VDE zur Energiewende: Photovoltaik auf jedes Dach, Windkraftstrom besser nutzen

Deutschland könnte sich schnell selbst mit Energie versorgen, wenn die Solarkraft ausgebaut und vorhandener Windkraftstrom besser genutzt wird, meint der VDE.

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Solarmodule auf den Dächern des Bundeskanzleramts.

(Bild: Bundesverband Erneuerbarer Energie)

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Damit Deutschland kurzfristig seinen gesamten Bedarf aus Erneuerbaren Energien decken und so von Russland unabhängig werden kann, müsste die Photovoltaik massiv ausgebaut werden, und zwar schnell und überall. Es gebe in Deutschland riesiges ungenutztes Potenzial, meint der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE) unisono mit dem Massachusetts Institute of Technology (MIT), GreenTEC Campus und dem Bundesverband für Kritische Infrastrukturen (BSKI).

In den vergangenen Jahren seien pro Jahr maximal 5 GWp an Solarkraft installiert worden, erläutert der VDE. Nun müssten Industrie, Städte und Kommunen ihre bestehenden Flächen besser für Photovoltatik nutzen – auf Industrie- und Handelsdächern, über Parkplatzflächen, an Autobahnen oder auch Tagebauseen. Dabei gefährde Solarstrom nicht die Versorgungssicherheit, diese habe mit dem Ausbau der Photovoltaik sogar verbessert werden können, sagte Burkhard Holder vom VDE: "Von ehemals etwa 30 Minuten Störungsdauer pro Jahr, sind wir heute bei rund zehn Minuten."

Derzeit sei Deutschland aber von Lieferungen aus dem asiatischen Raum sehr abhängig. "Wie schädlich solche Abhängigkeiten sind, zeigen die Gaslieferungen aus Russland", meint der VDE. Daher gelte es, die industrielle Fertigung in Europa wieder zu stärken.

Für den massiven Ausbau der Solarkraft tritt auch die EU-Kommission ein. Sie schlug im Mai vor, dass alle Dächer neuer öffentlicher und gewerblicher Gebäude ab 2025, ab 2029 auch von Wohngebäuden zwingend mit Solarmodulen versehen werden müssen. Ein weiterer Baustein ihres Plans, den Anteil Erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch bis 2030 auf 45 Prozent zu steigern, ist grüner Wasserstoff. Auch der VDE sieht ihn als eines der Schlüsselelemente der Energiewende.

Damit sich Wasserstoff als Energieträger flächendeckend durchsetzen kann, müsse der Wasserstoff zu marktwirtschaftlichen Preisen, in ausreichender Menge und klimaneutral hergestellt werden, erläutert der VDE. Der per Elektrolyse gewonnene grüne Wasserstoff könne vielfältig genutzt werden, beispielsweise für die Rückverstromung, für Brennstoffzellenmobilität oder im Wärmesektor. Einer der größten Vorteile des Wasserstoff sei, dass es gut gespeichert und so die Produktion von der Nutzung entkoppelt werden könne.

Für die Versorgungssicherheit unbedingt nötig sei auch die Windkraft, ergänzt der VDE in einer Mitteilung, für diese wiederum müssten Netze und Speicherinfrastruktur angepasst werden. Allein in Schleswig-Holstein gebe es seit Jahren erhebliche Potenziale in der Windstromerzeugung, die durch abgeregelte Anlagen und noch nicht vorhandener oder angepasster Netze und Speicherinfrastruktur ungenutzt seien, erläuterte Marten Jensen vom GreenTEC Campus auf der Hannover Messe.

"Der Stromverbrauch in Schleswig-Holstein wird nicht real gleichzeitig, aber immerhin rein rechnerisch zu rund 160 Prozent durch Windkraft gedeckt", sagte Jensen. Die Windparks müssten aber zum Teil tagelang abgeschaltet werden, nur weil die Netze nicht ausreichten und Speicher fehlten. Gleichzeitig gebe es eine katastrophale regenerative Unterversorgung in den Sektoren Wärme und Verkehr.

Wenn alle Erzeuger effizient zusammengeschaltet würden, könnten Bedarfe ausgeglichen werden, meint Jensen. Dafür sei ein Mix aus großen und kleinen Windkraftanlagen sowie dezentralen und lokalen Erzeugern notwendig. Beispielsweise könne die Elektromobilität als Notstromaggregat genutzt werden: "Man muss sich bewusst machen, dass heute mit den 620.000 zugelassenen Fahrzeugen in Deutschland bei einer durchschnittlichen Batteriekapazität von 55 kWh bereits 34.000 MWh an mobiler Energie unterwegs sind."

Dem VDE liegt auch daran, dass Genehmigungsverfahren für Anlagen und Infrastruktur der Erneuerbaren Energien beschleunigt werden. Das ist einer der Faktoren, warum fast alle Bundesländer beim Windkraftausbau den Zielen hinterherhinken, dem die Bundesregierung mit Gesetzesänderungen beikommen will. Diese liegen derzeit dem Bundesrat vor, der schon einige Änderungswünsche geäußert hat.

(anw)