UN-Organisationen wollen fürs vielsprachige Netz vorsorgen

ITU und UNESCO wollen gemeinsam weiter am vielsprachigen Internet bauen. Uneinigkeit besteht bei Keyword-Systemen und internationalisierten Domains sowie der Internationalisierung des Email-Protokolls.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 3 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Ermert

Die International Telecommunication Union (ITU) und die (Unesco) wollen gemeinsam weiter am "vielsprachigen Netz" bauen. Das ist das Ergebnis eines dreitägigen Symposiums der beiden UN-Organisationen zum Thema Multilingual Internet, das gestern in Genf zu Ende ging. Der für das Treffen zum Vorsitzenden bestimmte Direk Charoenphol von der thailändischen National Telecommunications Commission empfahl einen gemeinsamen Aktionsplan von ITU und Unesco, die Einrichtung einer gemeinsamen Arbeitsgruppe und die Organisation einer Serie regionaler Konferenzen.

Der Generalsekretär des ITU-Standardisierungsbüros, Houlin Zhao begrüßte dieses Resumé. Elisabeth Longworth, Direktorin des Bereichs Informationsgesellschaft bei der Unesco betonte bei allen Gemeinsamkeiten doch auch die unterschiedlichen Herangehensweisen der beiden Schwesterorganisationen. Die Unesco wolle so weit wie möglich technisch neutral bleiben. Im Klartext: Im von Zeit zu Zeit aufblitzenden Streit zwischen Bellheads und Netheads - also der von der ITU vertretenen Telekommunikations- und der Internetszene - will man sich durch die Partnerschaft mit der ITU nicht für eine Seite vereinnahmen lassen.

Longworth sagte in ihrer Schlussbemerkung, sie wolle für ihre Organisation Spannungen in der Frage vermeiden, inwieweit das "klassische, historische Telekommunikationsmodell sich in Richtung Internetmodell anpassen" müsse. "Ich sage das, " so Longworth, "weil die Unesco im Internet eine Technologie sieht, die nationale Regulierungsregime und Grenzen von Rechtssystemen sprengt und die Innovation von den Endpunkten des Netzes her antreibt." Für die ITU als mit der Telekommunikationswelt verbunden stellten sich eigene Fragen. Die Unesco wolle ihrerseits keine Architektur unterstützen, die die dezentrale Natur des Internet in Frage stelle. Mit Blick auf Internationalisierte Domains warnte Longworth angesichts der aus dem Boden sprießenden, alternativen Lösungen: "Wenn wir zu langsam beim Handeln sind, neigen die Menschen dazu, ihre eigenen Lösungen zu entwerfen und umzusetzen und die gefallen uns dann manchmal nicht."

Um internationale Domains wurde während der Tagung zum Teil heftig gestritten. Vertreter des Natural Language Internet Consortium (NLIC) und des Unternehmen Netpia hoben hervor, dass Keyword-Systeme internationalisierten Domains (IDNs) in Bezug auf Nutzerfreundlichkeit überlegen und in einigen Märkten, wie auch der Türkei, gut eingeführt seien. In Korea machen sie 60 Prozent des Marktes aus.

Das aktuelle ICANN-Rootmodell wurde von Vertretern des Multilingual Internet Names Consortium (MINC) in Frage gestellt. Durch ein Routen über Server, die neben der klassischen Rootzone auch die bereits voll internationalisierten chinesischen oder arabischen Zonen in ihre Routing-Tabellen aufnehmen, könnte der Brückenschlag zwischen den entstehenden DNS-Inseln hergestellt werden. "Über den Server an meiner Universität geht das jetzt schon" sagte Tan Tin-Wee von der Universität Singapur, einer der MINC-Gründer. MINC bot sich gleich als möglicher Superroot zur Koordinierung der verschiedenen Welten an.

Vor Problemen durch den von Tan vorgestellten "Trick" warnten allerdings die anwesenden Internet Engineering Task Force-Teilnehmer. Die IETF-Gemeinde habe sich nie gegen neue Protokolle gewehrt, die außerhalb der IETF entwickelt wurden, sagte Klensin. "Allerdings wird man innerhalb der IETF nervös, wenn an bestehenden Protokollen herumgebastelt wird." Klensin sagte, auch bei der derzeit anstehenden Internationalisierung des Email-Protokolls gebe es drei Möglichkeiten: ein gänzlich neues Verfahren, eine neue Version des bestehenden Email-Protokolls oder spärlichste Veränderungen an letzterem. "Der Mittelweg ist dabei das Schlechteste." Genau das aber versuche MINC bei den IDNs. (Monika Ermert) / (uk)