Autonomes Fahren: Uber-Fahrerin erhält nach tödlichem Unfall Bewährungsstrafe

Eine Uber-Testfahrerin hatte 2018 nicht eingegriffen, als ihr autonomes Auto eine Fußgängerin anfuhr und tötete. Das Urteil lautet nun auf Gefährdung.

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(Bild: Zolnierek/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.

Die Fahrerin eines autonomen Uber-Testfahrzeugs hat sich im Gerichtsverfahren wegen eines tödlichen Unfalls in den USA 2018 schuldig bekannt: Zunächst war die Fahrerin Rafaela Vasquez 2020 von einer Grand Jury wegen fahrlässiger Tötung (negligent homicide) angeklagt worden, was bei Schuldspruch eine Gefängnisstrafe von vier bis acht Jahren bedeutet hätte. Nun hat die Fahrerin das minder schwere Vergehen der Gefährdung (endangerment) akzeptiert und erhält eine Strafe von 3 Jahren Bewährung mit Überwachung, entgeht also einer Haftstrafe.

Bei dem Unfall im März 2018 hatte ein vom Computer gesteuerter Uber-Testwagen in der Stadt Tempe im US-Bundesstaat Arizona eine 49-jährige Frau getötet, die gerade ihr Fahrrad über eine mehrspurige Straße geschoben hatte. Zu dieser Zeit erprobte Uber eine Flotte autonom fahrender Fahrzeuge, die zunächst mit zwei Testpersonen und kurz vor dem Unfall nur noch mit einer Testperson besetzt sein mussten. Die nationale Unfallermittlungsbehörde NTSB hatte bereits vor dem Gerichtsurteil festgestellt, dass die unmittelbare Unfallursache in diesem Fall bei der Testfahrerin liege; sie sei durch Betrachten ihres Smartphones abgelenkt gewesen und hätte durch ihr Eingreifen den Unfall verhindern können.

Das Uber-Fahrzeug (ein modifizierter Volvo XC90) befand sich zum Zeitpunkt des tödlichen Unfalls im vollautonomen Fahrmodus. Vasquez stand am Anfang ihrer Arbeitsschicht und hatte die Aufgabe, die Straße zu beobachten und gegebenenfalls einzugreifen. Die Innenraumüberwachung des Unfallwagens zeigte, dass sie sich jedoch kurz vor dem Unfall etliche Minuten lang nicht auf die Straße konzentrierte, sondern auf ihr Smartphone auf ihren Knien. Die Sensoren erfassten die Fußgängerin mit dem Fahrrad ungefähr 6 Sekunden vor dem Zusammenstoß, die Software zog jedoch keine eindeutigen Schlüsse aus den Daten und erkannte die Person nicht als Fußgänger; erst 1,3 Sekunden vor dem Aufprall entschied sie, dass eine Notbremsung notwendig sei, doch diese war deaktiviert.

Vor Gericht bestand Einigkeit darin, dass der Fall einzigartig sei; die Verteidigung beharrte darauf, dass mehrere Seiten involviert und verantwortlich seien. Zum ersten Mal wurde der Fall eines Verkehrstoten durch ein autonom fahrenden Fahrzeugs vor einem Gericht verhandelt. Die Verurteilung wegen Gefährdung bedeutet in Arizona, dass jemand leichtfertig eine andere Person gefährdet, mit erheblichem Risiko für deren unmittelbaren Tod oder körperliche Verletzung.

Das Urteil kann man so verstehen, dass die Hauptverantwortung beim autonomen Fahren letztlich beim Fahrer (oder hier der Testperson) liegt, der hätte eingreifen müssen, dass jedoch auch nicht alle Auswirkungen eines Unfalls diesem zur Last gelegt werden können oder müssen. Der Deal, bei dem Vasquez die herabgestufte Anklage akzeptiert und sich wegen Gefährdung schuldig bekennt, zog allerdings bereits Kritik auf sich, weil einige Umstände unaufgeklärt blieben. Insbesondere das Unternehmen Uber war zuvor durch ein anderes Gerichtsurteil aus der Verantwortung entlassen worden. Kritisiert wurde etwa die Verringerung der Zahl der Testpersonen in den Fahrzeugen; bei zwei Insassen wäre die Aufmerksamkeit für das Geschehen auf der Straße womöglich größer gewesen, berichtet Wired.

So war abschließend immer noch strittig, ob Vasquez auf ihrem Smartphone eine TV-Sendung betrachtet (wie die NTSB befunden hatte und was laut Uber-Vorschriften für Testfahrer verboten war) – oder doch lediglich der Sendung zugehört hatte, was erlaubt gewesen wäre. Die Anwälte der Verurteilten beharrten darauf, dass sie das Smartphone dienstlich genutzt und Nachrichten beim von Uber firmenintern genutzten Messagingdienst Slack gelesen habe; Uber habe seine Angestellten schließlich angewiesen, das Smartphone genau zu diesem Zweck während der Testfahrten immer griffbereit zu haben.

Uber hat mittlerweile seine Sparte für autonomes Fahren abgestoßen. Jedoch gibt es weiterhin Pläne, in Kooperation mit anderen Essen von autonomen Autos ausliefern zu lassen.

Letztes Jahr wurde in den USA der Fahrer eines Tesla wegen Totschlags angeklagt. Bei dem tödlichen Unfall in Kalifornien war das Fahrzeug mit aktiviertem Autopiloten unterwegs.

(tiw)