Google Street View: Widersprüche müssen erneuert werden

"Wer seine Privatsphäre schützen will, muss erneut aktiv werden", betont der Datenschutzbeauftragte Alexander Roßnagel zum Restart von Googles Straßenansicht.

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Weiß-Grünes Auto mit Kameraaufbau auf dem Dach

(Bild: Shutterstock.com/Michal Zduniak)

Lesezeit: 3 Min.

Bereits eingelegte Widersprüche gegen Aufnahmen bei Google Street View gelten nicht für neue Aufnahmen des Dienstes. Darauf weist der Hessische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Alexander Roßnagel, hin. Wer seine Privatsphäre schützen wolle, müsse erneut widersprechen.

Google Street View ist praktisch "für viele, die sich für eine Mietwohnung interessieren, die etwas anliefern müssen oder die einfach nur sehen wollen, wer, wie und in welcher Umgebung wohnt", weiß Roßnagel, der auch Sprecher der vom Bundesbildungsministerium geförderten Plattform Privatheit ist. Doch nicht alle Nutzer hätten gute Absichten: "Die Abbildung von Haus, Wohnung, Garten und Umgebung erlaubt Rückschlüsse auf Ausstattung, finanzielle Verhältnisse, soziales Niveau und städtebauliche Einbindung, Infrastruktur, wirtschaftlichen Wert, Zugänglichkeit, Diebstahlsmöglichkeiten und vieles mehr. Daher ist es auch nachvollziehbar, dass diese öffentliche, weltweit zugängliche Präsentation des eigenen Heims nicht allen recht ist."

Er hält es für notwendig, auch auf jene Rücksicht zu nehmen, "die sich gegen die Ausspähung ihres Lebensmittelpunktes wehren", hebt Roßnagel hervor. Google handele bei dem Straßenansichtsdienst nicht im öffentlichen Interesse. Vielmehr gehe es dem Konzern darum, Nutzerdaten zu erfassen, mit Informationen aus anderen Google-Diensten zusammenzufassen, Persönlichkeitsprofile zu erstellen und damit vor allem individualisierte Werbung zu betreiben. Anwender zahlten zwar nicht mit Geld, aber mit Informationen über ihre Subjektivität in Form ihrer Interessen und Verhaltensweisen.

"Niemand muss Widerspruch einlegen, aber jeder soll es können", meint Roßnagel. Für diese Möglichkeit hätten die Datenschutzaufsichtsbehörden erst kämpfen müssen. Datenschutzrecht sah zwar abstrakt Widersprüche vor, doch habe Google erst nach Auseinandersetzungen ein leicht bedienbares Verfahren implementiert. Es gibt ein Online-Formular sowie die E-Mail-Adresse streetview_deutschland@google.com. Gesichter und Kfz-Kennzeichen müssen schon vor Veröffentlichung der Bilder verpixelt werden, ohne Antrag.

Seit Juni 2023 gab es laut dem Hamburgischen Datenschutzbeauftragten, Thomas Fuchs, zirka 100.000 Widersprüche. Die vergleichsweise geringe Zahl erklärt sich Roßnagel damit, dass viele Street View gar nicht wahrnähmen, sich der damit verbundenen Risiken nicht bewusst oder über das Opt-out-Prozedere nicht informiert seien. Die bewusste Entscheidung, sich für oder gegen die Aufnahmen und die Darstellungen des eigenen Hauses oder der eigenen Wohnung zu wehren, sei auch Ausdruck der informationellen Selbstbestimmung. Er hält es für keinen Akt von Datenaltruismus, nicht zu widersprechen. Datenkonzerne seien darauf aus, "ihre Informationsmacht noch weiter ausbauen und ihr Wissen über die erfassten Menschen ausnutzen können".

Hier setzt der Digital Markets Act (DMA) der Europäischen Union an. Seit Inkrafttreten der Verordnung zeigt Google seinen Kartendienst Google Dienst in allgemeinen Suchergebnissen im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) nicht mehr an. Nutzer müssen Google Maps direkt aufrufen. Gleichzeitig greifen Angebote dritter Portale mehr Platz. Im Ergebnis bringt der DMA Zwischenhändlern mehr Traffic, manchen Webseiten aber weniger.

(akn)