USA machen für das Internet Ausnahmen von Russland-Sanktionen

Technik und Dienstleistungen für übliche Internet-Nutzung dürfen aus den USA wieder nach Russland verkauft werden. Das haben Bürgerrechtler erwirkt.

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Zahlreiche Ethernetkabel in Steckdosen

(Bild: asharkyu/Shutterstock.com)

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Die US-Regierung klammert Telekommunikation und bestimmte Internet-Kommunikation aus jenen Sanktionen aus, die sie gegen die Russische Föderation verhängt hat. Trotz Embargo dürfen nun wieder Dienstleistungen und Technik, darunter Software und Hardware, nach Russland verkauft werden, sofern das der Kommunikation über das Internet dient.

Das hat das US-Finanzministerium am Donnerstag verordnet (General License No. 25). Als Beispiele für gestattete Internet-Kommunikation nennt es Instant Messaging, Videokonferenzen, Chat, E-Mail, Soziale Medien, das Teilen von Fotos, Bildern und Dokumenten, das Surfen im Internet, Bloggen, Webhosting sowie die Registrierung von Domainnamen.

Wie viele andere westliche Staaten auch, haben die USA mit scharfen Wirtschaftssanktionen auf den völkerrechtswidrigen Angriff der Russischen Föderation auf die Ukraine reagiert. Der fehlende Nachschub an Netzwerktechnik, Server und Speichermedien bringt Russlands Netze in Gefahr. Gleichzeitig haben zahlreiche ausländische Firmen ihre Dienstleistungen für Behörden, Unternehmen und Einwohner der Russischen Föderation freiwillig eingestellt oder pausiert, darunter nicht nur Plattformen wie Slack sondern auch Backbone-Betreiber wie Cogent und Lumen.

Die Regierung der Ukraine forderte überhaupt von der technisch zuständigen ICANN, die Top-Level-Domain .RU aus dem Netz zu werfen, Sicherheitszertifikate zu widerrufen und Rootserver innerhalb Russlands zu stoppen. Allerdings will die ICANN Russland nicht aus dem Internet werfen. Die Organisation wurde geschaffen, um den Betrieb des Internets abzusichern, nicht (in Teilen) zu beenden.

In diesem Sinne hat RIPE-Chefwissenschaftler Daniel Karrenberg einen Apell "Haltet das Internet offen!" gegen Sanktionen gegen Internet-Infrastruktur veröffentlicht. Seit einem Monat sammelt der Deutsche Unterschriften europäischer Netzwerktechniker, die sich gegen Beschädigungen des Internet und für aktiven Fortbestand der Netzzusammenschaltungen aussprechen.

In den USA hat sich zum etwa gleichen Zeitpunkt eine breite Phalanx aus Nichtregierungsorganisationen (NGOs) mit einem offenen Brief an US-Präsident Joe Biden gewandt. Sie fürchteten, dass die Sanktionen den Internetzugang innerhalb der Russischen Föderation einschränken könnten. Das würde "Personen, die versuchen, Widerstand gegen den Krieg zu organisieren, offen und ehrlich über Ereignisse in Russland zu berichten, und auf Informationen über die Vorgänge in der Ukraine und im Ausland zuzugreifen" treffen.

"Diese Maßnahmen können die Unterdrückung durch die russische Regierung unnötigerweise fördern", schrieben die Unterzeichner am 10. März an Biden, und forderten eine Generallizenz für die Zurverfügungstellung von Dienstleistungen, Software und Hardware soweit notwendig für private Kommunikation über das Internet. Diese Lizenz hat das US-Wirtschaftsministerium nun tatsächlich erteilt.

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Verboten bleibt die Einrichtung von Konten für ausgewählte russische Banken. Außerdem dürfen die Lieferungen und Dienstleistungen nicht aus Guthaben der russischen Zentralbank, des russischen Finanzministeriums oder des russischen Staatsfonds bei US-Banken bezahlt werden. Verboten bleibt, wenig überraschend, die Umgehung präsidentiellen Erlässe 14066 und 14068. Sie verbieten die Einfuhr von Öl, Gas, Kohle, Fisch, Meeresfrüchten, Alkoholika und Diamanten, sowie Investitionen in russische Energieprojekte. Router im Tausch gegen Wodka oder Ölaktien zu liefern, bleibt also unzulässig.

Zu den Unterzeichnern des Aufrufs zählten unter anderen Access Now, das Center for Democracy and Technology, das Komitee zum Schutz von Journalisten, die Electronic Frontier Foundation (EFF), Freedom House, die Global Network Initiative, die von Garri Kasparow geleitete Human Rights Foundation, Human Rights Watch, die Internet Society, PEN America, Report ohne Grenzen, das Tor-Projekt, die Wikimedia-Stiftung und die World Wide Web Foundation. Ihr Erfolg bedeutet allerdings nicht unbedingt, dass jene IKT-Firmen, die sich freiwillig vom russischen Markt zurückgezogen haben, wieder zurückkehren. Die Risken von Zahlungsausfällen, Attacken sowie Imageschaden im Westen bleiben.

Auf die Bestrebungen der russischen Regierung, das eigene Netz vom weltweiten Internet abzukoppeln, werden die Ausnahmen wohl ebenfalls keinen Einfluss haben. Zahlreiche russische Behördenwebseiten verhindern Aufrufe aus dem Ausland. Gleichzeitig blockiert Russland Google News sowie Facebook, Instagram und Twitter, weil dort zu viel Informationen verbreitet wird, die dem Kreml nicht genehm ist.

(ds)