Updates erschwert: Deutsche Autobauer kappen Datenverbindung nach Russland

Audi, BMW und Mercedes-Benz haben Händler in Russland von ihren Online-Softwaresystemen abgekoppelt. Wartung und Reparaturen macht das deutlich komplizierter.​

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ein Absperrband wurde gespannt

(Bild: MemoryMan / Shutterstock.com)

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Aufgrund der EU-Sanktionen infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine haben sich deutsche Automobilhersteller bereits seit Längerem aus dem russischen Markt zurückgezogen. Jetzt brechen sie auch die Datenverbindungen nach Russland ab. Mercedes-Benz etwa habe dortige Händler komplett von seinem Online-Softwaresystemen abgekoppelt, schreibt die Moskauer Zeitung Iswestija. Ähnliches gelte für Audi und BMW. Der Verband russischer Automobilhändler bestätigte damit verknüpfte Probleme bei Wartung und Reparatur entsprechender Fabrikate. Ein direkter Online-Zugriff auf Updates und andere Optionen zur Fehlerbehebung sei nicht mehr möglich.

Mercedes-Benz hat Russland Ende Oktober 2022 verlassen. Dortige Vermögenswerte des Stuttgarter Konzerns, darunter ein Werk in der Region Moskau, erwarb die Avtodom-Unternehmensgruppe, die Premium- und Luxusautos wartet. MB RUS, der russische Vertriebspartner von Mercedes-Benz, räumte dem Bericht zufolge ein, dass die gekappte Datenverbindung "zu einer Verlängerung der Reparaturzeit" führe. Der Service werde auf Basis "gesammelter Erfahrungen und Kenntnisse" weiter durchgeführt. Es gebe offiziell keine Möglichkeiten mehr, Software-Aktualisierungen einzuspielen und andere technische Neuerungen zu beziehen.

Volkswagen hat das Magazin Politico wissen lassen, in Russland noch fünf IT-Systeme zu betreiben. Diese blieben "für eine Übergangszeit bis Ende dieses Jahres verfügbar". Danach würden die Online-Verbindungen eingestellt.

Ein anonym bleiben wollender Manager eines Audi-Händlers hat der Iswestija mitgeteilt, dass der Zugang zu Software für Besitzer von Fahrzeugen dieser Marke vor zwei Monaten eingeschränkt worden sei. Dies mache es schier unmöglich, "Teile dort zu installieren, wo eine Programmierung erforderlich ist – Steuergeräte, Getriebe, Parksensoren etc." Dazu kämen Schwierigkeiten beim Programmieren elektronischer Nachschlüssel. Auf Online-Marktplätzen verkaufte Software und Geräte von Drittanbietern können laut Artikel dabei helfen, Beschränkungen zu umgehen. Tatsächlich verliere der Begriff des "offiziellen" Händlers einer westlichen Automarke jedoch seine Bedeutung.

Vor der Abschaltung des Mercedes-Systems sammelten die damit ausgerüsteten Fahrzeuge Informationen, darunter über den technischen Zustand des Fahrzeugs. Dies half dabei, Störungen in Sekundenschnelle zu erkennen und schnell zu beheben. Es gebe einige Umgehungsmöglichkeiten, erklärte ein Experte eines russischen Autofahrerverbandes der Zeitung. Einige Händler stellten über europäische IP-Adressen eine Verbindung zu den Diensten her oder kontaktieren andere Unternehmen, da einschlägige Programme meist von Drittanbietern erstellt würden. Ferner werde ein Teil der Diagnose wohl in den Offline-Modus wandern. Dies könne zu Problemen beim Einsatz elektronischer Autoschlüssel führen. Von Behördenseite hieß es, dass "die Nichterfüllung eines vereinbarten Maßnahmenprogramms Anzeichen einer Ordnungswidrigkeit sein kann".

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Bereits im Mai schrieb die Iswestija über Einschränkungen bei den Marken Škoda, Kia, Infiniti, Nissan und Renault. Inhaber einschlägiger Autos könnten den Motor nicht länger aus der Ferne anlassen und der Tankfüllstand lasse sich nicht mehr anzeigen. Hier funktioniere die Aktualisierung von Programmen nicht mehr, die den Betrieb des Motors sowie der Antiblockier- und Bremssysteme steuern. Zudem würden Fahrer nicht mehr über Widerrufs- oder Serviceprogramme informiert. Beobachter gehen davon aus, dass nun verstärkt inoffizielle Werkstätten Zulauf erhalten, die größtenteils schon länger Diagnoseprogramme von Drittanbietern verwenden. Auch die Nachfrage nach älteren Modellen ohne die neuesten Gadgets dürfte massiv steigen.

(ds)