RIPE: Strafverfolger werben für Zusammenarbeit mit Providern

Während europäische Strafverfolger das RIPE auffordern, veraltete Routen und Adressbereiche aus dem Netz zu werfen, prescht der Spamhouse-Gründer Richard Cox auf dem laufenden RIPE-Meeting in Prag mit einem Vorschlag voran, der das Problem über ein eigenes Verfahren im Internet lösen will.

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Von
  • Monika Ermert

Europäische Strafverfolgungsbehörden haben auf dem 60. Meeting des Réseaux IP Européens (RIPE) in Prag für eine "vertrauensvolle Zusammenarbeit" (Powerpoint-Datei) mit den Providern geworben. Dabei geht es ihnen insbesondere um den Widerruf von IP-Adresszuteilungen und möglichen Änderungen in der RIPE-Vertragspolitik, die solche Rückrufe erleichtern. "Es gibt so viel Anonymität im Internet, und sie macht Kriminellen das Leben leicht", sagte Wout de Natris, Vertreter der niederländischen Regulierungsbehörde OPTA, der den RIPE-Mitgliedern die freundlichen Wünsche des London Action Plan übermittelte. Vorangegangen war ein Treffen von 80 Strafverfolgungsexperten und den Vertretern "fast aller" regionalen Internet Registries.

Auf der Wunschliste der Ermittler und Regierungen des London Action Plan stehen gemeinsame Trainingsveranstaltungen zwischen Techies und Cybercops. De Natris winkte aber auch mit der gemeinsamen Erarbeitung eines möglichst einheitlichen Formulars für Auskunftsersuche der Strafverfolger. "Das würde unser aller Leben leichter machen". Zusammenarbeit sei für die gesunde Entwicklung des Internets das beste.

Die Zahl der Auskunftsersuche beim operativen Arm des RIPE Network Coordination Centre (NCC) sei erheblich angestiegen, sagte der Chief Finanical Officer des RIPE NCC Jochem de Ruig. Die Mehrzahl der Anfragen komme von der anderen Seite des Atlantiks und würde dadurch gestoppt, dass für weitergehende Auskünfte ein niederländischer Gerichtsbeschluss notwendig sei. Die Strafverfolger seien vor allem an den beim RIPE NCC vorhandenen Daten interessiert. Auch drängen sie das RIPE NCC, die Aktualität und Richtigkeit der Daten zu verbessern und zusätzliche Überprüfungen bei der Vergabe von IP-Adressblöcken zu erwägen.

Die bisherigen Gespräche hätten geholfen, einige Missverständnisse zu beseitigen, versichert de Ruig. Das RIPE wirbt um Verständnis, dass es keinen roten Knopf im Büro des RIPE-Geschäftsführers geben kann, mit dem Adressen ohne Weiteres aus dem Netz geworfen werden können. Zwar würden immer wieder Adressressourcen eingezogen, etwa weil die entsprechenden Firmen pleite sind und nicht mehr bezahlen könnten. Solchen Rückholaktionen gingen aber lange Verfahren voraus. Das Ansinnen, nicht nur die Adressen einzusammeln, sondern dann auch dafür zu sorgen, dass entsprechende Blöcke nicht mehr geroutet werden, wiesen mehrere Teilnehmer der Anti-Abuse-Gruppe zurück. "Derzeit gibt es dafür keine Möglichkeit", sagte einer der Leiter der Arbeitsgruppe, Brian Nisbet, auf Nachfrage eines Vertreters der britischen Serious Organized Crime Agency (SOCA). Innerhalb des RIPE wird gerade darüber gestritten, inwieweit die von allen IP-Adressregistries vorangetriebene Zertifizierung den Einstieg in ein Kontrollsystem bedeuten könnte.

Der weitestgehende Vorschlag kam dieses Mal nicht von den Strafverfolgern, sondern vom zweiten Leiter der Anti-Abuse-Arbeitsgruppe und Gründer des Spamhouse Project Richard Cox. Er empfahl den RIPE-Mitgliedern dringend, das Problem "böser" Routen selbst anzugehen, bevor es der Gesetzgeber tue. "Wir brauchen einen Mechanismus, der die Probleme mit bestimmten Routen identifiziert und die Information an die Leute weitergibt, die den Datenverkehr organisieren". Diese hätten dann die Möglichkeit, solche Adressbereiche nicht mehr zu routen.

Cox empfahl eine routinemäßige Überprüfung möglicherweise problematischer Adressbereiche durch eine geschlossene und per Non-Disclosure-Erklärung zur Verschwiegenheit verpflichtete Gruppe von Experten. Eine Anfrage des RIPE NCC, wie Blacklist-Betreiber wie Spamhouse dazu gebracht werden können, einmal gelistete, aber längst neu vergebene Adressblöcke von ihren schwarzen Listen zu nehmen, erwiderte Cox mit der Gegenforderung, das RIPE NCC müsse dazu sicherstellen, dass die einmal gesperrten Übeltäter nicht an anderer Stelle erneut Adressraum erhalten. Alle drei Ideen stießen vorerst auf wenig Begeisterung bei den anwesenden RIPE-Mitgliedern. (rek)