Creative Commons im TV: Warnung vor Ausverkauf der Rechte der Kulturschaffenden

Die Initiative Urheberrecht rügt, die zunehmende Einführung "freier Lizenzen" auch beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk gefährde die ganze Vergütungssystematik.

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Fernbedienung, auf der gerade der Ausschalt-Knopf gedrückt wird; im Hintergrund unscharf ein Fernseher

(Bild: Everton Eifert/Shutterstock.com)

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Mit einer 20-seitigen Stellungnahme macht die Initiative Urheberrecht (IU), die nach eigenen Angaben rund 140.000 Kreative vertritt, gegen eine Kampagne für freie öffentlich-rechtliche Bildungsinhalte mobil. Der Deutsche Bibliotheksverband, Wikimedia Deutschland und das Bündnis Freie Bildung haben ARD und ZDF 2020 dazu aufgerufen, Inhalte mit Bildungsbezug unter dem Motto "Öffentliches Geld – Öffentliches Gut!" dauerhaft und möglichst unter einer freien Creative-Commons-Lizenz (CC) online zur Verfügung zu stellen. Dem hält die Urheberrechtslobby "die Unfreiheit der sogenannten 'freien Lizenzen'" entgegen. Die kritisierte Kampagne gefährde die gesamte Vergütungssystematik in Deutschland.

Ein Instrument wie CC, das ursprünglich für die vereinfachte Selbstpublikation durch private Urheber ohne Erwerbsabsichten gedacht gewesen sei, könne im öffentlich-rechtlichen System "den Einstieg in den Ausstieg" aus der angemessenen Nutzungsvergütung bedeuten "und zu einer Gefährdung der wirtschaftlichen Basis der schöpferisch Tätigen führen". Das meint die IU in ihrer Eingabe an ARD, ZDF und Deutschlandfunk sowie an Politiker auf Länderebene. Damit stünden auch Vielfalt, Nachhaltigkeit, Beschäftigung und Umsatz "in der drittstärksten Teilbranche der deutschen und europäischen Volkswirtschaft" auf dem Spiel. Dabei ließen sich die Sender "ohne Not" in dieses Szenario drängen: Die Alternative liege mit klassischen Lizenzmodellen längst auf dem Tisch.

Ein folgenreicher Nebeneffekt der CC-Lizenzierung sei es, die im Urheberrecht vorgesehenen Ansprüche auf angemessene und verhältnismäßige Vergütung "aufzuweichen und zu missachten", führt die IU aus. Creative Commons gelte "weltweit und für alle Zeit". Die CC-BY-SA Lizenz, die Wikimedia für Publikationen voraussetze, gebe das Werk "unwiderruflich für jede Nutzung, Änderung und Neubearbeitung frei". Die Inhalte könnten sowohl für soziale Zwecke genutzt werden als auch für rechtsradikale Propaganda. Enthalten die Inhalte Abbildungen oder Stimmen von Personen, bestehe die Gefahr, dass sie aus dem Kontext gerissen und so Persönlichkeitsrechte verletzt werden.

Für künstlerische und kulturelle sowie für weite Teile journalistischer und publizistischer Werke, von deren kostenpflichtiger Verwertung professionelle Kulturschaffende nebst Produzenten oder Sender existentiell abhingen, sind CC-Lizenzen laut dem Appell daher ungeeignet. Zudem wäre standardisierte Anwendung von CC-Lizenzen nicht mit den aktuellen Tarifverträgen der Öffentlich-Rechtlichen vereinbar. Die Idee von Creative Commons werde zudem quasi auf den Kopf gestellt, wenn die Entscheidung über eine solche Freigabe nicht durch die Kreativen selbst getroffen werde, sondern "durch Geschäftsbedingungen von Verwertern und Streaming-Plattformen vorgeschrieben wird".

Die alljährliche Spendenkampagne von Wikimedia fließe nicht in die Entlohnung der Wikipedia-Autoren, sondern werde "auch für Lobbyarbeit gegen die Rechte von Kulturschaffenden eingesetzt", moniert der Verband. Besagte Kampagne, auf die das ZDF als erster mit Rundfunkgebühren finanzierter Sender zeitnah positiv reagierte, setze sich über die realen Arbeitsbedingungen Kulturschaffender hinweg und baue "auf einen abstrakten Gemeinwohl-Gedanken", der angesichts der davon ausgehenden Gefahren für Kreative keiner sei. Die eigentlichen Profiteure im Hintergrund seien US-Giganten wie Google mit YouTube, "die sich die CC-lizenzierten Inhalte einverleiben". Die IU ruft daher alle Verantwortlichen bei den Öffentlich-Rechtlichen auf, "den Ausverkauf der Rechte der Kulturschaffenden über CC-Lizenzierungen oder sonstige Buy-Out Regelungen zu stoppen".

(mho)