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Linux-Distribution Fedora 37: Viele Varianten, weniger Codecs Update

David Wolski
Fedora 37 Desktop als Aufmacher

(Bild: Screenshot)

Einen Monat verspätet ist Fedora Linux 37 eingetrudelt. Es bringt seine Desktops auf den neuesten Stand, zwickt aber auch Codecs von der Bibliothek Mesa ab.

Veröffentlichungen mit Verzögerung, mit einer Extrarunde an Bugfixes und Tests sind bei der Linux-Distribution Fedora keine Besonderheit. Untypisch lange ist jedoch die jetzt hingelegte Verspätung ausgefallen, zumal in Fedora 37 keine ambitionierten Ziele oder fundamentalen Änderungen anstanden: Auf dem Desktop präsentiert die Workstation als Hauptausgabe das neue Gnome 43, die ausgelieferte Bibliothek Mesa entfernt die patentbehaftete Hardwarebeschleunigung für einige Codecs wie h264 und die ARM-Images unterstützten nun den Raspberry Pi 4. Der Kernel liegt in Version 6.0.7 vor.

Diese maßgeblichen Neuerungen verursachten die Verspätung jedoch nicht. Das Team wollte schlicht keine Installationsmedien mit eklatanten Sicherheitslücken in OpenSSL 3.0.x ausliefern, die Anfang November einen Fix bekamen [1] und verschob den Veröffentlichungstermin auf Mitte November. Eine intern umstrittene Entscheidung, die Fedoras Programm-Manager noch mal in einem öffentlichen Brief an Anwender rechtfertigen [2] wollte.

In seiner Hauptausgabe, der Fedora Linux 37 Workstation, setzt die von Red Hat gesponserte Distribution auf Gnome 43. Es ist wie immer in purer Form ohne nennenswerte Shell-Erweiterungen oder Anpassungen enthalten. Schnelleinstellungen für Bluetooth, Wi-Fi, Farbmodus und andere Optionen gehören neben einem überarbeiteten Dateimanager, der bereits GTK4 und die Gnome-Bibliothek libadwaita nutzt, zu den Neuerungen.

Der Spin mit KDE Plasma, der keineswegs mehr stiefmütterlich behandelt wird, aktualisiert KDE auf 5.26, das hier per Voreinstellung so wie Gnome unter Wayland gestartet wird – X11 bleibt als Option auf dem Anmeldebildschirm von SDDM erhalten. Verbesserungen gab es für die KDE-typischen Widgets, deren Einstellungen sich der Desktop nun bis ins Detail merkt und beispielsweise Pop-Up-Größen beibehält. Grafische Gimmicks wie animierte Hintergründe und eine automatische Akzentgebung von Menüelementen anhand der Farben des Bilds laden zum Experimentieren ein. Unter Wayland bleiben Bugs in der Behandlung der Zwischenablage und bei der Nutzung von Tastaturlayout-Varianten [3] noch bestehen. KDE Plasma 5.26 ist mit diesem neuen Display-Protokoll also noch nicht gleichauf mit Gnome.

Fedora 37 mit KDE-Desktop

KDE Plasma 5.26 informiert schon beim ersten Start, dass die Eingabemethoden per IBus unter Wayland noch nicht funktionieren wollen. Tastatur-Layoutvarianten fehlen damit.

(Bild: Screenshot)

Auch bei einem der exotischen Spins gibt es ein willkommenes Update: Die Ausgabe mit dem schlanken LXQT, der Qt-basierte Nachfolger von LXDE, setzt nun auf Version 1.1 des Desktops. Vorzüge sind hier hauptsächlich optische Verbesserungen bei Panel, Status-Icons und Themes, die LXQT jetzt schon weniger rau erscheinen lassen.

Recht spät im letzten Entwicklungszyklus sorgte eine folgenschwere Änderung in der Grafikbibliothek Mesa 22.2 für Wirbel auf der Maillingliste Fedoras [4]: Bislang enthielt Mesa auch Hardwarebeschleunigung für die Codecs h264, h265 und VC1 über die VA-API, was streng genommen zumindest in den USA unter Patentschutz fällt. Die Entwickler von Mesa haben diese Codecs deshalb optional und von einem Schalter bei der Kompilierung abhängig gemacht.

Fedora 37 mit LXQT-Desktop

LXQT hat ein Update auf Version 1.1 bekommen, die etliche Kanten auf der Arbeitsfläche, im Panel und bei Themes glättet. Auch dieser Desktop bereitet eine Wayland-Ausgabe vor.

(Bild: Screenshot)

Fedora, in Sachen Open-Source und Auslegung von Softwarepatenten schon immer recht streng, lässt diese Codecs jetzt deaktiviert. Dies hat nicht für alle Anwender ungünstige Auswirkungen, wohl aber für jene mit Nvidia-Grafikkarte und freiem Nouveau-Grafiktreiber sowie für alle, die einen AMD-Chip mit dem freien AMDGPU-Treiber im Einsatz haben. Dann funktioniert die Hardwarebeschleunigung bei diesen Codecs nicht mehr, sofern eine Anwendung wie ein Videoplayer keinen eigenen hardwarebeschleunigten Decoder mitliefert. Die Macher des externen Repositorys RPMFusion, in welchem auch Player wie VLC und weitere Codecs für Gstreamer liegen, rangen sich nach vorangegangener Ablehnung zu einem Workaround durch und bieten erweiterte Treiber nun [5]auf eigene Faust an.

