Dauerhafter Blick ins Körperinnere: MIT entwickelt Ultraschallpflaster

Das langfristige Erfassen von Bildern aus dem Körperinneren, um etwa Organe zu beobachten, ist schwierig. Ein Ultraschallpflaster des MIT soll es vereinfachen.

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(Bild: MIT/Felice Frankel)

Lesezeit: 4 Min.

Ein Forscherteam des Massachusetts Institute of Technology (MIT) hat ein Ultraschallpflaster entwickelt, das auf die Haut geklebt rund 48 Stunden lang kontinuierlich hochauflösende Bildaufnahmen auch aus tieferen Schichten des Körpers aufzeichnen kann. Wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mitteilen, funktioniert die Aufnahme auch problemlos während einer Aktivität – etwa bei Joggen. Nach Ansicht des MIT-Forscherteams könnte mit dem Ultraschallpflaster "eine neue Ära der tragbaren Bildgebung eingeleitet" werden.

Klassische medizinische Ultraschallgeräte sind groß und benötigen Fachpersonal zur Bedienung. Langzeitaufnahmen lassen sich mit ihnen nur schwierig erstellen: zum einen, weil der Schallkopf permanent gegen das Gel, das die Schallwellen überträgt, auf die Haut gedrückt werden muss. Und weil das Gel nach einiger Zeit austrocknet. Die Langzeitaufnahmen brechen dann ab. Krankenhäuser versuchen sich teilweise damit zu behelfen, indem sie die Sonden an Roboterarmen befestigen, die den Schallkopf ohne zu ermüden in Position halten. Aber auch das klappt nur so lange, wie das Gel nicht wegfließt oder austrocknet.

Forschungsansätze der letzten Jahre, ein Gerät zur tragbaren Bildgebung per Ultraschall zu entwickeln, verliefen wenig befriedigend, wie das Team des MIT in seiner Arbeit "Bioadhesive ultrasound for long-term continuous imaging of diverse organs" anmerkt, die im Fachmagazin Science veröffentlicht wurde. So wurden etwa winzige, voneinander getrennte Ultraschallwandler flexibel auf der Haut eines Patienten angeordnet, damit diese sich dehnen und dem Körper des Patienten anpassen können. Die dadurch erzielten Bilder waren jedoch aufgrund der Verschiebung der Schallköpfe durch die Bewegung verzerrt und hatten lediglich eine geringe Auflösung. "Ein tragbares Ultraschallbildgebungsgerät hätte ein enormes Potenzial für die Zukunft der klinischen Diagnose", erklärt MIT-Student Chonghe Wang. "Allerdings sind die Auflösung und die Aufnahmedauer bestehender Ultraschallpflaster relativ gering, und sie können keine tiefen Organe abbilden."

An dieser Stelle kommt das Ultraschallpflaster des MIT ins Spiel. Es kombiniert eine dehnbare Klebeschicht mit starr angeordneten Ultraschallköpfen. Dadurch kann sich das Gerät der Haut und der Körperform anpassen, behält zusätzlich aber die relative Position der Schallköpfe bei. Das Ergebnis sind klarere und präzisere Bilder mit einer höheren Auflösung.

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Zugleich können die Schallwellen tiefer eindringen und damit auch Bilder beispielsweise tieferliegender Organe abbilden. Das klappt bei dem Ultraschallpflaster des MIT deshalb so gut, weil die Klebeschicht aus zwei Elastomerschichten besteht, die eine Schicht aus Hydrogel auf Wasserbasis, umschließt. Dieses elastische und dehnbare Gel, so die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, übertrage die Schallwellen besser als andere. Durch das Einschließen des Gels im Elastomer werde das Austrocknen wirksam verhindert.

Das Ultraschallpflaster des MIT ist lediglich 2 cm² groß, in etwa so groß wie eine Briefmarke, und 3 mm dick. Seine Funktion probierte das Forscherteam an gesunden Probanden aus. Ihnen klebten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Ultraschallpflaster an verschiedenen Körperstellen auf, darunter Hals, Brust, Bauch und Arme. Sie konnten so bis zu 48 Stunden lang Bilder aus dem Körperinneren bei verschiedenen Aktivitäten gewinnen – etwa Sitzen, Stehen, Laufen, Radfahren und Gewichtheben.

Beobachtet wurden dabei die Ausdehnung von Blutgefäßen, die Veränderung der Form des Herzens bei körperlicher Anstrengung und die Magenveränderung beim Trinken von Fruchtsaft und der Ausscheidung. Die Auflösung der Bilder ist nach Angaben des MIT so gut, dass die Forscher sogar Mikroschäden an Muskeln identifizieren konnten, die die Probanden beim Gewichtheben erlitten. "Mithilfe der Bildgebung könnten wir bei einem Training den Moment vor der Überlastung erfassen und aufhören, bevor die Muskeln schmerzen", erläutert Xiaoyu Chen, Postdoktorand am MIT. "Wir wissen noch nicht, wann dieser Zeitpunkt gekommen ist, aber wir können jetzt Bilddaten liefern, die Experten interpretieren können."

Noch arbeiten die Ultraschallpflaster nicht drahtlos. Daran arbeiten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler derzeit. Zudem entwickeln sie KI-basierte Algorithmen, die die ermittelten Bilder interpretieren und daraus Diagnosen ableiten können. So könnten dann innere Organe, die Entwicklung von Tumoren sowie von Föten im Mutterleib überwacht werden.

(olb)