Nur 5 Jahre Haft für Twitter-Hacker trotz Stalking, Erpressung, und mehr

Eine Bitcoin-Betrugswelle überrollte Twitter 2020. Der Haupttäter kam mit 3 Jahren davon, der Zweite fasst 5 Jahre aus. Trotz beispielloser Verbrechensserie.​

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Stacheldraht über einem Zaun

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 5 Min.

Mit 5 Jahren Haft und knapp 800.000 Dollar Abschöpfung von Gewinnen aus Straftaten kommt der britische Twitter-Hacker Joseph James O'Connor davon. Er hat eine ganze Reihe von Straftaten gestanden, darunter seine Beteiligung an einer massiven Bitcoin-Betrugswelle, die 2020 Twitter überrollt hat. SIM-Swapping zwecks Diebstahl von Kryptomünzen bei einem New Yorker Unternehmen sowie zwecks Einbruch in das Snapchat-Konto einer Schauspielerin, versuchte Erpressung derselben Frau, Stalking, Swatting und Bedrohung einer Minderjährigen und deren Familie mit Vergewaltigung und Ermordung sowie diverse Bombendrohungen ergaben insgesamt vierzehn Anklagepunkte. Weitere Verdachtsfälle sind von dem Urteil nicht erfasst.

Dieses Bild von sich selbst hat O'Connor 2020 mit einer Pressemitteilung über sich selbst verbreitet. Damit wollte er sich als Kryptowährungs-Experten bekannt machen.

Das bekannteste Verbrechen des Briten ist die massive Bitcoin-Betrugswelle, die Twitter im Juli 2020 überrollt hat. Prominente Twitter-Konten wie jene von Bill Gates, Elon Musk, Jeff Bezos und Apple versprachen damals eine Verdoppelung von Bitcoins, die an bestimmte Wallets geschickt wurden. Auch zahlreiche Kryptowährungs-Börsen twittern ähnliche "Einladungen". Teilweise wurde auf eine angebliche Kampagne "Crypto for Health" Bezug genommen. Politiker-Konten wie jene von Barack Obama, Joe Biden und Kanye West wurden ebenfalls nicht verschont.

Tatsächlich hatten sich O'Connor und seine Komplizen mittels Social Engineering unberechtigt Zugang zu einem Verwaltungsprogramm Twitters verschafft, womit sie Tweets in fremdem Namen absetzen konnten. Im Namen dieser Kontoinhaber versprachen sie dann schnellen Reichtum. Gebracht hat das wenig, angeblich nur 117.000 US-Dollar. Durch schnelles Eingreifen konnten einige Bitcoin-Börsen eine größere Abzocke verhindern.

Als Haupttäter gilt der Amerikaner Graham Ivan Clark, zum Tatzeitpunkt noch Minderjährig. Clark hat sich 2021 schuldig bekannt und wurde zu drei Jahren Jugendhaft plus drei Jahren überwachter Bewährung verurteilt. Zwei weitere Männer, der Brite Mason John "Chaewon" S. und der US-Amerikaner Nima "Rolex" F. sind angeklagt und bekennen sich nicht schuldig.

So aufsehenerregend der Twitter-Bitcoin-Betrug auch war, er stellt nur den Bruchteil einer 18 Monate laufenden Verbrechensserie dar. Vor dem Bitcoin-Betrug hat die Bande begehrte Twitter-Usernamen gestohlen und verkauft. Weitere Verbrechen ergaben sich durch SIM-Swapping. Dabei verschafften sich die Täter Zugang zur Telefonnummer des Chefs einer Firma in New York, die Kryptowährungswallets für Dritte führte. An deren Guthaben hat O'Connor sich dann bedient.

Ebenfalls durch SIM-Swapping erhielt er 2019 Zugriff auf das Snapchat-Konto einer Schauspielerin. Dort fand er unveröffentlichte Nacktfotos der jungen Frau, woraufhin er versuchte, diese zu erpressen: Sie sollte einen seiner Auftritte in einem Sozialen Netz bejubeln, andernfalls würden die Fotos veröffentlicht. Die Frau spielte nicht mit, sondern veröffentlichte ihre Intimfotos lieber selbst, wenn auch widerwillig.

Außerdem verschaffte sich O'Connor durch SIM-Swapping Kontrolle über das Tiktok-Konto einer Influencerin. Auch dieses Opfer versuchte er durch die Drohung der Preisgabe intimer Dinge zu erpressen. Auf ihrem Tiktok-Kanal postete der Mann Videos, mit denen er sich selbst huldigte. In mindestens einem Video war seine Stimme zu hören.

Besonders übel ist das Cyberstalking einer Minderjährigen. O'Connor schickte dem Mädchen Nacktfotos und bedrohte sie sowie ihre Familie mit Vergewaltigung und Ermordung. Es blieb nicht bei der Drohung: Durch Swatting versuchte er tatsächlich mehrfach, lebensgefährliche Situationen herbeizuführen.

Der Begriff Swatting geht auf die Abkürzung SWAT für Special Weapons Assault Team zurück. Das sind Spezialeinheiten der Polizei oder anderer Sicherheitsbehörden, die mit Militärmethoden gewaltsam gegen in Gang befindliche Verbrechen vorgehen. Bei Swatting ruft ein Täter die Polizei und behauptet, ein schweres Gewaltverbrechen sei an einer bestimmten Örtlichkeit in Gang, beispielsweise eine Geiselnahme. Ziel ist dabei, den Einsatz eines SWAT gegen Unschuldige zu provozieren. Das hat in den USA bereits Todesopfer gefordert.

Die Ermittler glauben außerdem, dass O'Connor hinter mehreren Bombendrohungen steckt und auch versucht hat, mit Swatting gegen ihn ermittelnden Bundesbeamten vorzugehen. Der Journalist und IT-Sicherheitsexperte Brian Krebs beschuldigt O'Connor außerdem, ihn bedroht zu haben. Diese Vorwürfe sind nicht Teil der Anklage und des Geständnisses, weshalb der Brite diesbezüglich als unschuldig gilt. Dreist, aber wohl nicht strafbar, ist, dass er 2020 für eine hölzerne Pressemitteilung bezahlte, die ihn als erfahrenen Kryptowährungs-Experte darstellen sollte.

O'Connor wurde 2021 in Spanien festgenommen und am 26. April 2023 in die USA ausgeliefert. Zunächst behauptete er, nicht gewusst zu haben, dass sein Vorgehen strafbar sei. Seine verschiedenen Taten haben gleich zu mehreren US-Strafverfahren geführt. Beim US-Bundesbezirksgericht für das nördliche Kalifornien war er unter den Az. 3:21-mj-70812 sowie 3:23-cr-113 belangt. Diese Verfahren wurden zusammengelegt und dann an das US-Bundesbezirksgericht für das südliche New York übertragen, wo er unter dem Az. 1:21-cr-536 angeklagt und am Freitag für insgesamt zehn Anklagepunkte verurteilt worden ist. Die Anklage forderte aufgrund des Geständnisses und unbescholtenem Vorleben sieben Jahre Haft, geworden sind es fünf.

(ds)