Chinesische Unternehmen verschmähen Nvidias Export-Chips

Nvidia muss seine KI-Prozessoren für den China-Export drosseln, damit die US-Regierung den Verkauf erlaubt – doch die Chinesen wollen die schlappen Chips nicht.

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Nvidia mit Begrünung

(Bild: Michael Vi/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Jan Schüßler

Nvidias Firmenkunden aus China haben keine große Lust mehr auf die KI-Beschleuniger-Chips des US-Herstellers. Wie das Wall Street Journal (WSJ) berichtet, haben Großkunden wie Alibaba und Tencent Prototypen neuer Chips seit November getestet. Dabei seien sie zu dem Schluss gekommen, deutlich weniger Chips zu ordern als ursprünglich geplant – als die mittlerweile exportbeschränkte Prozessoren für chinesische Kunden noch frei verfügbar waren.

Die neuen Chips, die laut einem früheren WSJ-Bericht H20, L20 und L2 heißen, rücken Nvidia im negativen Sinne näher an die Performance der chinesischen KI-Beschleuniger heran. Das führe kurzfristig dazu, dass die KI-Schwergewichte sich lieber bei heimischen Lieferanten wie Huawei umschauen.

Längerfristig laufe Nvidia zudem dem Problem in die Arme, dass chinesische Kunden lieber ganz ohne die US-Firma planen – was auch daran liegt, dass die US-Regulierer Exportbeschränkungen künftig regelmäßig überprüfen und im Zweifelsfall weiter straffen wollen. Eine langfristige Planung wird damit sowohl Nvidia als auch den chinesischen Großkunden unmöglich gemacht.

Derzeit stammten rund 80 Prozent der Chips, die chinesische Cloud-Konzerne beziehen, von Nvidia. Das WSJ zitiert dazu den Analysten Frank Kung von TrendForce, der Nvidias Anteil unter den derzeitigen Bedingungen auf 50 bis 60 Prozent schrumpfen sieht. Kurzfristig dürften die Verwerfungen für Nvidia keine nennenswerte negative Auswirkung haben – die Firma kann den weltweiten Bedarf zur Zeit ohnehin kaum decken und wird ohnehin Abnehmer für die Chips finden. Dennoch: Dass China als Absatzmarkt für KI-Chips künftig wegbrechen könnte, empfindet der Hersteller als keine allzu rosige Aussicht.

Im Oktober 2022 hatte die US-Regierung veranlasst, dass Nvidia seine Top-Chips A100 und H100 nicht mehr nach China exportieren darf, woraufhin Nvidia die Modelle A800 und H800 vorstellte. Dabei handelte es sich im Prinzip um die regulären A/H100-Chips mit ungedrosselter Rechenleistung, deren Nvlink-Schnittstelle allerdings schlicht um ein Drittel gebremst wurde (von 600 auf 400 GByte/s), um die Exportbedingungen gerade so eben zu erfüllen. Im Oktober 2023 reagierte das Bureau of Industry and Security (BIS) auf diesen Trick und beschränkte nun die Rechenleistung massiv, sodass aus der bestehenden Produktpalette nur noch Nvidias erste Tensor-GPU V100 für den Export nach China übrig blieb.

Schon zuvor waren in China von findigen Distributoren Exemplare der Gaming-Grafikkarte RTX 4090 mit anderen Kühlern versehen worden, damit sie besser in Rechenzentren passen. Da inzwischen auch diese Grafikkarte Exportbeschränkungen unterliegt, bietet Nvidia seit Kurzem die RTX 4090 D (für "Dragon") an, deren CUDA-Cores von 16.384 auf 14.592 Rechenwerke beschnitten wurden.

(jss)