Streit um Mobilfunk für den Irak

Kaum dass der Krieg offiziell beendet ist, wird Streit um Wirtschaftspfründe angezettelt: unter anderem um die im Irak zu verwendende Mobilfunktechnologie.

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Von
  • Oliver Lau

Kaum dass der Krieg im Irak für weitgehend beendet erklärt wurde, wird Streit um Wirtschaftspfründe angezettelt -- unter anderem um die im Irak zu verwendende Mobilfunktechnologie. Der US-Kongressabgeordnete Darrell Issa hatte sich in einem Brief unter anderem an US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld gewandt: Im Zuge der Neuordnung des Irak müsse CDMA als Mobilfunktechnologie gewählt werden.

Issa schrieb, ihm sei zu Ohren gekommen, dass man im Verteidigungsministerium die in Europa entwickelte Technologie GSM im Irak einsetzen wolle. GSM (in seinen Augen die Abkürzung für Groupe Speciale Mobile) sei eine "überholte französische Technologie". Das impliziere, dass der Großteil des zum Aufbau des irakischen Mobilfunknetzes nötigen Equipments aus Europa käme, zum Schaden der US-amerikanischen Wirtschaft. Die Europäer hätten sich gegen den Krieg verwehrt und sollten nun nicht davon profitieren. CDMA hingegen wäre ein Pfund, das den USA zugute käme. In einem Gesetzentwurf unterstrich Issa die Bedeutung seiner Forderungen.

Bei GSM handelt es sich natürlich nicht um einen französischen Standard, sondern um einen offenen. Außerdem ist GSM seit etlichen Jahren die Abkürzung für Global System for Mobile Communications. In einem Antwortschreiben an Issa erklärt Rob Conway, CEO der GSM-Fördererorganisation GSM Association, dass GSM der Mobilfunkstandard für mehr als eine Milliarde Kunden in 193 Ländern sei. GSM mache außerdem 72 Prozent des Gesamtmarktes für drahtlose Kommunikation aus. Und nicht nur europäische Unternehmen würden von GSM im Irak nutznießen, sondern auch nordamerikanische wie Motorola, Lucent und Nortel. Im Übrigen komme GSM auch in den USA großflächig zum Einsatz. Anbieter seien unter anderem AT&T, Cingular Wireless oder T-Mobile USA.

Auch Jason Chapman, ein Analyst für mobile Infrastruktur beim Marktforscher Gartner spricht sich für GSM aus. GSM-Ausrüstung sei nun mal günstig zu haben. Außerdem ist GSM flächendeckend verfügbar. Und die Irakis sollten doch wie alle anderen Handybesitzer auch in den Genuss des Roamings kommen können. Ein proprietäres Verfahren wie CDMA sei da nur hinderlich.

Eine besondere Ironie ergäbe sich, wenn der weltgrößte Mobiltelefonhersteller Nokia den Kontrakt zur Bereitstellung der für den Irak benötigten Geräte gewinnen würde. Immerhin ist Nokia ist Europa ansässig.

Darrell Issa repräsentiert übrigens die Stadt San Diego. Dort sitzt der Mobilfunkausrüster Qualcomm, Erfinder von CDMA. CDMA steht für Code Division Multiple Access, eine digitale Mobilfunktechnologie, bei der einem Benutzer nicht eine bestimmte Frequenz zugewiesen wird, sondern ein Datenkanal (Channel) das gesamte, zur Verfügung stehende Frequenzspektrum nutzt. Darum spricht man bei CDMA auch von einer Spread-Spectrum-Technik, im Gegensatz zu Time Division Multiple Access (TDMA), bei der eine einzige Frequenz mehrere Channels bedient. Dazu wird die Frequenz in Zeitabschnitte (Slots) unterteilt. In jedem Slot werden Teile des Datenstroms eines Kanals übertragen. In dem 1991 eingeführten Mobilfunksystem GSM (Global System for Mobile Communications) kommt TDMA zum Einsatz. (ola)