Fernsteuerung getestet: Kommt bald das Homeoffice für Lokführer?

Die SBB in der Schweiz hat eine Rangierlokomotive in Tests ferngesteuert bewegt. Was sich die Bahnen davon versprechen und was das für Reisende bedeutet.

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Fernsteuerung einer Lokomotive über einen entfernten Arbeitsplatz

Das Bild zeigt den Arbeitsplatz des Lokführers, der den Zug aus der Ferne steuert.

(Bild: SBB)

Lesezeit: 3 Min.

Als eine der ersten Bahnen in Europa hat die Schweizerische Bundesbahnen AG (SBB) Testfahrten mit einer ferngesteuerten Lokomotive unternommen. Diese fanden statt in Zusammenarbeit mit dem Hersteller Alstom und im laufenden Betrieb – allerdings gab es verschiedene menschliche Absicherungen, wenn etwas schiefgelaufen wäre. Und obwohl die Tests laut SBB erfolgreich waren, sind selbstfahrende Züge mit Reisenden für die SBB aktuell kein Thema. Auch dass Lokführer sich aus dem Homeoffice betätigen können, bleibt vorerst eine Fantasie, wenngleich es technisch möglich wäre. Die Schweizer haben jedoch andere Pläne für die Fernsteuerung.

Die Testfahrten fanden im Februar und März dieses Jahr statt. Gesteuert wurde die 90 Tonnen schwere Alstom-Lokomotive vom Typ Aem 940 von einem Kontrollraum im Zürcher Stadtteil Oerlikon aus. In dem Testszenario für den automatisierten Betrieb, intern ATO genannt, ging es darum, einen defekten Zug ferngesteuert in einen sicheren Bereich zu bewegen.

24 Lokführerinnen und Lokführer betätigten sich dabei abwechselnd als "Remote Operator" für die Lokomotive, die auf einem Rangierbahnhof in einem anderen Teil Zürichs unterwegs war. Das Fernsteuerpult ähnelte einem Zugsimulator. Mehrere Kameras in der Lokomotive übertrugen dabei das normale Sichtfeld eines Lokführers auf Computerbildschirme.

Bei den Tests war die Lokomotive mit höchstens 30 km/h unterwegs. Zur Sicherheit begleiteten jeweils ein Lokführer und ein Probefahrleiter die Fahrten im Zug. Die Testfahrten wurden außerdem vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) begleitet, das sich für die menschlichen Faktoren bei automatisierten Fahrten interessierte und sich bei der nutzerfreundlichen Gestaltung des Arbeitsplatzes für die Fernsteuerung einbrachte.

Die SBB könnten sich den Einsatz automatisierter Lokomotiven für Wartungsarbeiten in Tunneln und auf Baustellen vorstellen. Hier seien jeweils nur einzelne kurze Bewegungen nötig, die auch aus der Ferne gesteuert werden könnten. Auch bei der Bereitstellung von Zügen könnten automatisierte Fahrzeuge eingesetzt werden, sodass Lokführer erst am Bahnsteig gemeinsam mit den Fahrgästen einsteigen müssen. Dies würde auch helfen, Arbeitsunfälle im Gleisfeld zu vermeiden.

Bis die Fernsteuerung im Alltag ankommt, sei es aber noch ein weiter Weg. Zuerst müssten auf europäischer Ebene Betriebsprozesse und Regelungen angepasst werden. Der jetzige Test diente vor allem dazu, europäische Normierungsentwürfe zu prüfen. Die SBB plant voraussichtlich ab 2025 das automatische Beschleunigen und Bremsen im Güterverkehr zu testen. Bereits ab Ende des Jahres könnten Erprobungen des automatischen Aufstartens von Zügen und in der Signal- und Hindernisassistenz beginnen. Komplett ferngesteuerte Reisezüge stehen indessen nicht auf der Agenda.

(mki)