Microsoft und Google streiten sich über australisches Mediengesetz

Während Google das in Australien geplante Mediengesetz für undurchführbar hält, steht Microsoft parat und findet, die USA und Europa sollten es kopieren.

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(Bild: nepool/Shutterstock.com)

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Anders als Google, hält Microsoft das geplante australische Mediengesetz nicht nur für anwendbar, sondern sagt auch, die USA sollten es kopieren. Damit scheint eine öffentliche Debatte zwischen den beiden IT-Giganten entbrannt zu sein. Microsoft-President Brad Smith hat in einem ausführlichen Beitrag geschrieben, warum ein solches Gesetz wichtig für den Bestand der Demokratie ist und Microsoft gerne seinen Beitrag zu einem fairen Verhältnis zwischen den Technologiekonzernen und der freien Presse leistet. Google und auch Facebook argumentierten falsch – wie Monopolisten es tun.

Sowohl Facebook als auch Google drohen damit, keine Nachrichteninhalte mehr anzuzeigen oder gar ganz ihren Dienst in Australien einzustellen, sollte das Gesetz mit dem Namen News Media Bargaining Code eingeführt werden. Es besagt, dass die beiden Dienste für das Anzeigen von Nachrichten den Verlagen eine Gebühr bezahlen müssen. Wegen ihrer Marktmacht sind zunächst nur die beiden Konzerne von dem Gesetz betroffen. Sollte aber etwa tatsächlich der Fall eintreten, dass Google sich aus dem Land zurückzieht und Microsoft mit Bing zur meistgenutzten Suchmaschine wird, würde das Gesetz ebenso für Microsoft gelten. Smith sagt im Blogbeitrag, dass sein Konzern dazu bereit sei.

Smith hält das Gesetz für geeignet, um das Ungleichgewicht zwischen den Tech-Unternehmen und der freien Presse auszugleichen. Google und Facebook profitierten von den Inhalten, es fließe aber nicht genug an die Verlage ab. Microsoft hingegen sei bereit, eine qualitativ hochwertige Suchmaschine anzubieten und geringere Margen einzufahren.

Um die Notwendigkeit zu untermauern, einen neuen Umgang zwischen Journalismus und Technologiekonzernen zu finden, führt Smith den Sturm auf das Kapitol am 6. Januar an. Das Internet und soziale Medien seien einst Unterstützer der Demokratie gewesen. Nun würden sie ausgenutzt, um Falschinformationen zu streuen. "So wie ein Stuhl vier Beine zum Stehen braucht, braucht auch die Demokratie eine freie Presse, um durch schwierige Zeiten zu kommen." Das dotcom-Geschäftsmodell habe jedoch Werbeeinnahmen und Leser abgezogen, was wiederum zu einem Verlust an Einnahmen von 70 Prozent bedeutet und der Halbierung der Beschäftigtenzahlen in den USA. 2000 Zeitungen hätten dichtmachen müssen.

Auch Google hält die freie Presse für unterstützenswert. Allerdings will der Konzern dies nicht in Form eines Mediengesetzes machen, sondern nach eigenen Regeln. Es gebe zahlreiche Angebote von Google für Journalisten – um sich weiterzubilden, zu vernetzen und Informationen zu sammeln, betont das Unternehmen. Seit Kurzem gibt es auch den Dienst Google News Showcase. Dabei tritt Google im Geheimen in Verhandlungen mit einzelnen Verlagen, bei Einigkeit werden die Inhalte dieser in dem Dienst ausgespielt.

Das australische Mediengesetz sieht hingegen vor, dass die Verhandlungen offen stattfinden und es ein Schiedsverfahren gibt, falls sich Google nicht mit einem Verlag einigen kann. Google sagt, die Unterschiede zwischen seinen und den Vorstellungen der Verlage könnten zu weit auseinander liegen und für Google eine wirtschaftliche Unberechenbarkeit bedeuten. Microsoft hingegen meint, gerade wegen des drohenden Schiedsverfahrens sei es doch umso wahrscheinlicher, dass sich die Parteien zuvor einig werden – es seien schließlich Verhandlungen.

Weiters schmeckt Google nicht, dass das Unternehmen laut Gesetz mit allen australischen Verlagen Australiens verhandeln müsste. Bei News Showcase können sie sich die Verhandlungspartner aussuchen.

Um das Argument zu untermauern, das Gesetz würde das Internet zerstören, führt Google Stimmen von Gegnern zusammen. Tim Berners-Lee sagt beispielsweise, zwischen Inhalten zu verlinken sei eines der fundamentalen Prinzipien des Webs – dafür zahlen zu müssen, könne das Internet weltweit unbrauchbar machen. Microsoft hält dagegen, dass Nutzer zunehmend nur die Vorschauen und Auszüge lesen und nicht gesamte Artikel. Schon alleine dadurch würden Werbeeinnahmen bei den IT-Konzernen landen, nicht aber bei den Verlagen. "Die Plattformen sind zu profitablen Schleusenwärtern geworden", meint Microsoft.

Auch in der EU wird über Urheber-, Leistungsschutz und Wettbewerbsrecht gestritten. In Frankreich hat kürzlich ein Gericht entschieden, dass Google mit Verlagen über die Vergütung der Nutzung von Inhalten verhandeln muss – dort ist bereits ein Leistungsschutzrecht in Kraft getreten. Auch hier hatte Google damit gedroht, keine Nachrichten mehr anzuzeigen. Google hatte argumentiert, es wollte Verlage nicht bezahlen, da das Unternehmen mit dem Anzeigengeschäft Geld verdiene und nicht mit den Suchergebnissen, das Verlinken also für alle Parteien gratis sein müsse. Zwischenzeitlich zeigte Google nur noch Überschriften an, außer wenn Verlage der kostenlosen Nutzung zugestimmt hatten. In Spanien hat Google 2014 tatsächlich seinen News-Dienst eingestellt, weil der Konzern verpflichtet gewesen wäre, für Inhalte zu bezahlen. Das betraf aber nicht die Suche.

(emw)