Matrix 2.0: Echtzeit-Kommunikationsprotokoll verspricht mehr Leistung

Nach neun Jahren ist Version 2.0 des Matrix-Protokolls da und bringt zahlreiche Veränderungen, die vor allem mehr Leistung versprechen.

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Matthew Hodgson auf dem Matrix Community Summit vor einer Präsentation

Matthew Hodgson auf dem Matrix Community Summit

(Bild: Matrix Foundation)

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Matthew Hodgson auf dem Matrix Community Summit

(Bild: Matrix)

Nach mehr als neun Jahren hat die Matrix Foundation die Version 2.0 ihres offenen, dezentralen Kommunikationsprotokolls veröffentlicht. Dies gab Matthew Hodgson, Gründer der Matrix Foundation und Leiter der darauf aufsetzenden Kollaborationsplattform Element, auf dem Matrix Community Summit in Berlin bekannt. Die Neuerungen von Matrix 2.0 sollen künftig in die Spezifikationen des bestehenden Protokolls einfließen.

Zu den neuen Funktionen gehört die Synchronisations-API Sliding Sync für eine schnellere Anmeldung, einen schnelleren Start und eine schnellere Synchronisierung von Chat-Inhalten. Sie soll unter anderem sicherstellen, dass nur die für die Bedienoberfläche notwendigen Daten geladen werden. Faster Joins verspricht ein schnelleres Betreten von virtuellen Räumen, wird aber noch optimiert. Darüber hinaus unterstützt Matrix 2.0 OpenID Connect zur Authentifizierung, wobei bestehende Authentifizierungs-APIs durch den Industriestandard Open ID Connect (OIDC) ersetzt werden, der eine Zwei- oder Mehrfaktor-Authentifizierung mittels Passkey, biometrischer Verfahren oder Smartcards ermöglicht.

Interessierte können den ersten Matrix 2.0-Client "Element X" für iOS und Android ausprobieren, der auch als Testumgebung für die neuen Matrix-Funktionen dient. Hodgson verspricht eine deutliche Leistungssteigerung gegenüber der bisherigen Element-App, auch gegenüber Messengern wie WhatsApp, iMessage, Telegram und anderen.

Screenshots von der Element-X-Kommunikationsplattform

(Bild: Matrix Foundation)

Mit Hilfe von Matrix könne man "hervorragende Messaging-Apps in Mainstream-Qualität erstellen" und müsse "dabei keine Kompromisse bei der Nutzerfreundlichkeit eingehen", sagte Hodgson im Gespräch mit heise online.

Videokonferenz in Element X

(Bild: Element)

Mit der verschlüsselten Videofunktion von Element X sollen große Gruppen mit mehreren hundert Teilnehmern kommunizieren können. Der Konferenzserver wird vom Open-Source-Projekt LiveKit zur Verfügung gestellt.

Für die Zukunft plant Matrix die Bereitstellung von OIDC inklusive Migrationstools auf matrix.org und die Überarbeitung von Sliding Sync – auf Basis der Erfahrungen bei der Implementierung von matrix-rust-sdk. Ebenso ist die Wiedereinführung der Mesh-Unterstützung für VoIP-Anrufe in Matrix-Gruppen sowie die weitere Implementierung des Verschlüsselungsstandards Messaging Layer Security (MLS) geplant.

Open-Source-Protokolle wie Matrix ermöglichen die dezentrale Einrichtung der verschiedenen Instanzen, die laut den Gründern "staatliche Zensur, flächendeckende Überwachung, Internetsperren, Überwachungskapitalismus oder [...] zentralisierte Datenschutzverletzungen" verhindern sollen. Der Digital Markets Act (DMA) der Europäischen Union sei ein großer Schritt in die richtige Richtung – eine Verordnung, die vorschreibt, dass die großen zentralisierten Messaging-Anbieter zusammenarbeiten müssen, wenn sie ihre Dienste in der EU anbieten wollen. Deshalb sei Matrix auch der Arbeitsgruppe MIMI (More Instant Messaging Interoperability) der Internet Engineering Task Force beigetreten. Dabei wurde gezeigt, wie beispielsweise Android-Messaging nativ mit Matrix kommunizieren kann.

Auf die Frage, was die erhöhte Interoperabilität für die Privatsphäre bedeute, antwortete Hodgson: "Es besteht das Risiko einer eingeschränkten Privatsphäre, da die verschiedenen Unternehmen, die an einem interoperablen Chat teilnehmen, möglicherweise mehr Daten sehen können, als sie sonst hätten, etwa Metadaten über die Teilnehmer. Sie können es jedoch so gestalten, dass die Privatsphäre gewahrt bleibt und den Nutzern beispielsweise Pseudonyme geben. Wir arbeiten in der MIMI-Arbeitsgruppe intensiv daran." Hodgson sei aber zuversichtlich, "dass es möglich ist, das Beste aus der Interoperabilität beider Welten herauszuholen, ohne die Privatsphäre zu beeinträchtigen".

Aktuell gibt es laut Matrix Foundation mindestens 111.873.374 Matrix-IDs im öffentlichen Netzwerk, die ungefähr 17.000.000 Räume und rund 64.000 Server umfassen. Tatsächlich dürfte es noch mehr Matrix-IDs geben, da ein Großteil der im öffentlichen Netzwerk verfügbaren Server keine Statistiken melde und es viele private Servernetzwerke gebe. Inzwischen sei das Matrix-Ökosystem stark gewachsen und verfüge über eine große Anzahl an Kunden, Bots und Bridges, wie auch aus einem Blogeintrag hervorgeht.

Zu den Kunden von Matrix gehören Regierungen, Nichtregierungsorganisationen und zahlreiche Unternehmen. Auf deren Protokoll baut unter anderem der BwMessenger der Bundeswehr, aber auch der TI-Messenger (TIM) im Gesundheitswesen auf. Wer den neuen Matrix-2.0-Client ausprobieren möchte, kann das über Element X tun.

(mack)