Mobilitätswende: Forschungsprojekt zu vernetzem Verkehr für lebenswertere Kieze

Mit Mikro-Depots als Paket-Zwischenlagern, digitalen Zwillingen und autonomen Schienenbussen wollen Forscher die vernetzte Mobilität sozialorientiert beflügeln.

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Ver­netz­te Mo­bi­li­tät für le­bens­wer­te Or­te (Sym­bol­bild)

(Bild: DLR (CC BY-NC-ND 3.0))

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Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) tüftelt im Projekt "Vernetzte Mobilität für lebenswerte Orte" (VMo4Orte) an Bausteinen für Verkehrskonzepte, die kommunale Quartiere ausgerichtet an den Bedürfnissen der Bewohner klimaverträglich machen sollen. Für den lokalen Bezug sind dafür "Praxispaten" vorgesehen, zu denen Verkehrsunternehmen, Kommunen und öffentliche Einrichtungen sowie Firmen der Mobilitäts- und Logistikbranche zählen. Die erarbeiteten Ideen und Konzepte sollen beispielhaft in Form von Demo-Initiativen umgesetzt werden. Dafür stehen über eine Laufzeit von drei Jahren insgesamt rund 21 Millionen Euro zur Verfügung.

Die VMo4Orte-Leitung hat das DLR-Institut für Verkehrsforschung in Berlin übernommen. Das Vorhaben untergliedert sich in vier Teilprojekte, in denen es etwa darum geht, den Personen- und Güterverkehr in Stadt und Umland nachhaltiger zu machen. Ein Ansatz dabei sind kleinere, lokale Zwischenlager für Paketlieferungen, um den Online-Shopping-Boom klimafreundlicher zu bewältigen: Von "Mikro-Depots" aus könnten dem Plan nach kleinere, leisere und alternativ angetriebene Fahrzeuge zum Einsatz kommen. Erprobt werden soll ferner etwa am Lausitzer Platz in Berlin-Kreuzberg, inwiefern Kieze für eine höhere Aufenthaltsqualität "umgewidmet" werden können.

Vorantreiben wollen die Wissenschaftler ferner "zukunftsweisende Fahrzeugkonzepte für Straße und Schiene". Innovative Fahrzeuge, die möglichst automatisiert, flexibel und elektrisch unterwegs sind, sollen dabei eine wichtige Rolle spielen. Als Beispiel nennt das DLR die hierzulande mittlerweile auch autonom möglichen "Mover"-Konzepte für den Transport von Personen und Gütern genauso wie elektrische Klein- und Leichtfahrzeuge. Einfließen sollen bereits existierende und prototypisch umgesetzte Designstudien wie das "U-Shift": Es kombiniert eine U-förmige, elektrisch betriebene, automatisiert fahrende Antriebseinheit mit Transportkapseln.

Das geschickte und zuverlässige Kombinieren mehrerer Verkehrsmittel mithilfe "intermodaler" Angebote sehen die Forscher als weiteren Lösungsansatz. Anhand eines "digitalen Zwillings" des Kölner Hauptbahnhofs wollen sie alle relevanten Verkehrsflüsse dieses Knotenpunktes erfassen und ins gesamtdeutsche Verkehrsnetz integrieren. Damit soll sich im Computer simulieren lassen, wie sich etwa Änderungen bei Prozessen und Infrastruktur auf das Gesamtsystem auswirken.

Dazu treten dem Plan nach "neuartige Geschäftsmodelle, die klimaverträgliche Mobilität fördern". Hier schwebt dem DLR etwa die Einführung alternativer Kraftstoffe wie Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen an Verkehrsknotenpunkten wie Flughäfen vor. Entwickelt werden sollen auch bedarfsorientierte Konzepte für den ÖPNV etwa in Form von Kleinbussen, die nach Bedarf eingesetzt werden können. "In Zukunft müssen wir Mobilität noch viel stärker als bisher als vernetztes System denken und dann auch umsetzen", betont die DLR-Vorstandsvorsitzende Anke Kaysser-Pyzalla. Gesellschaftliche Inklusion und die Berücksichtigung der Bedürfnisse aller Beteiligten seien die Basis für eine "von allen akzeptierte Mobilitätswende" im Interesse des Klimaschutzes und der "Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft".

(tiw)