Noten für die Schulpolitik

Das Institut der Deutschen Wirtschaft äußert sich zur Reform- und Innovationsfähigkeit der Landesregierungen in der Schulpolitik nach dem sogenannten "PISA-Schock". Die Studie stößt in einzelnen Ländern und bei der GEW auf Kritik.

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Von
  • Frank Möcke

Die 16 Landesregierungen haben ihre Schulgesetze und ihre Schulpolitik erfolgreich "modernisiert". In Schulnoten ausgedrückt reichen die Verbesserungen insgesamt betrachtet von "gut" bis "befriedigend". Zu diesem Ergebnis kommt das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW), das im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) die Studie Politik-Check Schule, Reformmonitor Allgemeinbildendes Schulsystem erstellt hat. Die Studie belege, so die INSM, dass alle Landesregierungen die aus Expertensicht notwendigen bildungspolitischen Ziele in ihren Schulgesetzen inzwischen klar formuliert hätten. Das lasse auf bessere Lernerfolge in den kommenden Jahren hoffen.

Nordrhein-Westfalen, Berlin, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern erhalten danach ein glattes "gut", die anderen Länder bewertet das Institut "befriedigend". Die Wertungen betreffen die fünf Handlungsfelder Bildungsziele, Qualitätssicherung, Systemmanagement, Schulkultur sowie Lehren und Lernen. Der "Reformmonitor" sage zwar nichts über die tatsächlich erreichte Leistungsfähigkeit und über die Qualität eines Bildungssystems aus, er spiegele aber Reform- und Innovationsfähigkeit und -tätigkeit eines Bundeslandes wider.

Die Studie werfe mehr Fragen auf, als sie Antworten gebe, kritisiert Thüringens Kultusminister Bernward Müller (CDU) in einer ersten Einschätzung die Ergebnisse. Die zum Teil willkürlichen Festlegungen, was an Schule gut und was als schlecht zu bewerten sei, seien nicht hilfreich. Schule dürfe nicht nur durch die wirtschaftspolitische Brille betrachtet werden.

Die Untersuchung zeige, so die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in einer Stellungnahme, wo die Reise hingehen solle. Die Wirtschaftslobby verteile Kuschelnoten für Bildungspolitik: mehr Wettbewerb und die Veröffentlichung der Leistungen der Schulen im Internet. Noch immer gehöre das deutsche Schulwesen zu den Spitzenreitern in Sachen Chancenungleichheit. Deutschland habe sich die zentrale PISA-Botschaft nicht zu Eigen gemacht, der zufolge in einem modernen Bildungssystem Qualität und Chancengleichheit, Leistung und individuelle Förderung zwei Seiten einer Medaille seien.

Die INSM wird mit rund 8,8 Millionen Euro jährlich von den Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektroindustrie finanziell getragen und logiert mit dem "Institut der Deutschen Wirtschaft" unter einem Dach in Köln am Gustav-Heinemann-Ufer. Die bei der Arbeitsstelle Medien und Politik am Institut für Politische Wissenschaft der Universität Hamburg forschenden Wissenschaftler Sabine Nehls und Magnus-Sebastian Kutz analysieren und kritisieren die INSM seit Jahren: Als "vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall finanzierte Dauerkampagne" verstünde es die INSM, die Bedürfnisse der Medien nach griffigen Formulierungen, Aktualität und Prominenz aufzugreifen und gekonnt auf der Klaviatur der Öffentlichkeitsarbeit zu spielen. Zielsetzung sei, die Einstellung der Öffentlichkeit zu marktwirtschaftlichen Reformen zu verändern. Eine Zusammenfassung der Untersuchung von Nehls und Kutz hat die Frankfurter Rundschau im vergangenen Jahr als Dokumentation veröffentlicht. (fm)