MILLR: Roboterwurm bewegt sich mit mechanischer Intelligenz

Der Wurmroboter MILLR kommt ohne aufwendige Steuerungselektronik aus. Er umgeht Hindernisse mittels "mechanischer Intelligenz".

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Der Roboterwurm bewegt sich durch ein Labyrinth. Sensoren und eine aufwendige Steuerungselektronik benötigt er dazu nicht.

(Bild: Tianyu Wang)

Lesezeit: 4 Min.

Wissenschaftler des Georgia Institute of Technology haben einen gliederlosen Roboterwurm namens MILLR (Mechanically intelligent limbless robot) entwickelt, der sich durch schwieriges Gelände ohne aufwendige Steuerungselektronik fortbewegen kann. Die Forscher entwickelten dazu ein einfaches mechanisches Bewegungssystem, das mit Kabeln als künstliche Muskeln funktioniert. Dabei ist der Fortbewegungsapparat des Wurms so konstruiert, dass er sich um Hindernisse spontan herumbewegen kann, ohne seine Umgebung wahrnehmen und seine Körperhaltung aktiv ändern zu müssen.

Die Forscher orientierten sich bei der Entwicklung des Roborterwurms an Würmern und Schlangen. Die Tiere verlassen sich bei ihrer Bewegung nicht allein auf ihre Gehirnzellen und peripheren Nerven, um Bewegungen zu steuern. Sie benutzen dazu auch die physikalischen Eigenschaften ihres Körpers. Darunter fällt etwa die Elastizität der Muskeln. Sie ermöglichen es, spontan auf die Umgebung zu reagieren, bevor die Neuronen des Tieres überhaupt anspringen, schreiben die Forscher in der Studie "Mechanical intelligence simplifies control in terrestrial limbless locomotion", die in Science Robotics veröffentlicht ist.

Die Ingenieure des Georgia Institute of Technology haben sich diese Eigenschaft zum Vorbild genommen, um die Bewegungssteuerung eines Roboterwurms möglichst stark zu vereinfachen. Gliederlose Tiere bewegen sich durch ihre Umgebung, indem sie Teile ihres Körpers nach links und rechts in einer Wellenbewegung biegen. Stoßen sie auf ein Hindernis, wenden sie sich ab, indem sie sich mehr in eine Richtung als die andere biegen. So umgehen sie das Hindernis.

Die Forscher könnten das Problem so lösen, indem sie Sensoren in Kopf und Körper einbauen und komplexe Algorithmen entwickeln, die dem Roboter sagen, wie er sich zu bewegen hat, sobald er auf ein Hindernis stößt. Dies benötigt jedoch Rechenleistung und die Ansteuerung würde mit einer Verzögerung erfolgen. Die Wissenschaftler haben sich deshalb dazu entschlossen, die Materialien des Roboters und die Anordnung sowie Stärke der Motoren so zu wählen, dass ein Zusammenstoß mit einem Hindernis sofort eine Körperform ergibt, die zu einer Drehbewegung führt. Die Forscher nennen dies "mechanische Intelligenz".

Die Biegung erreichen Würmer und Schlangen, indem sie zwei Muskelbänder auf beiden Seiten des Körpers unabhängig voneinander bewegen. Die Wissenschaftler imitierten dies bei MILLR durch zwei Kabel, die unabhängig voneinander gesteuert werden und jedes Gelenk nach links oder rechts ziehen können. Die künstlichen Muskeln werden wechselseitig aktiviert. Wird die eine Seite angespannt, entspannt sich die andere und wird dabei passiv mitgezogen. Eine Veränderung des Durchhangs der Kabel erzeugt dabei unterschiedliche Grade der Körpersteifigkeit. Trifft der Roboterwurm nun auf ein Hindernis, behält er je nach Kabelspannung seine Form bei oder biegt sich unter der Kraft des Hindernisses.

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Die Forscher stellten bei Tests fest, dass sich MILLR, sobald er sich aktiv zu einer Seite hin biegt und zugleich eine Kraft in dieselbe Richtung wirkt, er der Kraft nachgibt und sich weiter biegt. Bei entgegengesetzter Krafteinwirkung, die also der Biegung entgegenwirkt, bleibt der Roboter starr und stößt sich vom Hindernis ab.

Auch Frontalkollisionen, die normalerweise dazu führen würden, dass der Roboter blockiert und sich nicht weiterbewegt, konnte das System durch sein Spannungsmuster entlang des Körpers verhindern. MILLR bewegt sich dann einfach um das Hindernis herum und bewegt sich so kontinuierlich vorwärts.

Die Forscher verglichen die Bewegungen von Fadenwürmern, die durch einen winzigen Hindernisparcours geschickt wurden, mit denen von MILLR, die der Roboter in einem größeren, ähnlichen Parcours absolvierte. Dabei stellten die Forscher in etwa die gleichen Bewegungen fest, sobald MILLR auf ein Hindernis traf. Er bewegte sich insgesamt in etwa mit der gleichen Effektivität vorwärts wie die Fadenwürmer.

Die Wissenschaftler sehen die Fortbewegung von MILLR als sehr effektiv an, denn so kann auf eine komplexe energieintensive Bewegungssteuerung des Roboters verzichtet werden.

(olb)