Amazon klagt gegen Einstufung als "sehr große Online-Plattform" in der EU

Amazon.com möchte nicht unter den Digital Services Act der EU fallen, dessen Normen seien nicht für Einzelhändler gedacht. Der Konzern hat 3 gleiche Argumente.

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Amazon-Schriftzug

Keinen prima Tag hatte Amazon, als die EU-Kommission den Datenkonzern unter den Digital Services Act stellte.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 3 Min.

Amazon.com verklagt die Europäische Kommission vor dem Gericht der Europäischen Union. Der Konzern möchte nicht hinnehmen, gemäß der EU Verordnung Digital Services Act (DSA, "Gesetz für digitale Dienste") als "sehr große Online-Plattform" eingestuft zu sein. Dabei geht es Amazon in erster Linie nicht um die eigene Größe; vielmehr sei der DSA zur Einhegung völlig anderer Geschäftsmodelle gedacht.

Ende Juni hat der deutsche Online-Händler Zalando eine ähnliche Klage gegen das Plattformgesetz eingebracht. Zalando wirft der Kommission vor, nicht berücksichtigt zu haben, dass er als Online-Händler "überwiegend Einzelhandels-Charakter" habe und bei ihm kein "systemisches Risiko" der Verbreitung schädlicher oder illegaler Inhalte von Dritten bestehe. Insgesamt hat die Europäische Kommission bislang 19 Internet-Dienste unter die besonderen Regeln des DSA gestellt.

"Das Gesetz über digitale Dienste wurde dazu geschaffen, systemische Risiken zu bekämpfen, die von sehr großen Unternehmen mit Werbung als primärer Umsatzquelle ausgehen, die Rede und Information verbreiten", sagte ein Amazon-Sprecher. "Wir stimmen mit dem Ziel der Europäischen Kommission überein und verpflichten uns dazu, Kunden vor illegalen Produkten und Inhalten zu schützen, aber Amazon passt nicht zur Definition 'sehr großer Online-Plattformen' nach dem Gesetz für digitale Dienste und sollte daher nicht als solche eingestuft werden."

Die weit überwiegende Mehrheit der Umsätze Amazons stamme aus dem Einzelhandel, und Amazon sei in keinem einzigen EU-Staat der größte Einzelhändler. Größere Einzelhändler nicht unter dem Gesetz zu regulieren, Amazon aber schon, sei unfair. Amazon hat 2022 37,7 Milliarden US-Dollar aus Werbung eingenommen, was knapp 7,3 Prozent des Konzernumsatzes entspricht. Laut Statista war Amazon vergangenes Jahr mit zehn Prozent Marktanteil bei der Vermittlung von Online-Werbung in der EU Nummer 2 hinter Google mit 34 Prozent.

Das Unternehmen gibt an, unabhängig von diesen Vorschriften in den Schutz vor illegalen Produkten zu investieren. Dutzende Rechtsnormen der EU und ihrer Mitgliedsstaaten zum Schutz vor illegalen Produkten seien alleine seit 2019 verabschiedet worden. Amazon befolge sie auch. Doch die Regeln für sehr große Online-Plattformen nach dem DSA passten einfach nicht auf einen Einzelhändler wie Amazon.

Die Details der Klage, die beim Gericht der Europäischen Union unter dem Az. T-367/23 geführt wird, sind noch nicht bekannt. Amazon hat heise online die Klagebegehren sowie die Überschriften der juristischen Argumente übermittelt. Das Unternehmen beantragt eine Nichtigkeitserklärung für die Entscheidung der EU-Kommission vom 25. April, wonach Amazon als sehr große Online-Plattform im Sinne des Gesetzes für digitale Dienste eingestuft wird. Alternativ soll der Datenkonzern von den Verpflichtungen der Artikel 38 und 39 entbunden werden. Artikel 38 gewährt Kunden das Recht, sich das Profiling für Empfehlungssysteme zu verbitten. Artikel 39 soll Transparenz bei Online-Werbung schaffen: Sehr große Online-Plattformen müssen ein Online-Verzeichnis angezeigter Reklame führen, das Auskunft über Auftraggeber und Zielgruppen gibt.

Die einschlägige Einstufung Amazons beruhe auf diskriminierenden Kriterien und verletze Amazon Grundrechte, speziell das Recht auf Gleichbehandlung, in unverhältnismäßiger Weise, so das erste Argument der Klage. Außerdem verletzten die Artikel 38 und 39 selbst Amazon Grundrechte, speziell das Recht auf Gleichbehandlung, in unverhältnismäßiger Weise.

(ds)