvel-Filme traumatisierten Publikum mit irritierender, aber wohltuender Langsamkeit erzählt wird. So geht richtiges Kino.

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Aber es ist auch nicht alles Spice, was glitzert. Der erste Teil hebt sich wohltuend von den seelenlosen CGI-Schlachten gewisser Comicverfilmungen ab. Das gilt auch für die Fortsetzung – mit Ausnahme der Szenen auf Giedi Prime. Villeneuve und Fraser können hier der Versuchung nicht widerstehen, die Heimatwelt der Harkonnens als prototypische Fascho-Welt zu zeichnen.

Das ist volle Absicht: "Es ist eine faschistische Welt, eine Welt ohne Nuance oder Feinheiten, eine Welt in Schwarz und Weiß", erklärt Villeneuve. Fraser drehte die Szenen mit einem Schwarz-Weiß-Filter, der diesen Effekt noch verstärkt. Die Sympathien im Drehbuch sind klar verteilt, doch auch in der Darstellung der Fremen schrammt der Film nur knapp am exotistischen Klischee vorbei. Eine Welt ohne Nuancen.

Ein paar Zwischentöne mehr hätten auch dem Soundtrack gutgetan. In einem mit Dolby Atmos ausgestatteten Kinosaal überrollt das zugegebenermaßen imposante Sounddesign das Publikum wie eine Panzerkolonne. Vielleicht ist das auch dem fortschreitenden Alter des Rezensenten geschuldet, aber über die fast drei Stunden Laufzeit wird das ein wenig anstrengend.

Wenn die Panzer (oder die Spice-Erntemaschinen) nicht rollen, ist Hans Zimmer wieder für die musikalische Begleitung zuständig. Zimmer hat Talent dafür, seine Kompositionen mit dem Effektsoundtrack und der visuellen Ebene verschmelzen zu lassen. Aber er neigt hier zu Ethno-Kitsch und einer Zuckersüße, die sich vor allem über die leiseren Momente ergießt.

"Dune" ist bis in die Nebenrollen mit tollen Schauspielern besetzt - allen voran zwei Schweden: Stellan Skarsgard versucht seinem Baron Harkonnen etwas mehr Tiefe zu verleihen, als das Drehbuch vorsieht. Und Rebecca Ferguson weiß mit der facettenreichen Lady Jessica auch einiges anzufangen – sie ist mit die interessanteste Figur in diesem interstellaren Powerplay, hinter dem der alte Schwesternorden der Bene Gesserit steckt.

Dagegen fallen die zwei jungen Hauptfiguren doch etwas ab. Timothée Chalamet wirkt jugendlich genug für den jungen Paul, der am Anfang des ersten Romans fünfzehn Jahre alt ist, zieht sich dabei immerhin achtungsvoll aus der Affäre. Bei der Fremen-Kriegerin Chani fragt sich der geneigte Zuschauer während der insgesamt über fünf Stunden, ob Zendaya mehr als einen Gesichtsausdruck hat. Und einen Nachnamen.

Am Ende von Dune 2 steht eine erneute Häutung des Muad'Dib – und wieder ein Cliffhanger. In Herberts Romanwerk geht es mit "Der Herr des Wüstenplaneten" weiter. Ein Drehbuch dafür ist bereits in Arbeit, Villeneuve wäre an Bord. Ob das Studio dann auch grünes Licht gibt, wird maßgeblich vom Erfolg der ersten beiden Filme abhängen.

An dem bestehen allerdings kaum Zweifel. Der erste Teil hat bei einem Budget von 165 Millionen US-Dollar alleine im Kino schon über 430 Millionen US-Dollar eingespielt. Er war bei Publikum und Kritikern ein Hit. Das wird auch der Fortsetzung gelingen. Trotz seiner Schwächen ist "Dune 2" episches Science-Fiction-Kino. Ob er den besten Punkteschnitt ever auf IMDB verdient hat, mag jeder, der auf diese Ratings etwas gibt, selbst beurteilen.

(vbr)