Gesundheitsnetz: Gematik plant Zertifikatsverlängerung für Konnektoren ab Juli

Das Software-Update für den verlängerten Einsatz der Spezialrouter für das Gesundheitswesen soll im dritten Quartal bereitstehen. Kurz vor knapp.

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(Bild: Chinnapong/Shutterstock.com)

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Die Sicherheitszertifikate der ersten Konnektoren – besonders gesicherte Router für das Gesundheitswesen – laufen seit September 2022 aus, sodass die Geräte ausgetauscht werden müssen. Bei allen Konnektor-Zertifikaten, deren Gültigkeit bis August 2023 abläuft, wurde ein Tausch des Konnektors entschieden. Für alle neueren Geräte soll es darüber hinaus die Option geben, die Laufzeit der Zertifikate mittels Software-Update zu verlängern.

Derzeit fehlt allerdings noch die Infrastruktur, um dieses Update über die von der nationalen Gesundheitsagentur Gematik betriebenen Telematikinfrastruktur (TI) an die Konnektoren zu übertragen. Die dafür nötige Lösung soll im dritten Quartal bereitstehen, wie die Gematik auf eine Anfrage von heise online mitteilte. Demnach stehen die entsprechenden Firmware-Versionen kurz vor der Fertigstellung, müssen aber noch geprüft werden.

Bis dahin stehen Ärzten und anderen Leistungserbringern nur zwei Möglichkeiten zur Verfügung: der Konnektor-Tausch und "TI as a Service" – ein vom Dienstleister im Rechenzentrum betriebener Konnektor. Entsprechend weisen IT-Dienstleister ihre Kunden momentan auch nur auf diese beiden Optionen hin.

Die Konnektorhersteller Rise und Secunet hatten im August 2022 die entsprechenden Updates vorbereitet, nach der Entscheidung für den Konnektor-Tausch jedoch zurückgezogen, weil die Zertifikatsverlängerung aus den Spezifikationen gestrichen wurde. Der dritte Hersteller CompuGroup Medical (CGM) hatte damals kein Update bereitgestellt, schloss die Option der "Zertifikatsverlängerung für die Zukunft" jedoch nicht aus, nachdem der CCC demonstrierte, dass ein entsprechendes Update sogar für veraltete CGM-Geräte möglich wäre.

Internal Server Error

Vom Konnektor-Tausch betroffen sind vorwiegend die Geräte des Herstellers CompuGroup Medical (CGM). Die für die Digitalisierung des Gesundheitswesens zuständige Gematik und deren Gesellschafter hatten den Tausch als "sicherste und ökonomisch sinnvollste Lösung" erachtet, obwohl das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik einen Weiterbetrieb der Konnektoren bereits abgenickt hatte. Während die anderen beiden Hersteller das Software-Update zur Zertifikatsverlängerung implementiert hatten, hielt sich CGM nicht an die Vorgaben der Gematik, der staatlichen Gesundheitsagentur.

Ab dem 1. Juli soll die Finanzierung der TI für Arztpraxen und Apotheken über eine monatliche TI-Pauschale von den Krankenkassen laufen. Zwar geht die Gematik davon aus, dass bei der Vereinbarung auch die Finanzierung des Software-Updates berücksichtigt wird, das BMG sieht jedoch keinen "direkten Zusammenhang zwischen der TI-Pauschale und dem Tausch der Konnektoren". Dabei wies eine Sprecherin des BMG darauf hin, dass "Konnektoren der TI [...], wie andere IT-Komponenten auch, eine begrenzte Lebensdauer [haben]".

Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) und die Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) hatten sich jedoch nicht auf die Höhe der Pauschale einigen können. Daher regelt das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) die Finanzierung spätestens zum 30. Juni 2023 selbst. Auch der Deutsche Apothekerverband und der GKV-Spitzenverband konnten sich bei ihren Verhandlungen nicht einigen, wie die Ärztezeitung berichtet. Die Meinungsverschiedenheiten beträfen demnach unter anderem die Höhe der TI-Pauschale und die Art und Umfang der notwendigen TI-Komponenten. Daher habe der Verband das BMG aufgefordert, die Pauschale festzulegen.

Die Kassenzahnärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe beobachtet die aktuellen Entwicklungen mit großer Besorgnis: "Durch die beabsichtigte Einpreisung von einmaligen Aufwendungen durch die Ausstattung von neuen TI-Komponenten in der Praxis in die monatliche TI-Pauschale" wird laut Michael Evelt, dem stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden der KZVWL, der Kostendruck auf die Zahnarzt- und Arztpraxen verlagert. Daher müssten Praxen in eine Art Vorfinanzierung gehen, bei einer Laufzeit der Komponenten von möglicherweise zehn Jahren.

Doch nicht nur aufgrund der Vorfinanzierung wachse der Frust bei den Ärzten, sondern auch wegen der aktuellen Unterfinanzierung aktueller Kosten bestehender TI-Anwendungen. Weitere Zweifel bestünden auch daran, ob mit der TI-Pauschale "die Verwerfung der Marktgegebenheiten" reguliert werde, so Evelt weiter. Bisher hätten sich die Preise der Anbieter immer an den vereinbarten Erstattungssätzen orientiert.

Weitere Probleme sieht Evelt bei der "stichtagsbezogenen Umsetzung" der TI-Pauschale. "Der Austausch von TI-Komponenten erfolgt immer in Absprache mit dem Dienstleister vor Ort und unter Berücksichtigung von den jeweiligen Praxisobliegenheiten". Daher sei eine Vorlaufzeit für die Praxen notwendig. Darüber hinaus greife der Gesetzgeber damit, dass er selbst die Finanzierung festlegt, erneut in das Selbstverwaltungsrecht ein.

Die Kassenärztliche und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) konnten bei den Verhandlungen keine Aussicht auf eine gemeinsame Lösung sehen. "Die Verhandlungen waren nur ein politisches Feigenblatt", kommentierte der KZBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Karl-Georg Pochhammer die gescheiterte Verhandlung. Das BMG hätten von vornherein keine Möglichkeit für Verhandlungen gelassen.

Arztpraxen hatten sich von der Digitalisierung Arbeitserleichterungen erhofft, doch die "bisher schlecht gemachte Einführung digitaler Prozesse und Komponenten habe das Vertrauen in die Telematikinfrastruktur erschüttert", heißt es in einem Brief der KBV und der KZBV an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Sie fordern zudem den vollständigen Ausgleich finanzieller Mehrbelastungen. Bisher seien schon die aktuellen Pauschalen zu knapp bemessen, was dazu führe, dass die Praxen auf Kosten sitzen bleiben.

(mack)