GamePlaces International: Serious Games und Games 2.0

In Frankfurt am Main fand gestern zum zweiten Mal die Fachkonferenz GamePlaces International statt. Zum Schwerpunkt Serious Games stellten vor allem Entwickler aus den Niederlanden ihre aktuellen Projekte vor.

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Von
  • Frank Magdans

Wie bedient man einen Kran an Bord eines Schiffes? Welche Szenarien sind bei Autounfällen denkbar? Welchen Einfluss hat ein neuer Supermarkt auf das Stadtbild? Im Rahmen der GamePlaces International in Frankfurt am Main, einer Fachkonferenz der Computer- und Videospielbranche, präsentierten deutsche und niederländische Studios die Ergebnisse derartiger Arbeiten. Diese wurden unter dem Begriff Serious Games subsummiert, doch so mancher Redner hatte seine Probleme damit, den Terminus fachgerecht einzuordnen.

Sind Serious Games denn überhaupt Spiele? Michael Schumann, Dozent an der Münchener Mediadesign Hochschule für Design und Informatik, zeigte, wie schwer die Antwort sein kann. Denn es gab Widersprüche. So sollen mitunter genauso Online-Rollenspiele wie spielbasierte Applikationen im Berufsleben unter diese Kategorie fallen. Tatsächlich aber ist der Begriff Serious Games eher ein Marketingschlagwort, ein Mittel zur Verkaufsförderung. Mit einem Fachwort für ein Genre sollte man es daher besser nicht verwechseln. Auf Theorieebene gibt es demnach noch allerhand Klärungsbedarf.

Die Bandbreite der einzelnen Projekte, die den Schwerpunkt Serious Games bildeten, demonstrierte sehr gut, weshalb es überhaupt zu solchen Gedankenfehlgängen kommt: Zum einen wurde auf Spiele mit edukativen Inhalten eingegangen. Webbasierte Managementspiele durften hierbei ebenso nicht fehlen. Zum anderen wurden diverse Beiträge zum Thema Job-Training vorgestellt. Von diesen eher drögen Ansätzen setzte sich einzig die Echtzeit-3D-Stadtplanungssimulation ab, die Kim Grüttner von maila-push aus Darmstadt zeigte. Dabei betonte er, dass das Unternehmen gerade mit den Möglichkeiten, zusätzlich historische Dokumentationen zu erstellen, eine weitaus ältere Zielgruppe als bisher ansprechen wolle. Viele hätten großes Interesse daran, zu sehen, wie ihr Wohnort womöglich in den 1930er- oder in den 1980er-Jahren aussah.

Das ist zugleich das Besondere an der Technologie: Mit einem virtuellen 3D-Informationssystem namens "sight board" ist es möglich, durch die Straßen zu schlendern und per Tastendruck zwischen den Zeiten hin und her zu switchen. Die Präsentation hatte sogar was von einem Ego-Shooter, nur eben ohne Altersbeschränkung. Mit Games im üblichen Sinn hat das am Ende aber ohnehin kaum noch was gemein. Vielmehr ist es die nächste Stufe zur Virtual Reality, lässt sich doch auch optimal durchspielen, wie ein neuer Supermarkt das Stadtbild verändern könnte – kein Wunder, dass die eine oder andere Kette schon bei maila-push angeklopft hat. Grüttners Ausführungen zufolge sei letztlich der Raum in den Komunen sehr knapp, der Bedarf für Dienstleistungen wie maila-push also umso größer.

Am Rande des Hauptprogramms läutete Craig Allen, seinerseits Chef und Mitbegründer von Spark Unlimited, jenem Studio, das mit "Call of Duty: Finest Hour" und "Turning Point: Fall of Liberty" bekannt geworden ist, das Games-2.0-Zeitalter ein: Für Allen wird in Kürze der Einfluss der sozialen Netzwerke zunehmen. Es gäbe immer mehr "vom User generierte Inhalte", woraus in letzter Instanz "ein global vernetzter Marktplatz" entstehen würde. In diesem Zusammenhang machte Allen auf Titel wie "Lego Universe" oder "Little Big Planet" aufmerksam. Spieler würden so nicht einfach nur mehr Affinität zur Marke entwickeln, sondern auch unser bisheriges Verständnis von Games sei im Zuge dessen zu überdenken. Das Interessanteste an Allens Ausführung war die Anschaulichkeit und wie flott er die Entwicklung der Computer- und Videospiele in den Kontext der Filmgeschichte setzte, um zu zeigen, wie eng die einzelnen Medien heutzutage miteinander verzahnt sind. Unbeantwortet blieb jedoch die Frage, inwieweit wir die Medien noch selbst kontrollieren oder inwieweit sie uns schon kontrollieren. (Frank Magdans / (hag)