Stalking mit Bluetooth-Trackern: Bayern und Hamburg wollen Gesetz nachschärfen

Die beiden Länder bemängeln, dass das Cyberstalking-Gesetz das Ausforschen mithilfe von Bluetooth-Trackern nicht ausreichend berücksichtigt.

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AirTags

(Bild: tre / Mac&i)

Lesezeit: 3 Min.

Bayern und Hamburg sehen eine Lücke im 2021 verabschiedeten Gesetz gegen Cyberstalking. Das Gesetz berücksichtige und sanktioniere nicht ausreichend, dass auch Bluetooth-Tracker wie Apples AirTags dazu benutzt werden könnten, eine andere Person zu überwachen. Die günstigsten Tracker kosten nur wenige Euro und eigentlich sollen sie helfen, verlorene Gegenstände wiederzufinden. Tatsächlich kann man sie aber auch zweckentfremden, um den (Ex-)Partner zu beobachten oder jemandem nachzustellen. Die beiden Länder fordern nun, das Gesetz diesbezüglich nachzuschärfen, und wollen in der Herbskonferenz der Justizminister einen entsprechenden Antrag stellen, wie der "Spiegel" berichtet.

"Wir sollten auch bei sinnvollen Technologien nicht die Gefahren, die durch deren Missbrauch entstehen können, außer Acht lassen«, erklärte Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina von den Grünen laut Spiegel. "Es gibt Fälle, in denen diese Tracker eingesetzt wurden, um Personen ohne ihre Zustimmung und ihr Wissen zu orten und zu überwachen. Gerade für Opfer von Stalking ein absoluter Horror." Auch der bayerische Justizminister Georg Eisenreich sieht den Staat in der Pflicht, potenzielle Opfer durch eine Verschärfung des Strafrecht gegen solche Übergriffe ausreichend zu schützen.

Als der Gesetzgeber im Jahr 2021 das Anti-Stalking-Gesetz verschärfte, um auch Cyberstalking zu ahnden, ist Nachstellung laut Paragraph 238 StGB strafbar, wenn der Täter eine Person wiederholt auf eine Weise verfolgt, anruft, belästigt oder bedroht, die geeignet ist, deren Lebensgestaltung "nicht unerheblich" zu beeinträchtigen. Eine breitere öffentliche Diskussion über das Missbrauchspotenzial von AirTag und Co. begann im Frühjahr dieses Jahres. Das SWR-Investigativformat "Vollbild" berichtete, dass immer mehr Fälle bekannt würden, in denen Stalker die Mini-Tracker im Auto oder in der Jackentasche ihrer Opfer versteckt hatten. Auch die Juristinnen Lena Leffer von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und Michelle Weber von der EBS-Universität Wiesbaden, die sich intensiv mit der Rechstlage befasst haben, warnen vor einer Gesetzeslücke. "Der spezifische Fall des Stalkings mit AirTags wurde nicht berücksichtigt, da der Gesetzgeber nur den Fall gesehen hat, dass ein Gerät des Opfers infiltriert wird", gab Weber dem Bericht zufolge zu bedenken. Schon damals forderte der bayerische Justizminister Eisenreich, das Gesetz nachzuschärfen, das Bundesjustizministerium sah hingegen keinen Handlungsbedarf, weil Entscheidungen von Gerichten zu AirTags und vergleichbaren Produkten "noch nicht bekannt" seien.

Dass das Missbrauchspotenzial überhaupt so groß ist, haben aber auch die Hersteller zu verantworten, die es schlichtweg versäumt haben, entsprechende Schutzvorrichtungen einzubauen. Dabei gehört nicht viel Fantasie dazu, sich vorzustellen, dass die nützlichen Smarttags auch fürs Stalking verwendet werden könnten. Apple hat immer wieder nachgebessert, aber viele angeflanschte Schutzfunktionen ließen sich leicht aushebeln. Nun haben Google und Apple gemeinsam einen Branchenstandard entworfen, um Betroffene besser als bisher vor Bluetooth-Tracking zu warnen, weitere große Hersteller wie Samsung hatten ihre Unterstützung zugesichert. Die Einsicht ist zwar löblich, kommt aber zu spät. Gegen Apple läuft in den USA bereits eine Sammelklage von Stalking-Opfern, der sich immer mehr Betroffene anschließen.

(atr)