Human Rights Watch kritisiert Autoindustrie​: Zwangsarbeit in Xinjiang

Knapp 10 Prozent des weltweit hergestellten Aluminiums kommt aus Xinjiang. Dort gäbe es Zwangsarbeit, kritisiert Human Rights Watch.​

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Protest von VW-Hauptversammlung

Im Mai 2023 machte die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) vor der Jahreshauptversammlung von Volkswagen auf die Situation der Uiguren in Xinjiang aufmerksam.

(Bild: Hanno Schedler/GfbV)

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Erst im Dezember 2023 hatte ein Bericht Volkswagen zum Teil entlastet, doch die Kritik an den Arbeitsbedingungen in der chinesischen Region Xinjiang reißt nicht ab. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) geht in einem nun vorgelegten Bericht unter anderem mit der Autoindustrie hart ins Gericht. Die unternehme aus Sicht von HRW zu wenig gegen Zwangsarbeit in ihren Lieferketten. "Autofirmen kennen das Ausmaß ihrer Verbindungen zu Zwangsarbeit in Xinjiang in ihren Aluminium-Lieferketten einfach nicht", sagte HRW-Mitarbeiter Jim Wormington. Uiguren, Angehörige anderer Minderheiten und Menschenrechtsorganisationen berichten seit Jahren, dass Hunderttausende Menschen in Xinjiang gegen ihren Willen in Umerziehungslager gesteckt, zum Teil gefoltert und zu Zwangsarbeit gezwungen wurden. Die chinesische Regierung bestreitet diese Vorwürfe.

Human Rights Watch argumentiert, es lägen glaubwürdige Beweise vor, dass Aluminiumhersteller in Xinjiang an Programmen der chinesischen Regierung beteiligt sind, die Uiguren und Angehörige anderer muslimischer Gemeinschaften zwingen, Arbeit in Xinjiang und anderen Regionen anzunehmen. Für die Recherche wurden unter anderem staatliche Medien in China sowie Regierungs- und Unternehmensberichte ausgewertet. "Einige Autohersteller in China haben sich dem Druck der Regierung gebeugt und wenden in ihren chinesischen Joint Ventures weniger strenge Standards für Menschenrechte und verantwortungsvolle Beschaffung an als in ihren weltweiten Betrieben", heißt es in dem Bericht. Hersteller wie General Motors, Tesla, BYD, Toyota und Volkswagen hätten es versäumt, das Risiko uigurischer Zwangsarbeit in ihren Aluminium-Lieferketten zu minimieren. Mehr als 15 Prozent des in China produzierten Aluminiums oder 9 Prozent des weltweiten Angebots stamme demnach aus Xinjiang.

Volkswagen teilte mit, seine Verantwortung als Unternehmen im Bereich der Menschenrechte weltweit sehr ernst zu nehmen, auch in China. Man halte sich eng an die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Diese sind Teil des Verhaltenskodex (Code of Conduct) des Unternehmens. "Wir setzen nicht nur im Volkswagen Konzern hohe Standards, sondern arbeiten auch entlang der Lieferketten an der Einhaltung dieser Werte", sagte ein Sprecher. VW betreibt in einem Gemeinschaftsunternehmen mit dem chinesischen Hersteller Saic selbst ein Werk in Xinjiang. Im Abschlussbericht einer selbst in Auftrag gegebenen Untersuchung kamen Prüfer im Dezember 2023 zu dem Schluss, dass Volkswagen in seinen Werken keine Zwangsarbeiter beschäftigt.

Gheyyur Kuerban, Berlin Direktor des Weltkongresses der Uiguren, hatte kritisiert, dass in diesem Bericht Lieferketten unberücksichtigt geblieben wären. "Das von VW veröffentlichte Audit lenkt die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit weg vom eigentlichen Problem: Die gravierenden Probleme der uigurischen Zwangsarbeit in seinen Lieferketten, für die es belastbare Hinweise gibt, werden offensichtlich weiter ignoriert", sagte Kuerban. Dieser Kritik schloss sich die Gesellschaft für bedrohte Völker an. Es sei ein Unding, dass VW in diesem äußerst repressiven Umfeld überhaupt ein Werk betreibe. Führende Prüfunternehmen hielten die Region für nicht auditierbar. "Gespräche mit zweifellos handverlesenen Beschäftigten können hier den Verdacht auf Zwangsarbeit in den Lieferketten des Unternehmens nicht ausräumen", meint Hanno Schedler, GfbV-Referent für Genozid-Prävention und Schutzverantwortung.

(mfz)