Astrophysik: Dunkle Materie und kein Schwarzes Loch im Zentrum der Milchstraße?

Ein Forscherteam behauptet, dass ein Kern aus Dunkler Materie die Orbits der Sterne im Zentrum der Milchstraße besser erklären könnte als ein Schwarzes Loch.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 387 Kommentare lesen

Simulation des Zentrums der Milchstraße

(Bild: ESO/Gravity Consortium/L. Calçada)

Lesezeit: 3 Min.

Wenn sich im Zentrum unserer Milchstraße gar kein Schwarzes Loch, sondern ein Kern aus Dunkler Materie befindet, könnte das die Bewegungen der Himmelskörper dort genauso gut und teilweise sogar besser erklären. Das jedenfalls versichert eine Gruppe von Forschern, die seit Jahren an ihrem Modell arbeiten und ihre jüngste Analyse nun im Fachmagazin Monthly Notices of the Royal Astronomical Society veröffentlichen. Demnach hatten sie bereits dargelegt, dass Dunkle Materie die beobachteten Bewegungen des Sterns S2 und eines Himmelskörpers namens G2 besser erklären könnten als ein Schwarzes Loch. Nun hätten sie das auch für 16 weitere Sterne am extremsten Ort unserer Heimatgalaxie bewiesen.

Dass sich im Zentrum der Milchstraße ein gigantisches Schwarzes Loch befindet, gilt eigentlich seit Jahrzehnten als gesichert, getauft wurde es auf Sagittarius A*. Für die Kartierung der extremen Umlaufbahnen der hellsten Sterne in dem Gebiet seit Mitte der 1990er-Jahre, die bisher nur durch die Existenz eines solchen Schwarzen Lochs erklärt werden konnten, gab es im vergangenen Jahr sogar den Physik-Nobelpreis. In einer Region der Größe unseres Sonnensystems sind demnach ungefähr vier Millionen Sonnenmassen zusammengepackt. Direkt abgebildet werden konnte das Objekt aber noch nicht: Das dafür zusammengeschaltete Event Horizon Telescope hatte zuerst das zentrale Schwarze Loch von M 87 fotografiert. Aufnahmen von Sagittarius A* werden noch ausgewertet.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externes Video (Kaltura Inc.) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Kaltura Inc.) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Eduar A. Becerra Vergara vom Internationalen Zentrum für relativistische Astrophysik (ICRA) und seine Kollegen werben nun aber einmal mehr für ihre alternative Erklärung. Demnach kreisen die Sterne – und mit ihnen die gesamte Milchstraße – nicht um ein Schwarzes Loch, sondern einen Kern aus Dunkler Materie. Der würde sich demnach aus bislang nur theoretisch beschriebenen Fermionen zusammensetzen, die sie "Darkinos" nennen. Welche Auswirkungen solch ein Kern auf seine Umgebung haben würde, haben sie demnach ausführlich berechnet, auch wenn die Teilchen selbst gar nicht nachgewiesen sind. Er würde demnach die Bahn des wichtigen Sterns S2 genauso gut erklären, wie ein Schwarzes Loch und würde auch zu G2 passen.

Bei G2 handelt es sich um ein erst vor zehn Jahren entdecktes Objekt in direkter Nachbarschaft zum Zentrum der Milchstraße. Inzwischen gibt es eine ganze Gruppe dieser G-Objekte. Bei der Entdeckung von G2 hieß es, es handle sich um eine Gaswolke. Daran gab es aber Kritik und 2020 nannte die Nobelpreisträgerin Andrea Ghez die G-Objekte "bizarr": Sie sähen aus wie Gas, verhielten sich aber wie Sterne. An ihrem nächsten Punkt um das galaktische Zentrum werden sie lang gestreckt, sonst seien sie kompakt. Zumindest die Bahn von G2 ließe sich durch Dunkle Materie besser erklären, so Becerra Vergara und Kollegen. Die konnten demnach nun zeigen, dass die besten astrometrischen Daten 16 weiterer Sternen in der Region ebenfalls in ihre Theorie passen. Gleichzeitig würde die sogar Rotationskurven in Randbereichen der Milchstraße erklären.

(mho)