Kasachstan: Gewalt, Anti-Regierungsproteste und Internet-Blackout

Im Zuge von Anti-Regierungsprotesten wurde in Kasachstan das Internet landesweit abgeschaltet. Inzwischen ist die Regierung zurückgetreten.

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(Bild: patrice6000/Shutterstock.com)

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Die zentralasiatische Republik Kasachstan ist nach Störungen und Einschränkungen des mobilen Internets nun von einem landesweiten Internetausfall betroffen – das berichten verschiedene Medien und die Organisation Netblocks. Vorangegangen waren gewaltsame Anti-Regierungsproteste, mit der die Bevölkerung auf die Verdopplung der bis dahin gedeckelten Flüssiggaspreise an den Tankstellen reagierte.

Unter dem Druck der Öffentlichkeit trat Premierminister Askar Mamin mit seiner gesamten Regierung zurück. Der bisherige Vize Älichan Smajylow übernahm die Amtsgeschäfte.

Die Proteste begannen am 2. Januar aufgrund steigender Autogas-Preise. Viele Kasachen tanken Flüssiggas, weil es billiger als Benzin ist. Die Regierung hatte die hohen Tankrechnungen zunächst mit einer gestiegenen Nachfrage begründet. Trotz anschließender Senkung der Gaspreise durch Kasachstans Präsidenten Kassym-Jomart Tokajew konnten die Proteste nicht beendet werden.

Störungen des mobilen Internets

(Bild: Netblocks)

Seit dem 5. Januar ist das ganze Land von der Abschaltung des Internets betroffen. Möglich wäre, dass die Behörden des Landes damit weiteren Protesten vorbeugen wollen. Kasachstan hat eine lange Historie solcher Maßnahmen. Beispielsweise wurde die Kommunikation bei Wahlen und beim "nationalen Tag des Sieges" eingeschränkt, wie Netblocks dokumentiert hat.

Internet-Blackout in Kasachstan

(Bild: Netblocks)

Auch mehrere kasachische Fernsehsender stellten ihren Betrieb vorübergehend ein. Die Behörden sprachen am Nachmittag (Ortszeit) des 5. Januar allein in der Wirtschaftsmetropole Almaty von rund 500 Verletzten. Demonstranten stürmten trotz Appellen zu einer friedlichen Lösung die Stadtverwaltung und die Residenz des Präsidenten.

Tokajew sagte in einer Ansprache, es gebe auch Tote bei den Ausschreitungen. Zahlen nannte er keine. "Die Situation bedroht die Sicherheit aller Bürger von Almaty. Das kann nicht toleriert werden." Die Sicherheitskräfte würden "so hart wie möglich" vorgehen. Der Präsident kündigte zudem Reformen an. Konkret wurde er aber nicht.

Der Protest begann am Wochenende zunächst in der Stadt Schangaösen im Westen und weitete sich dann aus. Es ist die größte Protestwelle seit Jahren. Präsident Tokajew hatte zunächst mit eindringlichen Appellen versucht, die aufgeheizte Stimmung zu beruhigen. Nach seiner Wahl hatte es ebenfalls Proteste mit Hunderten Festnahmen gegeben. Für die neuerliche Gewalt machte der 68-Jährige "in- und ausländische Provokateure" verantwortlich.

Um die Kontrolle über die Lage zurückzubekommen, verhängte Tokajew zudem bis zum 19. Januar den Ausnahmezustand über einige Landesteile, darunter in der Hauptstadt Nur-Sultan, in Almaty und in der Region Mangystau im Westen Kasachstans. Damit verbunden sind etwa Ausgangssperren in den Nachtstunden und Versammlungsverbote.

Das autoritär regierte Kasachstan wurde bis 2019 über Jahrzehnte von Nursultan Nasarbajew geführt, der die Amtsgeschäfte an Tokajew übergeben hatte. Auch nach seinem Abgang blieb der Langzeitherrscher einflussreich. Er war unter anderem Chef des Sicherheitsrates. Tokajew kündigte am Mittwoch an, dass er den Vorsitz übernommen habe.

Update 06.01.2022, 08:31: Nachdem das Internet zwischenzeitlich wieder funktionierte, befindet sich Kasachstan seit Donnerstagmorgen erneut im landesweiten Internet-Blackout.

(mack)