Atomexpertin warnt vor Terrorgefahren

Die Gutachterin Oda Becker hält deutsche AKWs für nicht ausreichend vor möglichen Terroranschlägen geschützt. Vernebelungsmaßnahmen, wie sie Staat und Betreiber planen, nützten wenig.

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Nach der Katastrophe von Fukushima ist die Sicherheitslage in den deutschen Atomkraftwerken erneut in den Blickwinkel von Politik und Medien gerückt. Dabei kommen die Gefahren durch Terroranschläge oft nur am Rande vor. Die Physikerin und Gutachterin Oda Becker hat an mehreren Studien mitgearbeitet, in denen die möglichen Auswirkungen solcher Angriffe auf AKWs untersucht wird. Im Interview mit Technology Review sagte die Atomexpertin nun, zwar lasse sich nicht vorhersagen, wie groß die Terrorbedrohung in Deutschland sei. "Was ich aber sagen kann ist, dass die deutschen Kernkraftwerke terroristischen Anschlägen nicht standhalten würden und es zu großen Freisetzungen radioaktiver Stoffe kommen würde."

Problematisch seien dabei insbesondere die älteren deutschen Reaktoren. "Das sind zum Beispiel die Siedewasserreaktoren der Baulinie SWR 69, aber auch die Druckwasserreaktoren der zweiten Generation. Die sind nicht nur schlechter geschützt, sie haben auch wesentlich weniger Reserven für die Störfallbeherrschung."

Bei einem gezielten Flugzeugabsturz wie am 11. September würde vermutlich das Reaktorgebäude zerstört. "Gleichzeitig ist damit zu rechnen, dass auch ein Schaden am Sicherheitsbehälter entsteht und zudem dort Leitungen beschädigt werden, so dass die Kühlung insgesamt versagt. Wenn das passiert, kommt es zum schlimmsten kerntechnischen Unfall, den es geben kann: Eine Kernschmelze bei offenem Containment."

Als Abwehrmaßnahmen planen Bundesregierung und Betreiber derzeit sogenannte Vernebelungsmaßnahmen. Dabei würden aus militärischen Systemen adaptierte Nebelwerfer eingesetzt. Solche Systeme werden etwa in Biblis und Philippsburg installiert. Sie sollen, falls sich ein Flugzeug nähert, eine Art Phosphornebel versprühen. "Es gibt ja insgesamt 17 AKWs an zwölf Standorten. Drei Standorte sind mit Nebelwerfern ausgerüstet – das betrifft fünf Anlagen. An den anderen Standorten läuft die Antragsstellung noch."

Mehr zum Thema in Technology Review online und TR 5/2011:

(bsc)