Beteigeuze: Gewaltige Supernova doch viel näher als angenommen?

Laut einer neuen Studie dürfte Beteigeuze in wenigen Jahrzehnten und maximal Jahrhunderten explodieren. An der Interpretation gibt es aber bereits Kritik.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 213 Kommentare lesen
Eine Art Sternenklumpen

Künstlerische Darstellung von Beteigeuze

(Bild: ESO/L. Calçada)

Lesezeit: 4 Min.

Der Rote Riesenstern Beteigeuze könnte schon in wenigen Jahrzehnten explodieren, als erste Supernova in der Milchstraße seit mehr als 300 Jahren. Die Zeitangabe stammt von einem Forschungsteam unter Leitung von Hideyuki Saio. Die Gruppe um den Astronomen der japanischen Universität Tōhoku basiert ihre Arbeit auf einer neuen Interpretation der bereits bekannten Zyklen des Sterns und Modellierungen. Demnach ist nicht der etwa 420 Tage lange Puls der zentrale, sondern der bisher als eher nebensächlich betrachtete, mit einer Länge von 2200 Tagen. Das wiederum würde aber darauf hindeuten, dass sich der Stern im absoluten Endstadium befindet, erklärt das Team. Eine Supernova stünde in astronomischen Zeiträumen wirklich unmittelbar bevor.

Zwar ist die vorab auf Arxiv veröffentlichte Studie noch nicht unabhängig überprüft und zur Veröffentlichung angenommen worden, trotzdem sorgt sie bereits für Aufsehen. Die Forscher aus Japan und von der Universität Genf führen darin aus, dass Beteigeuze semi-regelmäßige Variationen durchläuft, die in insgesamt vier Perioden eingeteilt werden – jeweils eine mit 185, 230, 420 und 2200 Tagen Länge. Während bislang aber die zweitlängste als wichtigste eingestuft wurde, sehen sie die längste in dieser Rolle. Das würde ihrer Meinung nach aber bedeuten, dass der Stern ganz am Ende der Verbrennung von Kohlenstoff im Kern angekommen ist. Eine Kernkollapssupernova sei damit vergleichsweise bald zu erwarten.

Obwohl die bei den Monthly Notices of the Royal Astronomical Society eingereichte Arbeit dort noch nicht überprüft und zur Veröffentlichung angenommen wurde, gibt es aber bereits Widerspruch zu zentralen Punkten. Eine Gruppe um den Astronomen László Molnár vom Konkoly-Observatorium in Budapest schreibt in einem bei der American Astronomical Society veröffentlichten Beitrag, dass die gemessenen Radien von Beteigeuze nicht zu den Modellen passen würden. Gegenüber Sky & Telescope hat der US-Astronom Morgan MacLeod außerdem angemerkt, dass die Größe von Beteigeuze viel zu stark variieren müsste, sollte der längste Zyklus der zentrale sein. Er will aber nicht ausschließen, dass die Kollegen recht haben könnten.

Die Uneinigkeit liegt demnach auch darin begründet, dass über die genaue Größe von Beteigeuze gar keine Einigkeit herrscht. Je nach Wellenlänge, in der der Riesenstern beobachtet wird, kommen unterschiedliche Werte heraus, weil die Strahlen unterschiedlich tief in die dünnen äußeren Schichten eindringen. Die Modelle von Saio und seinem Team legen laut Sky & Telescope jedenfalls nahe, dass Beteigeuze deutlich größer ist, als bislang angenommen. Saio schreibt noch, dass man weder anhand der Modelle noch mit Beobachtungen ermitteln könne, wie viel Kohlenstoff im Inneren des Sterns noch übrig ist. Wenn ihm der ausgeht – was jederzeit passieren kann – blieben ihm nur noch Jahrzehnte. Insgesamt gibt er dem Stern demnach weniger als ein paar Hundert Jahre.

Beteigeuze ist der Schulterstern des Sternbilds Orion und gehört normalerweise zu den hellsten am Nachthimmel. Mit einer massiven Verdunkelung und danach einer Aufhellung hat er aber zuletzt immer wieder für Aufsehen gesorgt. Dass er am Ende seines Lebens angekommen ist, darüber herrscht in der Forschung Einigkeit, die finale Supernova wird aber eigentlich erst in 10.000 bis 100.000 Jahren erwartet. Zwar ist das in astronomischen Zeiträumen nicht viel, aber die Arbeit von Hideyuki Saio & Co. legt nun nahe, dass die spektakuläre Explosion noch viel näher sein könnte. Erst einmal muss die Theorie jetzt aber einer Überprüfung standhalten.

(mho)