Der Telekom-Regulierung stehen Veränderungen ins Haus

Zur Verabschiedung erhielt der scheidende Präsident der Regulierungsbehörde nicht von allen Seiten gute Noten.

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Von
  • Peter Lessmann
  • dpa

Zur offiziellen Verabschiedung durch den Bundeswirtschaftsminister Werner Müller am heutigen Mittwoch in Bonn gab es für Klaus-Dieter Scheurle nur die allerbesten Noten: Schließlich hatte der erste Präsident der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) der Branche den Wettbewerb gebracht und den Verbrauchern günstige Telefontarife beschert. Seit Marktöffnung 1998 bis heute fielen die Gebühren im Fernbereich über 90 Prozent, im Mobilfunk um 40 Prozent. Ende 2000 soll es 48 Millionen Handybesitzer und 24 Millionen Internetnutzer geben. Eine bemerkenswerte Entwicklung, meinte Scheurle.

Binnen kürzester Zeit öffnete sich der deutsche Telekom-Markt weiter als jeder andere in Europa. Für den Bund kassierte Scheurle bei der Auktion der UMTS-Lizenzen im August fast 100 Milliarden Mark. "Am liebsten erinnere ich mich an die Zukunft", zitierte der scheidende Präsident den spanischen Maler Salvador Dali und meinte damit auch die Telekommunikations- und Postmärkte.

Doch mit seiner offensiven Regulierungspolitik schaffte sich der 46-jährige Jurist nicht nur Freunde. Vor allem die Deutsche Telekom musste durch seine Entscheidungen bluten. Im Festnetzgeschäft verzeichnete der Ex-Monopolist durch das Eindringen der Wettbewerber drastische Marktanteilsverluste. Sinkende Preise drückten zudem auf Erlöse und Erträge und letztlich auf den Kurs der T-Aktie.

Durch die gegenwärtige Regulierung werde die T-Aktie erheblich belastet, sagte Telekom-Chef Ron Sommer unlängst vor Journalisten. Er schätzt dabei den Abschlag auf deutlich über 25 Prozent. Ein Dorn im Auge des Vorstandsvorsitzenden ist außerdem die nach seiner Ansicht unfaire Behandlung der Telekom in Europa: Während andere europäische Giganten (Vodafone, British Telecom, France Telecom) auf deutschem Boden ein leichtes Spiel hätten, habe die Telekom auf deren Märkten nicht die gleichen Chancen.

Mit dem neuen Regulierungschef, der am 15. Januar in Berlin gekürt werden soll und voraussichtlich Matthias Kurth (SPD) heißen wird, setzt die Telekom auf einen Kurswechsel in der Regulierungspolitik. Und dabei weiß sie die rot-grüne Bundesregierung auf ihrer Seite. Schließlich hält der Bund mit 58 Prozent weiterhin die Mehrheit an dem Unternehmen.

Der Telekommunikationsmarkt heute sei ein anderer als 1998, schrieb der SPD-Bundestagsabgeordnete Klaus Barthel Anfang Dezember in einem Thesenpapier. "Den Veränderungen und Erfahrungen muss auch die Regulierungspolitik Rechnung tragen". Die bisher betriebene Marktöffnung solle zwar nicht zurückgedreht werden, aber eine Akzentverschiebung sei erforderlich. Dabei geht es um Teilmärkte im Fernbereich und um Auslandsgespräche.

Sommer sieht ferner im Ortsnetz keine marktbeherrschende Stellung der Telekom mehr, obwohl die Regulierungsbehörde nach wie vor bei rund 97 Prozent von einem Monopol spricht. Der relevante Markt sei heute die Telefonie insgesamt und nicht mehr das Festnetz, meint der Telekom-Chef. In diese Richtung zielt auch Barthel mit seiner Feststellung, dass "das traditionelle Festnetz zunehmend durch alternative Netze und Techniken (Mobilfunk, Kabel) in seiner Bedeutung relativiert wird".

Für den wahrscheinlichen Scheurle-Nachfolger Kurth brechen keine leichten Zeiten an: Beim Spagat zwischen den Forderungen der Telekom und ihren Wettbewerbern und dem Druck aus Berlin geht es auch um die Glaubwürdigkeit einer Aufsichtsinstanz. Und so wird der künftige Präsident bald Farbe bekennen müssen: Über die Monatsmiete für den Ortsanschluss (25,40 DM) beispielsweise, den die Telekom für zu niedrig hält, steht in wenigen Monaten eine neue Entscheidung an. (Peter Lessmann, dpa) / (jk)