110 Milliarden Dollar für NFL-Rechte: Schlechte Nachricht für Pay-TV

Elf Jahre lang darf NFL in den USA gestreamt werden. Teure Kabel-Abos werden immer unattraktiver und zum Minderheitenprodukt.

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Football-Spieler in Aktion

(Bild: PHOTOCREO Michal Bednarek/Shutterstock)

Lesezeit: 4 Min.

Mehr als die Hälfte aller US-Haushalte hat ein teures Pay-TV-Abo über Kabel oder Satellit, doch die Zahl sinkt seit Jahren – der Trend heißt Cordcutting. Nun wird sich die Abwanderung der Kunden deutlich beschleunigen, erwarten Marktforscher. Denn die National Football League (NFL) hat am 18. März Streamingrechte für elf Jahre für mehr als 10 Milliarden US-Dollar pro Jahr verkauft.

Damit haben Football-Fans bessere Alternativen zum Kabelanschluss, der meist einen dreistelligen Betrag pro Monat kostet. "Schreib es auf: 18. März 2021 ist der Tag, an dem das Paket aus mehreren TV-Kanälen gestorben ist", kommentierte Analyst Richard Greenfield von LightShed Partners. Zwar werde es solche Paket-Abos noch auf Jahre hinaus geben, doch der Abbau sei nicht mehr aufzuhalten.

Live Sportübertragungen waren die letzte Bastion des Pay-TV, und nun wird auch sie gestürmt. Die NFL hat unterschiedliche Streaming-Rechte an Amazon (Amazon Prime Video), Disney (ESPN+), NBCUniversal (Peacock), ViacomCBS (Paramount+) und Fox (Tubi) verkauft. Die klassischen TV-Sender ABC, CBS, NBC, Fox und ESPN dürfen ebenfalls weiterhin NFL-Spiele zeigen, zumindest bis 2033 – mit Ausnahme der Donnerstagspiele. Diese Rechte hat sich Amazon exklusiv gesichert, und zahlt dafür eine stolze Milliarde Dollar pro Jahr.

In den USA gibt es etwa 128,5 Millionen Haushalte, Tendenz steigend. Schon gleichbleibende Pay-TV-Kundenzahlen würden einen Trend zu TV-freien Haushalten bedeuten. Analysten von MoffettNathanson zählten Ende 2020 88,8 Millionen Abonnenten von US-Pay-TV (inklusive virtueller Anbieter) – sechs Millionen weniger als ein Jahr zuvor. Gebührenfreies terrestrisches Fernsehen ist in den USA auf vergleichsweise wenige Sender beschränkt und wird kaum genutzt.

"Die unterste Schwelle der Abo-Zahlen liegt viel tiefer, als wir vorhergesagt haben", ist Greenfield ein bisschen selbstkritisch, "Während wir geglaubt haben, dass der Boden aufgrund der NFL bei mindestens 40 bis 50 Millionen liegt, ist der Boden jetzt wahrscheinlich näher an 20 Millionen, weil mehr und mehr führende Sportinhalte außerhalb der klassischen Multikanal-Pakete verfügbar werden."

Das bedeutet, dass Pay-TV-Anbieter mit 80 Prozent weniger Kunden planen müssen als sie derzeit haben. Das wird zu Übernahmen und Fusionen führen. Besonders rasant ist die Talfahrt bei Pay-TV via Satelliten. Und dort droht Marktführer DirecTV nächstes Jahr der nächste Schlag: Der Vertrag über das NFL Sunday Ticket läuft 2022 aus.

Das Sunday Ticket erlaubt Football-Fans in den USA, NFL-Spiele zu sehen, die nicht auf lokalen TV-Kanälen gezeigt werden ("out of market"), weil sie in anderen Landesteilen stattfinden. Das NFL Sunday Ticket kostet in der Regel etwa 300 US-Dollar pro Saison, zusätzlich zum Preis des DirecTV-Abos.

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Ob DirecTV sich die NFL-Rechte erneut sichern kann, ist offen. Die Zahl der Abonnenten ist in den letzten vier Jahren um etwa 40 Prozent gefallen (von 21 Millionen auf 13 Millionen). Das schmälert die Kaufkraft des Unternehmens in einem Bieterwettbewerb mit großen Streaminganbietern. Ohne Sunday Ticket werden DirecTV jedoch noch mehr Kunden davonlaufen.

Wie lange sich die Streamingkunden freuen dürfen, bleibt abzuwarten. Die mehr als zehn Milliarden Dollar pro Jahr, die die Anbieter der NFL geben müssen, kommen ja nicht von ungefähr. Im Moment versuchen die Streamingdienste noch, sich Marktanteile zu kaufen. Nicht alle werden groß genug werden, so dass auch beim Streaming Marktkonsolidierung folgen wird. Preiserhöhungen sind dann absehbar.

(ds)