Studie: Gemeinsames Online-Spiel synchronisiert Gehirne

Ein finnisches Forschungsteam hat gezeigt, wie sich die Hirnwellen von räumlich getrennten Personen synchronisieren lassen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Tel,Aviv,,Israel,-,January,01,,2020:,Teenager,Lies,On

(Bild: Evgeniy pavlovski/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Inhaltsverzeichnis

Wenn Menschen etwas zusammen machen, prosoziales Verhalten zeigen, geht es ihnen in der Regel nicht nur besser, ihre Hirnwellen synchronisieren sich auch miteinander. Der Mechanismus dahinter ist zwar noch nicht wirklich verstanden, der Effekt lässt sich aber gut reproduzieren – und geht subjektiv oft mit einem Gefühl von Verbundenheit und Kooperation einher. Unklar war bislang allerdings, ob es für dieses Phänomen notwendig ist, dass die Menschen auch direkt, also physisch, zusammen sind.

Denn bislang sind viele Kognitionsforscher davon ausgegangen, dass sich unsere Fähigkeiten zur sozialen Interaktion aus der Kommunikation von Angesicht zu Angesicht entwickelt hat. Und dass Geruch, Körpersprache, Nähe und Distanz oder auch Berührungen ein wichtiger Teil dieser Kommunikation sind. Psychologen wie etwa Jean Twenge von der San Diego State University gehen davon aus, dass insbesondere der Gebrauch des Smartphones und die fast ausschließliche Kommunikation über soziale Medien Jugendlichen isoliert, zu mehr Einsamkeit führt und andere schwere psychologische Schäden auslösen kann.

In ihrer neuen Studie haben die finnischen Forschenden jetzt jedoch nachgewiesen, dass auch Online-Interaktion ähnliche Wirkungen haben kann wie gemeinsame Aktivitäten offline. "Wenn wir interaktive digitale Erfahrungen schaffen können, die grundlegende Mechanismen der Empathie aktivieren, kann dies zu besseren sozialen Beziehungen, Wohlbefinden und Produktivität im Internet führen", sagt Projektleiterin Katri Saarikivi.

In der Studie, die an der Universität Helsinki durchgeführt wurde, wurde die Synchronisation der Gehirnströme untersucht, während Paare von Probanden ein Spiel spielten, bei dem sie gemeinsam einen virtuellen Rennwagen steuerten - wobei eine Person den Wagen beschleunigen und bremsen konnte, und die zweite Person den Wagen lenken konnte. Dabei hielten sich die Probanden getrennt voneinander in zwei schalldichten Räumen auf.

Die Ergebnisse von EEG-Messungen während des Spieles zeigten, dass bei kooperativen Online-Spielen tatsächlich eine Synchronisation zwischen den Gehirnen stattfindet. Darüber hinaus ist eine erhöhte Synchronität in den Alpha- und Gamma-Frequenzbändern mit einer besseren Performance bei dem Spiel verbunden. Dieser Zusammenhang zwischen Leistung und Gamma-Synchronisation konnte kontinuierlich über die Zeit beobachtet werden.

Mimik und Gestik, die normalerweise soziale Interaktion ermöglichen, fehlten in diesem Versuch. „Der einzige Vermittler war das Spiel, das die Probanden spielten – die kooperative Bewegung des Autos“, schreiben die Autoren. „Dies erforderte die Vorhersage und Beobachtung der Handlungen des Partners und die Reaktion darauf mit den eigenen Handlungen des Teilnehmers, entweder durch die Steuerung der Richtung oder der Geschwindigkeit des Autos.“ Um sich darauf einzustellen, müssten die Spieler jedoch eine Art „mentale Simulation“ ihres Spielpartners ausführen – ein wichtiger Bestandteil der sozialen Interaktion.

Alternativ könnte es jedoch auch sein, dass das Spiel selbst bei den Spielern eine Art Flow-Erlebnis auslöst, das ähnliche Hirnwellenmuster erzeugt. Die dritte mögliche Erklärung wäre eine simultane Erregung des Belohnungszentrums durch das gemeinsame, erfolgreiche Spiel. In zukünftigen Arbeiten wollen die Forschenden nun den Effekt von verschiedenen anderen „koordinierten Tätigkeiten“ untersuchen und Online-Umgebungen entwerfen, die sich besonders positiv auf die Synchronisierung – und damit auch die gemeinsame Performance – der Probanden auswirken. (wst)