Ticketkauf bei der Bahn: Verbraucherschützer sehen fehlgeleitete Digitalisierung

Der vzbv kritisiert, dass die Bahn Fahrkarten zunehmend online verkauft. Die Deutsche Bahn erwidert dem gegenüber heise online.

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Blick in eine Werkstatt der DB Kommunikationstechnik. Dort werden kaputte oder sonstwie fehlerhafte Fahrkartenautomaten repariert.

(Bild: Deutsche Bahn)

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"Digitalisierung kann das Reisen einfacher machen, darf aber kein Selbstzweck werden." Das sagte Ramona Pop, Vorständin des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv). Sie bezog sich dabei darauf, dass die Deutsche Bahn zunehmend auf Online-Tickets setze. Bestimmte Fahrkarten würden deshalb nicht mehr oder nur stark eingeschränkt an Automaten oder Schaltern verkauft, heißt es in einer vzbv-Mitteilung.

Digitalisierung dürfe nicht dazu führen, dass einzelne Gruppen ausgeschlossen werden, heißt es weiter. "Dass ausgerechnet der Erwerb günstiger Spar- und Superspartickets erschwert wird, birgt auch soziale Sprengkraft", sagte Pop. Diejenigen, die ohnehin jeden Euro zweimal umdrehen müssten, dürften nicht das Nachsehen haben und zusätzlich mit ihren Daten zur Kasse gebeten werden.

Der vzbv untermauert seine Forderungen mit einem Meinungsbild, das die Marktforscher von Eye Square unter 1000 Internetnutzern erstellt haben. Dabei sollen 64 Prozent der Befragten gesagt haben, sie fänden es eher schlecht oder sehr schlecht, wenn Bahnfahrkarten künftig ausschließlich über das Internet und in Apps erhältlich wären, unter den Menschen im Alter ab 50 Jahren sei der Prozentsatz höher.

Die Deutsche Bahn weist gegenüber heise online darauf hin, dass in der Befragung lediglich allgemein nach "Bahntickets" gefragt worden sei. Es sei also nicht zwischen Fern- und Nahverkehrstickets unterschieden worden. "Beim Kaufverhalten sehen wir aber Unterschiede", teilte eine DB-Sprecherin mit. Während im Nahverkehr der spontane Ticket-Kauf am Automaten noch recht üblich sei, würden im Fernverkehr etwa 84 Prozent aller Tickets digital über bahn.de oder die App DB Navigator gekauft. Vor zehn Jahren seien es noch 51 Prozent gewesen.

"Wir werden niemanden auf dem Weg zur Digitalisierung allein lassen", betonte die DB-Sprecherin. Die Berater in den Reisezentren und im telefonischen Kundenservice würden umfassend geschult und stünden der Kundschaft helfend zur Seite. Die DB sei sich dessen bewusst, dass ein Teil der Kundschaft auf analoge Alternativen noch nicht verzichten möchte. Daher werde sie diese auch weiterhin anbieten, beispielsweise gebe es Spartickes weiterhin in den DB-Reisezentren, auf Wunsch auch auf Papier.

"Am Automaten sind nach wie vor neben den Nahverkehrsfahrkarten auch Fernverkehrstickets erhältlich – allerdings verkaufen wir dort keine Sparpreise mehr, weil es dafür keine Nachfrage mehr gibt", sagte die DB-Sprecherin. Zuletzt seien 2 Prozent aller Sparpreis-Tickets am Automaten gekauft worden.

(anw)