Fedora Linux 37 ist neben der Workstation-Ausgabe mit Gnome 43 auch wieder in zahlreichen Varianten (Spins) mit anderen Desktops wie dem eingangs erwähnten KDE Plasma 5.26 und Lxqt 1.1 verfügbar. Installierbare Live-Systeme auf der Fedora-Spins-Webseite [6] liefern auch Cinnamon, MATE, XFCE, LXDE und den Sugar-on-a-Stick-Desktop als Oberfläche für den Lehrbetrieb. Sämtliche Ausgaben liegen nicht nur für die X86-64-Architektur vor, sondern auch für ARM, wobei die ARM-Versionen auch als übertragbare IMG-Datei vorliegen. Dem Installer Anaconda ist Fedora noch treu geblieben, bereitet aber eine Vorschau-Ausgabe mit einem neuen Installationsweg per Web-UI vor. Neben den regulären Ausgaben gibt es mit Fedora Silverblue 37 ein System mit unveränderlichen, von ostree verwalteten Basispaketen und Gnome-Desktop, der sich per Flatpaks mit Programmen ausstatten lässt. Fedora Kinote 37 dehnt dieses Konzept auf KDE Plasma aus.

Eine stolze Anzahl an installierbaren Live-Systemen macht spezialisierte Ausgaben von Fedora von Haus aus fit für bestimmte Anwendungsszenarien. Neben Astronomie, Musikproduktion, Pentesting, Spielen, Python sowie Robotik gibt es mit Fedora Security Labs ein Live-System zum Thema (Un-)Sicherheit und Pentesting, das sich zur Laufzeit leicht per Paketmanager ausbauen lässt. Weitere Hinweise zum neuen Fedora und allen Varianten liefern, bis ins kleinste Detail, wie immer die Release Notes [7].

Update

Kernel-Version im ersten Absatz korrigiert.

Aktuelle Linux/Unix-Versionen

Der aktuelle Stand der wichtigsten Unix- und Linux-Distributionen:

(dmk [20])


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https://www.heise.de/-7340921

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.heise.de/news/OpennSSL-Update-zum-Schliessen-der-kritischen-Sicherheitsluecke-verfuegbar-7326009.html
[2] https://fedoramagazine.org/fedora-linux-37-update/
[3] https://bugzilla.redhat.com/show_bug.cgi?id=2076596
[4] https://lists.fedoraproject.org/archives/list/legal@lists.fedoraproject.org/thread/M4LTGLHY5JX42IHC45WNWB5FH2JIFMAS/
[5] https://github.com/rpmfusion-infra/fedy/issues/110
[6] https://spins.fedoraproject.org/de
[7] https://docs.fedoraproject.org/en-US/fedora/f37/release-notes/index.html
[8] https://www.heise.de/news/Debian-12-Bookworm-mit-verbessertem-Firmware-Handling-9183888.html
[9] https://www.heise.de/news/Linux-Distribution-Mehr-Privatsphaere-und-Barrierefreiheit-in-Elementary-OS-7-1-9324292.html
[10] https://www.heise.de/news/Fedora-Linux-39-Gnome-45-und-eine-neue-Immutable-Variante-9357065.html
[11] https://www.heise.de/news/FreeBSD-13-3-mit-besserem-WiFi-Support-und-OpenZFS-2-1-14-9648051.html
[12] https://www.heise.de/news/Linux-Mint-21-3-Viel-Potenzial-wenig-Konkretes-9600920.html
[13] https://www.heise.de/news/NetBSD-10-mit-WireGuard-und-verbesserter-Virtualisierung-erschienen-9675102.html
[14] https://www.heise.de/news/OpenBSD-7-4-mit-ungefaehr-Option-bei-cron-und-neuem-pfsync-9336787.html
[15] https://www.heise.de/news/openSUSE-Leap-15-5-Viele-Aktualisierungen-in-ausgereifter-Linux-Distribution-9180863.html
[16] https://www.heise.de/news/RHEL-9-2-ist-da-Bessere-Eigenbau-Images-und-sichere-Updates-9009859.html
[17] https://www.heise.de/news/Slackware-15-0-Modellpflege-nach-langer-Pause-beim-Linux-Urgestein-6355921.html
[18] https://www.heise.de/news/Linux-SLE-15-SP-2-und-SUSE-Manager-4-1-mit-neuem-Kernel-mehr-Features-4850078.html
[19] https://www.heise.de/news/Linux-Distribution-Ubuntu-23-10-bringt-viel-Feinschliff-9330917.html
[20] mailto:dmk@heise.de