DSL-Turbo Vectoring: Regulierer legt geänderten Entwurf vor

Im Streit um die Pläne der Telekom, die Vectoring-Technik auch im Nahbereich der Hauptverteiler einzusetzen, hat die Regulierungsbehörde nach dem überraschenden Rückzug nun einen geänderten Entwurf vorgelegt.

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DLS-Turbo Vectoring: Bundesnetzagentur legt geänderten Entwurf vor
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Die Bundesnetzagentur hat wie angekündigt eine Neufassung ihres Regulierungsentwurfs für Vectoring im Nahbereich der Hauptverteiler (Hvt) des Telekom-Netzes vorgelegt. Die Regulierungsbehörde hatte den bereits bei der EU-Kommission zur Stellungnahme eingereichten Entwurf in der vergangenen Woche überraschend zurückgezogen, nachdem Brüssel erhebliche Bedenken geltend gemacht und eine genauere Prüfung angekündigt hatte. Mit dem neuen Entwurf will die Bundesnetzagentur die Bedenken der Kommission ausräumen. Die betroffenen Wettbewerber schäumen, weil sie nicht einbezogen wurden.

Die Bundesnetzagentur will der Telekom erlauben, die Vectoring-Technik auch in den Nahbereichen der knapp 8000 Hauptverteiler einzusetzen. Beim Vectoring bleibt anderen Anbietern der Zugriff auf die Teilnehmeranschlussleitungen (TAL) in dem Bereich verwehrt. Die EU-Kommission fürchtet, dass diese technisch bedingte Bündelung dem Regulierungsziel des freien Zugangs zur letzten Meile entgegensteht und somit dem Wettbewerb schaden könnte. Auch der politische Beirat der Behörde war mit dem Vorstoß nicht glücklich.

Mit dem neuen Entwurf hat die Behörde nach eigenen Angaben in einigen der Punkte nachgebessert, die der Kommission ein Dorn im Auge waren. So wurde die Bemessungsgrundlage, unter welchen Bedingungen auch die Wettbewerber die Vectoring-Technik im Nahbereich einsetzen können, geändert. Zum einen sollen nun auch Wettbewerber zum Zug kommen, wenn sie 40 Prozent der Kabelverzweiger (Kvz) im Bereich des Hvt erschlossen haben (bisher: 50 Prozent) – allerdings nur, wenn sie auch ein Drittel mehr als die Telekom ausgebaut haben.

Auch der besonders umstrittene Stichtag für die Bemessung der Ausbaubedingungen wurde geändert und soll jetzt der 20. Juni 2016 sein. Wie viele Hauptverteiler damit nun tatsächlich der Telekom-Konkurrenz für Vectoring offenstehen, ist dabei weiter unklar. Diese Zahl muss mit dem neuen Stichtag noch ermittelt werden. Darüber hinaus hat die Bundesnetzagentur die Vorgaben für ein Ersatzzugangsprodukt (VULA, eine virtuelle TAL) gelockert. Diese VULA sollen an einem Kvz nun auch mehrere Wettbewerber nutzen können. Auch bei der Zuführung zum Kvz über Glasfaser schlägt die Bundesnetzagentur eine Lockerung der Bedingungen vor und will damit Anreize für den weiteren Glasfaserausbau setzen.

Die EU-Kommission hat die Vorlage des neuen Entwurfs begrüßt. Wenn die Kritikpunkte der EU-ausgeräumt würden, "schaffen wir die Quadratur des Kreises", sagte Günther Oettinger, EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft. Weniger erfreut äußerte sich die Telekom: Die Wettbewerber könnten nun noch mehr Nahbereiche exklusiv ausbauen und bekämen mehr Möglichkeiten, die Infrastruktur der Telekom benutzen, sagte ein Firmensprecher der dpa.

Die betroffenen Wettbewerber sind auch nicht glücklich über den "zweifelhaften Vorgang", wie es in einer gemeinsamen Stellungnahme der Verbände Breko, Buglas und VATM heißt. Die Unternehmensvertreter werfen der Bundesnetzagentur taktische Spielchen vor, "um die EU-Kommission durch die Neuvorlage nun unter massiven politischen Druck zu setzen". Die Änderungen, welche die Regulierungsbehörde vorgenommen hat, halten die Telekom-Konkurrenten nicht für ausreichend.

Die Bundesnetzagentur habe den neuem Regulierungsentwurf der EU-Kommission vorgelegt, "ohne den betroffenen Marktteilnehmern noch einmal die Möglichkeit zur Stellungnahme einzuräumen", kritisieren die Verbände. Offenbar gehe die Behörde "davon aus, dass die EU-Kommission nicht erneut erhebliche Bedenken äußern und damit ein weiteres Phase-II-Verfahren einleiten wird." In einigen Punkten seien die Bedingungen sogar verschlechtert worden. In diesem Hinblick kritisieren die Verbände besonders die neue Drittel-Abstands-Regel bei den erschlossenen Kvz und fordern eine einfache Mehrheitsregel.

Die nun vorgenommenen Anpassungen der Bundesnetzagentur seien rein "kosmetischer Art" und verbesserten in der Praxis die Ausbaumöglichkeiten für den Wettbewerb allenfalls geringfügig, monieren die Verbande: "Das Ergebnis bleibt auch bei diesem Entwurf das gleiche: ein weitgehendes Infrastruktur-Monopol für die Deutsche Telekom in den HVt-Nahbereichen." Von Oettinger erwarten die Telekom-Wettbewerber, sich dem "Druck nicht zu beugen und seine erheblichen Bedenken erneut in einem Phase-II-Verfahren münden zu lassen". (vbr)