"Jenseits des Möglichen": Erneut nicht zu erklärende Galaxie im frühen Universum

Eine Forschungsgruppe hat eine 11,5 Milliarden Jahre alte Riesengalaxie gefunden, deren Sterne 1,5 Milliarden Jahre älter sind. Das wirft Fragen auf.

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Kleine orange-rote Galaxie, auf die ein großer grüner Pfeil zeigt

Die unmögliche Galaxie

(Bild: Swinburne University of Technology)

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Erneut wurde mit dem Weltraumteleskop James Webb eine "unmögliche" Galaxie im frühen Universum entdeckt, die viel zu früh viel zu groß geworden war. Das hat eine Forschungsgruppe der Swinburne University of Technology im australischen Melbourne öffentlich gemacht. Die Galaxie mit der Bezeichnung ZF-UDS-7329 hatte demnach vor 11,5 Milliarden Jahren schon viermal so viele Sterne wie die Milchstraße. Gleichzeitig seien die extrem alt und noch einmal 1,5 Milliarden Jahre vorher entstanden. Mit unseren gegenwärtigen Modellen könne das nicht erklärt werden. Der Fund weise auf mögliche Lücken bei unserem Verständnis von frühen Sternpopulationen, der Entstehung von Galaxien und der Natur der Dunklen Materie hin.

Wie Studienleiter Karl Glazebrook ausführt, hat die Gruppe die Galaxie bereits seit sieben Jahren untersucht und stundenlang mit zwei der größten Teleskope auf der Erde erforscht. Dabei habe man aber ihr Alter nicht herausfinden können, weswegen man Hilfe aus dem Weltraum benötigt habe. Erst mit dem Weltraumteleskop James Webb (JWST) und dank der damit möglichen Infrarotastronomie habe man das jetzt herausfinden können. Das ermittelte Alter werfe aber jetzt die grundlegenden Fragen auf, wie die Galaxie so früh so groß werden konnte und warum solche Galaxien später abrupt aufgehört haben, Sterne zu produzieren – genau dann, als der Rest des Universums damit begonnen habe.

Die Entstehung von Galaxien hängt nach unserem Verständnis eng mit der Konzentration von Dunkler Materie zusammen, ergänzt die Astronomin Claudia Lagos. Wenn man nun solch extrem massereiche Galaxien derart früh im Universum entdeckt, sei das eine signifikante Herausforderung für das Standardmodell der Kosmologie. Man gehe einfach davon aus, dass die für deren Entstehung nötigen Strukturen aus Dunkler Materie damals einfach noch nicht haben entstehen können. Mit weiteren Analysen könnte man jetzt erforschen, wie häufig solche Galaxien in jener Epoche waren und wie massereich sie wirklich sind. Erst wenn man mehr als eine davon gefunden habe, könne man wirklich weitergehende Schlüsse ziehen. Die Arbeit ist im Fachmagazin Nature erschienen.

Das Weltraumteleskop James Webb wurde am 25. Dezember 2021 gestartet. Seitdem es die wissenschaftliche Arbeit aufgenommen hat, begeistert die Qualität der Daten nicht nur die Wissenschaftsgemeinde. Immer wieder wird seitdem hervorgehoben, wie viele Galaxien und unerwartet massereiche Schwarze Löcher das Instrument im besonders frühen Universum entdeckt. Damit wird immer deutlicher, dass eine Überarbeitung unserer Modelle nötig ist, um die Beobachtungen erklären zu können. Erst vor wenigen Tagen hat eine Forschungsgruppe erklärt, dass damit gesammelte Daten nahelegen, dass unser Verständnis von der Reihenfolge der Entstehung von supermassereichen Schwarzen Löchern und Galaxien falsch ist.

(mho)